Måneskin – Rock im Mondschein! Jung, sexy, progressiv
Musikredaktion powered by RPR1. Von David Banks und Leonard Stern
Musik. Bei „Mondschein“ denkt sicher kaum jemand an Rock-Musik. Bei „Måneskin“ wohl die wenigsten an Italien. Dennoch hängt alles unmittelbar zusammen. Wie kommts? Nun ja, das dänische Wort für „Mondschein“ ist nun mal „Måneskin“ und die Band Måneskin ist inzwischen längst über die Grenzen ihres Heimatlandes Italien hinaus bekannt.
2016 lernten sich Bassistin Victoria De Angelis, Gitarrist Thomas Raggi und Leadsänger Damiano David in der Schule in Rom kennen. Kurze Zeit später stieß Schlagzeuger Ethan Torchio über eine Facebook-Anzeige dazu. Die Geburtsstunde Måneskins. Warum aber benennt sich eine italienische Rockband mit dem dänischen Wort für Mond? Ausschlaggebend hierfür war die dänische Abstammung Victorias.
2017 nahm die blutjunge Band – Damiano ist mit Jahrgang 1999 der älteste, Thomas mit 2001 der jüngste – an der Talentshow X-Factor teil und belegte den zweiten Platz. Trotz des verpassten Sieges überzeugten sie mit ihrer Performance und konnten einen klaren Gewinn einfahren: Ihr Song „Chosen“ wurde von Sony Music als Debüt-Single ausgekoppelt. Es folgte eine erste Clubtour und Ende 2018 ihr Debütalbum „Il ballo della vita“. Die Platte erreichte in Italien Platz 1 der Albumcharts und brachte der jungen Band erstmals auch internationale Bekanntheit.
Bis heute haben die aufstrebenden Rockstars über 14 Millionen Tonträger verkauft und gewannen fast nebenbei noch den Eurovision Song Contest, bei dem sie 2021 für ihr Heimatland Italien antraten. Dies markierte gleichzeitig den internationalen Durchbruch der Band. Ihre Interpretation des Madcon Megahits „Beggin‘“ erreichte Platz 2 der TikTok-Jahrescharts 2021. Es folgten Auftritte rund um die Welt, etwa als Opener der Rolling Stones in Las Vegas oder bei Rock am Ring 2022. Also alles perfekt? Måneskin, die ideale Feelgood Story und Everybodys darling?
Naja fast. Betrachtet man die vier Anfang 20-jährigen Musiker in Interviews oder ihren Backstage Videos auf YouTube, so sieht man vier Freunde, die sich mittlerweile selbst als Familie bezeichnen. Bodenständig, locker, witzig, aufrichtig, kameradschaftlich. Auch auf der Bühne ist diese Verbundenheit sichtbar, jedoch herrscht dort eine andere Energie. Zu dem treibenden, dynamischen Stil ihrer Musik kommen progressive, sexy Outfits und teilweise aufreizendes Verhalten. Wenn sich die Bandmitglieder beispielsweise alle in Polen auf der Bühne küssen, geschieht das ganz bewusst, um auf die dortige Unterdrückung der LGBTQ-Gemeinschaft hinzuweisen. Die jungen Musiker beziehen auf diese Art Haltung, ohne konkret über Politik zu sprechen. Auch das Musik-Video zu ihrem Song „Let me be your slave“ strotzt nur so von heißen Szenen und unterwürfigen Posen. Etwa das Gegenseitige in den Mund spucken, wird wohl nicht nur Victorias kleine Cousine als eklig empfunden haben, wie diese der Bassistin am Telefon mitteilte.
Und genau diese Haltung ist es, die den ultrakonservativen und ewig Gestrigen in Politik, Gesellschaft oder Kirche durchaus sauer aufstoßen dürfte. Die Band wiederum schert das nicht. Vielmehr stehen die Künstler für die neue Generation junger Erwachsener und wollen bewusst gesellschaftliche Stigmata aufbrechen und gegen Diskriminierung jeder Art vorgehen. Sie halten es für „Schwachsinn, alles als ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ zu kennzeichnen“ und wählen daher bewusst extravagante Kleidung. Allen voran Victoria zeigt sich dabei nicht nur auf Instagram häufig oben ohne, sondern tritt auch auf der Bühne gerne als Aktivistin der „Free The Nipple-Bewegung“ auf. Mit Miley Cyrus hat sie hierbei einen sehr prominenten Fan.
Måneskin stehen für Körperpositivität, Toleranz und Gleichberechtigung. Im Zusammenspiel mit schweißtreibenden Bühnenshows und rockigen Hits, begeistern sie damit Menschen auf der ganzen Welt. Ihr aktuellstes Album „Rush!“ erschien am 20. Januar. Trotz des großen internationalen Erfolgs befinden sich darauf neben 14 englischen, auch drei italienische Titel. Sänger Damiano erklärt: „die italienische Musik ist ein so starker Teil von uns, unserer Kultur und unserem Hintergrund, dass wir unmöglich jemals darauf verzichten könnten“.Schön gesagt. Also auf viele weitere leidenschaftliche, provokative und ungezwungene Rockkonzerte im Mondschein.
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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