Ayliva macht Mut: Bittersüß: Bittersüß
Musikredaktion powered by RPR1. Von David Banks und Christina Frenzel
Musik. Liebe Frauen, Augen zu! Folgende Vorstellung: Wie eine Disney-Prinzessin stehst du auf der Bühne, eingekleidet in die schönsten Kleider, das Makeup, die Haare, alles makellos gestylt. Deine Stimme schallt so stark, und irgendwie doch so zerbrechlich durch das ausverkaufte Stadion und löst sich in den unzähligen Lichtern von Handytaschenlampen und dem Gesang tausender Menschen auf. Mitfühlsam wippen sie zum Beat. Im Hintergrund erstreckt sich dein Name als kaligrafischer Schriftzug über den Bühnenvorhang. Die Menschenmenge applaudiert wild, Lichter flimmern und glitzern durch den Saal, und mit ihnen auch vereinzelte Tränen im Publikum. Denn was so traumhaft schön mit großen Herzen, Rosen und bunten Farben inszeniert wird, hat seinen Ursprung in den Albträumen des Alltags von zu vielen Frauen.
Eine von ihnen ist Ayliva und das ist ihr Weg. Denn die 25-jährige Elif Akar singt über häusliche Gewalt, toxische Beziehungen, Herzschmerz und Liebe. Sie selbst hat all das durchlebt und teilt ihr Leid nun mit Millionen von Menschen. Um genau zu sein fünf Millionen monatlichen Hörern, die in Aylivas Texten Zuflucht finden. Alleine auf Spotify! Ihre Musik beschreibt sie dabei selbst als Heilungsprozess.
Ein nicht allzu langer Prozess war ihr Aufstieg in den deutschen Charts. Im Dezember 2020 lädt die Sängerin ein erstes Snippet ihres Songs „Deine Schuld“ auf TikTok hoch... und geht direkt viral. Als „Deine Schuld“ 2021 auf dem Label „Whiteheart Records“ veröffentlicht wird, erreichte die Single aus dem Stand Platz 10 der deutschen Charts und hat bis heute über 50 Millionen Aufrufe auf Spotify. Damit hat die junge Frau mit türkischem Hintergrund einen Trend gestartet: unterlegt von Aylivas Song teilen meist junge Frauen, ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit häuslicher Gewalt und Misshandlung im Internet.
Das hat die Sängerin aus Recklinghausen gleich zu Beginn ihrer Karriere in eine Vorbildrolle gezwängt, mit der viele junge Künstler und Künstlerinnen nicht klarkämen. Ayliva ist sich dieser Verantwortung jedoch bewusst und unterstützt die bittersüße Bewegung. Dabei ist die Tatsache, dass ihr damaliger Ex-Freund Versuche unternommen hat, die Veröffentlichung der Single zu stoppen, Beweis dafür, dass Ayliva offensichtlich einen wunden Punkt getroffen hat.
Dass der Release auch für die musikalische Laufbahn die richtige Entscheidung war, zeigte sich bereits ein Jahr später. Im Juni 2022 begleitete sie als Support-Act Megastar Alicia Keys bei deren Konzerten in Berlin und Mannheim und veröffentlichte einen Monat später ihr erstes Studioalbum „Weißes Herz“, das auf Anhieb auf Platz 6 der deutschen Albumcharts schoss. Noch im gleichen Jahr bekam sie für ihren Song „Bei Nacht“ die 1LIVE Krone in der Kategorie „Bester Hip-Hop/ R&B Song“ verliehen. Auch mit ihrem zweiten Studioalbum „Schwarzes Herz“ hören die Rekorde und Erfolge 2023 nicht auf. Gleich zwei Rekorde kann Ayliva ihr Eigen nennen: Sie ist der meistgestreamte weibliche Act Deutschlands innerhalb eines Tages und innerhalb einer Woche nach dem Veröffentlichungstag. Und das mit jeweils 7,6 Millionen und 40 Millionen Streams. Im Herbst 2023 steht die nächste Arena Tour an. Diesmal ist es ihre eigene. Und auch diese Tatsache dürfte Rekordverdächtig sein. Welcher nationale Künstler oder Künstlerin schaffte es in der Geschichte der deutschen Popmusik knapp drei Jahre nach dem Debüt bereits eine komplette Tour in Arenen mit Fassungsvermögen von jeweils über 10.000 Menschen zu spielen?
Hätte sich Ayliva 2020, mitten im Lehramt-Studium, das jemals erträumen lassen? Wahrscheinlich nicht. Und doch, hier steht sie. Auf der großen Bühne. Haare, MakeUp und Kleid sitzen perfekt. Mit ihrer authentischen und nahbaren Art und ihrer Musik, die Geschichten erzählt und Weisheit besitzt. So wird aus dem Albtraum zum Schluss doch noch ein Traum.
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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