Ein Popmusiker wächst und traut sich was
Bosse bewegt sich
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Musik. „Sunnyside“ ist Bosses achtes Studioalbum. Synthesizer, Drumloops, Basslines ganz selbstverständlich neben Gitarren. Die Referenzen reichen von Gorillaz, über Macklemore, von Shoegaze bis zu Peter Gabriel und aber auch seiner eigenen musikalischen Biografie. Besonders deutlich wird das gleich im Titelsong. Hier trifft das Gefühl vom Album „Wartesaal“ auf den Sound von heute. Es ist ein sehr interessantes und seltenes Spannungsverhältnis, denn während zeitgenössische Produktionen nicht gerade durch Tiefsinn in den Texten punkten, gelingt Bosse genau diese Mischung.
„Sunnyside“ ist lässig und warm, es ist tanzbar und nah, es schließt nicht aus, sondern umarmt zu einem großen Und. Es ist melancholisch und macht Spaß, es erreicht das Herz, und die Streaming-Welt, es ist persönlich (wie wir es stets von Bosse erhoffen) und er besingt die großen Themen unserer Zeit, wie es bitter notwendig ist. Ihm ist es gelungen, neu zu klingen, ohne sich beim Zeitgeist anzubiedern. Und darin liegt sein großes Talent: Bosse bewegt sich und wächst mit der Zeit immer weiter und behält dabei seine Wurzeln. Ein Baum? Nein. Ein Popmusiker. Dieses Und zieht sich ebenfalls durch die Texte. Auf der einen Seite traut sich Bosse mehr Haltung denn je, aber auch noch mehr über sich und seine Liebsten zu erzählen.
Aki Bosse ist kein Mann für den ersten Blick. Mit der Band Hyperchild sprang er gleich nach der Jahrtausendwende nur kurz ins Ohr. Und solo blieb er danach zunächst blass. Wie der Typ, der zu Schulzeiten nie großartig auffiel, sich hinter dem unangenehmen Schönling, dem aufdringlichen Frauenflüsterer, dem Klassenclown oder dem Lautsprecher lieber in der zweiten Reihe wohlfühlte. Aber der Jahre später bei jedem Abitreffen mit verborgenen Qualitäten verblüfft. Wie eben Bosse von Album zu Album.
Genau so hat er sich in den letzten Jahren an der Reihe gefühliger, deutschsprachiger Interpreten vorbeigespielt. Auch Bosse singt auf seinem achten Studioalbum über Glaube, Liebe, Hoffnung, über Einsamkeit, Sehnsucht, Träume und Tränen. Nur nicht so pathetisch oder unglaubwürdig sentimental wie viele Kollegen seiner Songschreiber-Generation. Wenn der 41-Jährige das dann noch in oft wuchtige, euphorische, aber gleichzeitig auch sehr vielseitige Sounds verpackt, dann groovt das, klingt frisch und nachhaltig, möchte man das immer und immer wieder hören. Und spätestens dann ist man auf der „Sunnyside“.
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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