Frauenselbsthilfe Krebs Ludwigshafen in (Wohnungs-)Not
„Gemeinsam sind wir stärker“
Von Charlotte Basaric-Steinhübl
Ludwigshafen.Wer die Diagnose Krebs erhält, dessen bisheriges Leben wird oft auf den Kopf gestellt. Seit nunmehr 42 Jahren steht die FSH - Frauenselbsthilfe Krebs, Gruppe Ludwigshafen, mit persönlichen Kontakten an der Seite erkrankter Frauen. Seit 28 Jahren leitet Aicha Hamoud-Gogollok die Ludwigshafener Gruppe der FSH. Die Corona-Krise stellt sie und ihr Team, dem unter anderem ihre Stellvertreterin Elke Kopp, Kassenwartin Hengameh Kracht und andere angehören, vor neue Herausforderungen. Im Interview mit Redakteurin Charlotte Basaric-Steinhübl erläutert sie die Probleme und die aktuell größte Herausforderung für die FSH.
???: Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie sind Sie gerade dabei, das Programm für das zweite Halbjahr 2020 zu entwerfen.
Aicha Hamoud-Gogollok: Wir planen wieder regelmäßige Gruppentreffen zum Erfahrungsaustausch. Auch soll es Vorträge von ExpertInnen geben, beispielsweise zu Schlafproblemen oder zur seelischen Gesundheit. Die wöchentliche Onko-Walking-Gruppe und die monatliche Wandergruppe können sich derzeit ebenfalls nicht treffen, weshalb die sportlichen Teilnehmer selbst für regelmäßige Bewegung sorgen müssen. Falls bis dahin erlaubt, sind im Sommer die Besichtigung des Speyerer Doms und ein Picknick oder ein Ausflug ins Grüne geplant. Nun wissen wir nicht, wie lange die Einschränkungen anhalten und wann wir wieder Treffen veranstalten können.
???: Wie sieht das Gruppenleben normalerweise aus? Wie oft sehen Sie sich, wie kommunizieren Sie untereinander?
Hamoud-Gogollok: Nach vorheriger Terminabsprache gibt es spontan montags Gesprächskreise, kleine Treffen, wenn eine neue Betroffene die Gruppe kennenlernen möchte. Ansonsten gibt es normalerweise in jedem Quartal wenigstens ein Treffen bei Kaffee und Kuchen oder einem Imbiss, gestaltet nach der jeweiligen Jahreszeit mit Gedichten oder auch Liedern. So gibt es beim Neujahrstreffen einen Rückblick auf das vergangene Jahr und einen Ausblick auf das kommende. Ob Frühling, Sommer, Herbst oder Advent, immer werden dabei neue Infos ausgetauscht und Themen für spätere Vorträge zusammengetragen, die viele interessieren. Für den persönlichen Austausch untereinander bleibt dabei aber immer noch Zeit. Einmal im Jahr gibt es möglichst einen gemeinsamen Ausflug mit interessanten Besichtigungen oder Teilnahme an einer Infoveranstaltung vor Ort. Außerdem finden immer wieder Vorträge zu bestimmten Themen statt. Wer mag, nimmt an den jährlichen Patientinnentagen im Klinikum oder Marienkrankenhaus teil. Wir nehmen immer daran teil, Info-Tisch oder mit Vorstellung unserer FSH-Gruppe.
Dazwischen gibt es aber auch manchmal Großereignisse wie unser 40-jähriges Jubiläum im Jahr 2018, das mit einem Festakt im Stadtratssaal im Rathaus gefeiert wurde. Im letzten Jahr veranstalteten wir im Comeniuszentrum einen Tag der offenen Tür mit sehr vielseitigem Programm.
Da nicht alle Betroffenen über Internet oder WhatsApp verfügen, werden die Programme mit Vorträgen, Referenten, Entspannung und wichtige Ergänzungen per Post verschickt. Alle Onko-Walking-Teilnehmer verfügen über WhatsApp, so dass hierüber ein reger Erfahrungsaustausch stattfindet. Bei der Wandergruppe wird üblicherweise der Treffpunkt für die nächste Wanderung bei dem vorangegangenen Treffen mitgeteilt. Ansonsten findet er zu normalen Zeiten immer am zweiten Donnerstag eines Monats statt.
???: Der persönliche Kontakt ist für die betroffenen Frauen sehr wichtig. Wie versuchen Sie, die aktuelle Situation mit den Kontaktbeschränkungen zu überbrücken?
Hamoud-Gogollok: Neuerkrankte melden sich üblicherweise bei mir telefonisch oder per Mail. In normalen Zeiten mache ich einen Termin aus für ein Einzelgespräch oder gemeinsam mit anderen Gruppenteilnehmern, die sich spontan Zeit nehmen können. Vorher gebe ich erste Informationen zu unserer Arbeit, verweise auch an die Beratungsstelle oder andere Kontakte. Falls gewünscht, frage ich eine andere Betroffene mit dem gleichen Krankheitsbild und gebe nach vorheriger Rücksprache die Telefonnummer weiter. So können persönliche Erfahrungen zu ganz speziellen Problemen ausgetauscht werden. Das kann genauso hilfreich sein wie eine Zweitmeinung von Ärzten. Schließlich kann ich auch praktische Ratgeber, die mir zur Verfügung stehen, geben.
???: Wie viele Frauen gehören der Ludwigshafener FSH-Gruppe an? Wie geht es diesen mit der aktuellen Situation?
Hamoud-Gogollok: Zurzeit gehören rund 200 Erkrankte und Genesene unserer Gruppe an. Diese kommen nicht nur aus Ludwigshafen, sondern beispielsweise auch aus Frankenthal, Maxdorf, Niederkirchen oder Mannheim. Wie überall auf der Welt leiden besonders Alleinlebende unter der aktuellen Situation. Wer noch keine psychischen Probleme hatte, fällt durch die Kontaktsperre jetzt eher in ein schwarzes Loch. Hier biete ich den Kontakt per Telefon an. Oder ich empfehle den Kontakt zu Beratungsstellen. Hier helfen erfahrene Psychologen und Psychotherapeuten. Bisher musste meines Wissens niemand von unserer Gruppe auf Chemo und wichtige Behandlungen verzichten. Aktuell erreicht mich aber ein dringender Hilferuf einer älteren, kürzlich an Krebs erkrankten Frau, die dringend persönliche Ansprache benötigt. Nach den etwas gelockerten Vorschriften überlege ich - mit Einhaltung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen - zu einer akzeptablen Lösung zu kommen.
???: Gibt es Telefonate untereinander, gibt es so etwas wie einen WhatsApp-Chat?
Hamoud-Gogollok: Natürlich gibt es in unserer Gruppe auch persönliche Beziehungen. Da ist man telefonisch oder elektronisch in Verbindung. Am einfachsten klappt das wie schon vorher erwähnt bei der Onko-Walking-Gruppe. Auch ich plane, unter Wahrung der Datensicherheit eine WhatsApp-Gruppe aufzubauen, damit wenigstens diejenigen, die diese Technik selbst nutzen, schneller erreichbar sind. Außerdem will auch der Bundesverband der FSH die neuen Medien nutzen, um Videokonferenzen abhalten zu können.
???: Gibt es einen Raum, in dem die regelmäßigen Treffen stattfinden?
Hamoud-Gogollok: Nachdem wir leider aus der Maxschule ausziehen mussten, wo uns die Stadtverwaltung Ludwigshafen einen großen Raum zur Verfügung gestellt hatte, sind wir vor circa vier Jahren im ehemaligen Blutspendezentrum in der Gräfenaustraße 23 untergekommen. Nun müssen wir Ende Juni diesen Jahres wieder ausziehen.
???: Haben Sie schon neue Räumlichkeiten?
Hamoud-Gogollok: Nein, wir stehen erneut vor der Frage: Wo kann die FSH-Selbsthilfe ihre Treffs, Gruppenaktivitäten, Einzelgespräch, Gesprächskreise und Vorträge und Entspannungstechniken machen? Wohin mit den Möbeln, den vielen Ordnern und anderen mehr ab Ende Juni 2020?
???: Was suchen Sie genau?
Hamoud-Gogollok: Ideal wäre ein großer, ebenerdiger Versammlungsraum mit Platz für eine Küchenzeile und zusätzlich eine Toilettenanlage. Parkplätze in der Nähe und Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel sind ebenfalls wichtig.
Außerdem wäre eine möglichst geringe Miete wichtig, da die Frauen keine Mitgliedsbeiträge bezahlen. Sämtliche Ausgaben werden durch Sponsorengelder und Spenden finanziert. Vielleicht findet sich jemand über dieses Interview, der sich mit dem Wohnraum in Ludwigshafen auskennt und uns helfen kann. Wir stehen zwar mit verschiedenen Stellen in Verbindung, aber es gibt noch keine konkrete Bleibe für unsere ehrenamtliche Arbeit. Auf jeden Fall freue ich mich über eine Kontaktaufnahme.
???: Danke für das Interview!
Weitere Informationen:
FSH Gruppe Ludwigshafen am Rhein
Aicha Hamoud-Gogollok
Telefon: 0621 567064
E-Mail: aicha-gogollok@t-online.de
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.