Festspiele: Trendthemen Krisenbewältigung und Anerkennungssehnsucht
Ludwigshafen. 29 Produktionen werden bei den Festspielen Ludwigshafen 2023 gezeigt, darunter eine ganze Reihe hochkarätiger Produktionen aus dem In- und Ausland.
Intendant Tilman Gersch fasste die Planungen folgendermaßen zusammen: „Das Programm der diesjährigen Festspiele sehe ich als Spiegel der Befindlichkeit unseres Publikums. Frei nach dem Gastspiel der Volksbühne Berlin interessiert uns: Wie geht es den Menschen in diesen Krisenzeiten? Wie gestalten sich heute die Beziehungen untereinander? Welche Verhaltensweisen führen uns durch die Fallstricke des Alltags? Und natürlich präsentieren wir Ihnen wieder einfach herausragende Künstler, wunderbare internationale Tanz-Ensembles und großartiges Schauspiel bekannter Theater und Regisseure!“
Im ganzen gibt es sechs verschiedene Theaterinszenierungen mit insgesamt 12 Vorstellungen. Beispiele sind die Schauspielproduktionen „Geht es dir gut?“ und „Der schwarze Mönch“.
Geht es dir gut?
Klima. Krieg. Inflation. Das gegenwärtige Krisenszenario ist erdrückend. Es überschattet alles, selbst den immer noch komfortablen westeuropäischen Alltag. René Pollesch und Fabian Hinrichs haben einen Theaterabend geschaffen, der aus dem Herzen spricht.
Der großartige Schauspieler Hinrichs klagt und jammert mit aller Inbrunst und einer guten Portion Selbstironie und führt das Publikum durch aberwitzige sprachliche Windungen und Kurven.
Man erkennt sich wieder mit all seinen Fragen, seinem Pessimismus, der gefühlten Ohnmacht angesichts des Verlustes vieler Sicherheiten. Vielleicht auch in der gewissen Larmoyanz der Wohlstandsbürger.
Der schwarze Mönch
Andrei Wassiljewitsch Kowrin hat Visionen. In einer Phase der Erschöpfung und Labilität erscheint ihm ein schwarzer Mönch, der ihm Einzigartigkeit und Größe bescheinigt. Kowrin fühlt sich bestärkt und gewinnt Selbstbewusstsein. Seine neue Lebensfreude strahlt aus, er ist beliebt und kann sich endlich verheiraten. Seine Frau aber akzeptiert seine Phantasien nicht, für sie sind es bloße Wahnvorstellungen. Kowrin verabschiedet sich vom schwarzen Mönch und verliert alles.
In Kirill Serebrennikovs Tschechow-Adaption geht es um Entgrenzung, um die Sehnsucht nach Genialität und Erlösung. Seine Inszenierungen sind sinnliche Gesamtkunstwerke mit überwältigender Bildersprache.
Ferner gibt es ein Tanzprogramm bei den Festspielen Ludwigshafen, das von der BASF SE unterstützt wird. Die Schauspiel-Eigenproduktion, das Antiken-Projekt Philoktet/Antigone in der Regie von Tilman Gersch, stellt den Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft, persönlichem und eigenem Interesse in den Mittelpunkt. Musikalische Akzente setzen das Mitsing-Programm Sing dela Sing und die schräge Musical-Version von Dickens„ A Christmas Carol der Post-Punk-Pioniere The Tiger Lillies. Lesungen des Comic-Zeichners Nicolas Mahler, von Marion Brasch, Jan Philipp Reemtsma und Harald Martenstein werden in der Reihe Salon Populaire präsentiert. Es gibt diverse After-Show-Parties.
Die Festspiele Ludwigshafen finden von Donnerstag, 12. Oktober, bis Montag, 16. Dezember, statt. Gespräche, Lesungen und Konzert gibt es im Salon Populaire von Donnerstag, 26. Oktober, bis Donnerstag, 23. November, statt. jg/red
Weitere Informationen:
Das Programm findet sich unter https://www.theater-im-pfalzbau.de/
festivals/festspiele-ludwigshafen-21; Karten gibt es ab sofort an der Theaterkasse, auch telefonisch
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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