Traurige Ehrenamtliche - das Lingenfelder Bibelprojekt Wortschatz 2020 musste wegen Corona abgesagt werden
"Als wir abgeschlossen haben, hat sich das nicht wirklich gut angefühlt"
Lingenfeld. Viele Veranstaltungen mussten wegen des Ausbreitung des Coronavirus in den letzten Wochen abgesagt werden. Wo kommerzielle Veranstalter vor finanzielle Probleme gestellt werden, leiden Ehrenamtliche auf eine andere Art - aber nicht minder emotional.
Rund 120 Ehrenamtlichen hatten sich etwa in Lingenfeld zusammengefunden, um von 14. März bis 9. April im katholischen Pfarrheim dort die Geschichte der Bibel - von der mündlichen Überlieferung über Gutenberg und den Buchdruck bis hin zu Luther und in die Gegenwart - für Zuschauer nachzuspielen.
Auch dieses ehrenamtliche Großprojekt liegt nun erst einmal auf Eis. Statt regelmäßigen Aufführungen bieten die Beteiligten jetzt Hilfe für Corona-Risikopatienten an. Wochenblatt-Redakteur Heike Schwitalla sprach mit Pastoralreferent Thomas Bauer, der die ökumenische Großveranstaltung für die katholische Kirchengemeinde auf die Beine gestellt hat.
???: Erzählen Sie all jenen, die es noch nicht kennen, kurz von dem Projekt Wortschatz 2020, worum geht es, wer ist daran beteiligt, wie viele Menschen haben an dem Projekt mitgearbeitet?
Thomas Bauer: Wortschatz ist ein ökumenisches Projekt rund um die Bibel. Ziel ist dabei, auf kreative Weise einerseits die spannende Geschichte der Bibel zu erleben, andererseits neue persönliche Zugänge zur Botschaft der Bibel zu erschließen. Rund eineinhalb Jahre haben wir uns intensiv darauf vorbereitet. Begleitet hat diesen Weg ein 16-köpfiges Team aus ehren- und hauptamlichen Mitarbeitern der katholischen Pfarrei Germersheim und der protestantischen Kirchengemeinde Westheim/ Lingenfeld. Der Kreis der Engagierten ist immer weiter gewachsen. Schließlich waren rund 120 Ehrenamtliche in festen Gruppen eingagiert. Dazu kamen etwa 40 Personen, die sich um unser Bistro kümmern wollten.
???: Was sollte wann genau stattfinden?
Thomas Bauer: Im Zentrum des Projektes stehen geführte Reisen in die Welt der Bibel. Die ersten Stationen verdeutlichen durch die kreative Gestaltung und vor allem durch Darstellende, die aus ihrer Rolle heraus einen Meilenstein der Bibelgeschichte erzählen:
Angefangen bei der mündlichen Überlieferung, über Schriftrollen und die mittelalterlichen Handschriften bis hin zum Buchdruck und Luthers Übersetzung in unsere Muttersprache, erzählen die ersten Stationen den Weg bis zur heutigen Fassung der Bibel.
Der zweite Schwerpunkt sind der Inhalt und die Formen der Verkündigung heute.
Neben diesen Führungen sind eine Ausstellung besonderer Bibeln aus unseren Gemeinden, sowie eine Erlebniswelt, in der viele Dinge selbst ausprobiert werden können, geplant. Und schließlich wird das Projekt durch die Ausstellung der vielen Kunstwerke zur Bibel, die ca. 560 Kinder und Jugendliche gefertigt haben, ergänzt. Diese sind übrigens auch weiterhin sowohl in der katholischen Kirche Lingenfeld wie in den Schaufenstern zahlreicher Geschäfte in Lingenfeld und Germersheim zu sehen.
Der offizielle Startschuss war für Samstag, 14. März geplant. Bis zum Gründonnerstag waren rund 130 Führungen geplant. Die meisten waren bereits ganz oder zum Teil ausgebucht.
Pause - vorerst keine Absage
???: Mussten Sie alles wegen Corona absagen?
Thomas Bauer: Ja, wir haben beschlossen: Wir machen Pause! Und wir hoffen natürlich, dass wir irgendwann weitermachen können. Das Vordenkerteam geht dann wieder in die Planungen, wenn es die Lage im Land wieder zulässt.
???: Wann haben Sie erfahren/beschlossen, dass Sie die Veranstaltungen absagen?
Thomas Bauer: Bereits einige Tage vor der offiziellen Eröffnung, zeichnete sich die Verschärfung der Lage ab. Viele Großveranstaltungen wurden schon abgesagt. Wir hatten gehofft, dass wir aufgrund der relativ kleinen Zahl der Besucher bei den Führungen doch wie geplant starten könnten. Und dann hat es uns doch getroffen. Am Samstag haben noch einige Führungen stattgefunden. Das Feedback der Aktiven und auch der Besucher war sehr wertvoll und motivierend. Für uns war es gut, zu "schnuppern" wie es sein kann.
???: Hatten Sie auch finanzielle Einbußen?
Thomas Bauer: Wir hatten natürlich viele Kosten, die vorfinanziert wurden. Diese sind mit den wenigen stattgefundenen Führungen natürlich noch nicht gedeckt. Aber ich bin zuversichtlich. Auch sollte das Geld hier nicht das Wichtigste sein.
???: Wie haben die vielen Ehrenamtlichen auf die Absage reagiert?
Thomas Bauer: Enttäuscht und traurig. Wenn man so viel Zeit, Energie und Herzblut investiert hat, dann ist das total nachvollziehbar.
Als wir am Samstagabend abgeschlossen haben, dann hat sich das nicht wirklich gut angefühlt. Immer noch bekomme ich von Ehrenamtlichen liebe Mails, die einerseits die Enttäuschung benennen, andererseits aber auch Mut machen.
Statt Bibelspiel Einkaufshilfe für Corona-Risikogruppen
???: Sind Sie persönlich auch enttäuscht?
Thomas Bauer: Klar, auch ich bin sehr enttäuscht. Aber inzwischen denke, ich dass es größere Probleme gibt auf unserer Welt als die Pause für Wortschatz. Als Christen wollen wir uns jetzt auf andere Weise füreinander engagieren. Und so haben wir angesichts der Corona-Krise ein Hilfsangebot für Risikogruppen eingerichtet. Wer beispielsweise Einkäufe nicht selbst erledigen kann, kann sich an uns wenden. Und wer mithelfen möchte, der ist herzlich willkommen! Ich bin sehr froh, dass sich bereits viele Helfer gefunden haben - übrigens auch viele aus der Wortschatz-Familie!
???: Soll Wortschatz2020 nachgeholt werden?
Thomas Bauer: Klar, es ist nur offen, ab wann. Sobald wir das absehen können, gehen wir erneut in die Werbung.
Und dann hoffen wir, dass sich wieder viele anmelden werden.
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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