Bürgerinitiative fordert Stopp der Kohl-Allee und warnt vor Verfehlen der Klimaziele
Ludwigshafen. Die Bürgerinitiative (BI) Lebenswertes Ludwigshafen hat mit ihrer Petition „Stoppt die Helmut-Kohl- Allee“ 1.600 Unterschriften bis Mitte Dezember gesammelt. Nach eigenen Angaben wurden insgesamt über 2.900 Unterschriften gesammelt, davon rund 2.200 schriftlich bei Sammelaktionen wie etwa am Bernhard-Timm-Platz in Ludwigshafen.
Weitere 700 Unterschriften stammen von Online-Unterstützern, von denen etwa 300 Kommentare zur Petition abgegeben wurden. Diese Meinungen geben wertvolle Einblicke in die Beweggründe der Unterzeichner und können unter openpetition.de/StopptHKAllee nachgelesen werden.
Nach Angaben der BI wünschen sich viele einen leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr, gut ausgebaute Rad- und Fußwege, mehr Grünflächen und bezahlbaren Wohnraum statt der überdimensionierten Stadtstraße. Die BI fordert, das autozentrierte Großprojekt aufzugeben und statt dessen Konzepte umzusetzen, die sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in Ludwigshafen stellen: Klimawandel, Artensterben, steigende Lebenshaltungskosten, Überschuldung der Stadt und ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld.
Globale Probleme, lokale Lösungen?
Inflation, Klimawandel, Artensterben sind allerdings Probleme, die überall spürbar sind. Der Kurs zur Lösung dieser Probleme wird auf EU- Ebene und vom Bund vorgegeben. Ob mit den kleinen Stellschrauben auf kommunaler Ebene große Effekte spürbar werden, muss sich zeigen, etwa in grünregierten Städten.
Die Stadt Ludwigshafen gehört zu den typischen Globalisierungsverlieren Deutschlands. Die roten Zahlen in den Haushaltsjahren begannen bereits mit dem Freihandel seit Mitte der 80er. Globalisierungsgewinner sind dagegen die großen Konzerne, auch die aus der Chemie, die seit dem Freihandel Zinsen und Gewinne in Steueroasen verschieben, um ihre Steuerzahlungen zu drücken. Laut OCED entgehen den Kommunen in den EU-Ländern, die Unternehmen vergleichsweise stark besteuern, eine Billion Euro an Steuereinnahmen pro Jahr, weil Konzerne Zinsen und Dividenden um den Globus verschieben. Auch um einen kompletten Schuldenschnitt bemüht sich die Stadt Ludwigshafen derzeit im Austausch mit weiteren betroffenen Kommunen und dem Finanzministerium. Diskussionen und Gesetzesvorlagen werden allerdings derzeit aufgeschoben, weil man eine Blockadesituation durch die reichen Bundesländer im Bundesrat erwartet. Der Bundeshaushalt fürs Finanzjahr 2025 steht vorläufig. Schuldbremse und Wirtschaftskrise machen weniger handlungsfähig.
Um das Überschuldungproblem betroffener Kommunen nachhaltig zu lösen, raten US-Ökonomen Paul Krugman Verlierern des Wandels wie Ludwigshafen einen Ausgleich anzubieten, damit es fair zugeht und alle etwas davon haben, etwa durch bessere Wirtschaftsförderinstrumente der Länder und des Bunds. Krugman erhielt dafür den Wirtschaftsnobelpreis.
Forderungen der Bürgerinitiative
Die Initiative fordert weiterhin einen sofortigen Stopp des milliardenschweren Projekts sowie ein Moratorium. Ziel sei es, gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden ein zukunftsfähiges und kostengünstiges Verkehrskonzept für die Rhein-Neckar-Region zu entwickeln. Dabei sollten alle Verkehrsträger – öffentlicher Nahverkehr, Rad- und Fußwege sowie der Autoverkehr –
gleichberechtigt berücksichtigt werden. Nur so könnten die Klimaziele auch im Verkehrssektor erreicht und Ludwigshafen vom massiven Durchgangsverkehr entlastet werden.
Stadt warnt vor weiteren Überschuldung und Verfall der Hochstraßen nach Stopp
Die Stadt warnt dagegen vor einem Projektabbruch. Der Stopp der Kohl-Alle bringe mit sich, dass die Stadt die bereits abgerufenen 300 Millionen Euro für die bisherigen Baumaßnahmen alleine tragen müsse. Denn die Fördermittel von Bund und Land hätte man in diesem Fall zurückzuzahlen. Zudem befürchtet die Verwaltung, dass die Hochstraße Nord in den kommenden 10 Jahren, mit dieser Überplanungszeit sei alleine durch die Planfeststellung zu rechnen, wegen Schäden gesperrt werden müsste. Es bräuchte eine zweite funktionierende Verkehrsader zwischen Mannheim und Ludwigshafen sowie in die einzelnen Stadtviertel, schon im Sinne des starken Wirtschaftsstandorts durch BASF. Wenn die Wasserstraßen in Trockenjahren wie 2022 versagen, müssen außerdem die Waren zum Mannheimer Hauptbahnhof gebracht werden. Viele Chemieprodukte werden immer noch per Schiff transportiert. Brechen die Wasserstraßen wie im 2022 zusammen, kann das die Produktion und damit die Konjunktur weltweit stark beeinträchtigen.
Eine achtspurige Trasse ist weiterhin Auflage für Bundesstraßen wie der Kohl-Allee. Nur damit kann die Trasse aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Eine andere Chance, das Projekt Hochstraße zu finanzieren, hat die Schuldenstadt wahrscheinlich nicht. jg/red
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.