Ehrenamtliche pflegen auf dem Friedhof in Speyer Kindergräber
Das Gärtchen der Erinnerung - Trauer ohne Verfallsdatum
Speyer/Lingenfeld. Der Tod eines Kindes ist wohl der härteste Schlag, der Eltern treffen kann. Wie lange sie ein Grab brauchen, um dies zu verarbeiten, ist unterschiedlich. Wie sie mit der Grabpflege umgehen ebenfalls. Die Lingenfelderin Steffi Walburg hat vor drei Jahren in Speyer eine Gruppe ins Leben gerufen, die sich um ungepflegte Kindergräber kümmert. Das Wochenblatt berichtete vor eineinhalb Jahren und fragt jetzt nach dem Stand der Dinge.
Ausschlaggebend für Steffi Walburg war der Tod ihres Enkelkindes Elia 2016. Elia liegt auf dem Speyerer Friedhof begraben. Bei der Pflege des Grabes entdeckte sie damals einen schlichten Erdhügel. Darauf kein Namensschild, keine Blumen und keine Kerzen. Nachfragen beim Friedhofsbüro ergaben, dass dort ein Junge begraben liegt. Inzwischen hat sein Grab eine Grabfassung, einen Grabstein und sein Grab ist bunt und gepflegt.
Das Schicksal von Rafael teilen viele Menschen. Sie liegen irgendwo begraben und ihre Gräber verkommen. In Speyer kümmert sich die ehrenamtliche Gruppe rund um Steffi Walburg inzwischen um 45 Kindergräber. Ehrenamtliche aus Speyer, Freisbach, Lingenfeld und Umgebung jäten Unkraut, pflanzen Blumen und zünden Lichter an. Nicht immer ist das von den Angehörigen gewünscht, aber die Mehrheit freut sich. „Der Grund warum Menschen Gräber nicht mehr pflegen ist sehr individuell“, sagt Walburg. In einer Welt, die immer globaler wird, ziehen Angehörige um, werden älter und sterben. Einen Gärtner kann sich heute nicht jeder leisten für die Grabpflege. Finanziert wird die Pflege über Spenden. Außerdem bekommt die Gruppe Unterstützung vom Friedhofsbüro Speyer. „Wir sind immer auf der Suche nach Blumen- und Kerzenspenden“, sagt Walburg.
In der vergangenen Woche hat die Gruppe das „Gärtchen der Erinnerung“ erneuert und winterfest gemacht. Das angelegte Blumenfeld bei den Kindergräbern (Feld 19) soll ein Ort sein, an dem Menschen Erinnerungen an Verstorbene ablegen können, wenn das Grab schon entfernt wurde oder sich gar nicht in der Region befindet. Seit kurzem liegen dort auch sogenannte #Rheinsteine im XXL-Format. „Ich mache diese Arbeit sehr gerne“, sagt auch Manuela Werner aus Speyer, die mittlerweile fünf Kindergräber betreut. Angehörige können mit bemalten Steinen an ihre Lieben erinnern. Gabriele Christ aus Speyer hat einen Stein in Erinnerung an ihren Bruder abgelegt, der als junger Mann bei der Berufsmarine ertrank. Neben dem untergehenden Schiff, hat sie auf den Stein das Tattoo ihres Bruders gemalt, der schon 1977 verstorben ist. Sein Grab ist längst abgeräumt, vergessen hat sie ihn nie.
Steffi Walburg erinnert mit einem Stein an ihre Schwester, die niemals einen Grabstein hatte. „Sie wurde einfach beerdigt. Früher schwieg man das einfach tot“, sagt sie. Ausdrücklich jeder kann am „Gärtchen der Erinnerung“ innehalten, eine Kerze anzünden oder Blumen ablegen. Gerade rund um Allerheiligen und Allerseelen besuchen viele Menschen die Gräber ihrer Familienmitglieder.
In Germersheim und Speyer gibt es aber auch Gräber, die mit Gräsern und Kletterpflanzen überwuchert sind. Manchmal erkennt man nicht einmal mehr, wer hier eigentlich beerdigt ist. Zugleich spielt auch die Herkunft eine Rolle. In anderen Kulturen ist es nicht üblich, Gräber zu pflegen und zu schmücken.
Das ist auch bei den Sozialgräbern in Speyer der Fall. Einzelne Plastikschildchen mit Namen, Geburts- und Sterbedatum ragen aus dem Rasen, auf denen weder Blumen noch Kerzen zu finden sind. „Das tut mir weh“, sagt Steffi Walburg. Allerdings kann die Gruppe nicht auch noch die Gräber von Erwachsenen pflegen. Das Schicksal dieser Menschen bewegt die Lingenfelderin trotzdem.
Info
Wer die Gruppe durch Sachspenden oder ehrenamtlichen Einsatz unterstützen möchte, kann sich an das Friedhofsbüro wenden, Telefon 06232-142506
Außerdem gibt es die Gruppe „Hilfe für das Sternenkind Rafael und weitere Sternenkinder in Speyer“.
Autor:Wochenblatt Archiv aus Germersheim |
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