Klinikum LU stellt erste Auswertung des Covid-19-Registers vor
Krankenhauskapazitäten im Blickpunkt

Dr. med. Anselm Gitt, Oberarzt in der Kardiologie am Klinikum Ludwigshafen. | Foto: BAS
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Von Charlotte Basaric-Steinhübl

Ludwigshafen. Die Infektionszahlen mit dem Coronavirus steigen weiter an. Eine wichtige Fragestellung dabei: Reichen die Krankenhauskapazitäten aus? Oder könnte das Gesundheitssystem zusammenbrechen?

Fallzahlen im Krankenhaus

Eine wichtige Hilfe zur Planung der Kapazitäten für die Gesundheitsbehörden in Rheinland-Pfalz ist das Covid-19-Register. Darin melden seit April die 77 rheinland-pfälzischen Krankenhäuser täglich die Anzahl der Covid-19-Patient*innen auf ihren Intensivstationen, aber auch auf den Normalstationen, wo der überwiegende Anteil behandelt wird. Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler bezeichnete das in dieser Form bundesweit einmalige Projekt als erfolgreiches Frühwarnsystem zur Entwicklung der Patientenzahlen und bedankte sich beim Team des Klinikum LU, auf dessen Initiative das Covid-19-Register Rheinland-Pfalz in Rekordzeit gestartet wurde.

Krankheitsregister

Ein weiterer, wichtiger Teil des Covid-19-Registers ist der klinische Teil, in dem Daten zu den Patient*innen erfasst werden - natürlich nur nach deren Einwilligung. Für das Register wurden nach Angaben von Studienleiter Dr. med. Anselm Gitt, Oberarzt in der Kardiologie am Klinikum Ludwigshafen, von 274 stationär behandelte Covid-19-Patient*innen Daten wie unter anderem Alter, Begleiterkrankungen und Symptome sowie wesentliche Behandlungsmaßnahmen und Todesursachen dokumentiert. Daraus liessen sich Erkenntnisse ableiten, um das Virus besser zu verstehen und Behandlungsmaßnahmen zu optimieren, erläuterte er. Auch wenn sich nur circa 30 Krankenhäuser beteiligt haben, seien die gewonnenen Erkenntnisse als repräsentativ anzusehen.

Das mittlere Alter der Covid-19-Patient*innen in den rheinland-pfälzischen Krankenhäusern war demnach 64 Jahre, fast 80 Prozent waren älter als 50 Jahre, 59 Prozent waren Männer. Etwa die Hälfte der erfassten Patient*innen habe nicht gewusst, wo sie sich angesteckt hatten, sagte Gitt. „Die stärksten Symptome waren Fieber und Husten, hingegen war der Geruchs- oder Geschmacksverlust eher gering.“ führte er aus. Zwei Drittel der Patient*innen, die mit Covid-19 ins Krankenhaus kamen, hatten Risikofaktoren oder Vorerkrankungen.

Circa 20 Prozent der erfassten Patient*innen mussten intensivmedizinisch behandelt werden. Fast die Hälfte der intubierten Personen bekamen einen Luftröhrenschnitt. Jeder fünfte Covid-19-Patient im Krankenhaus verstarb.

Der Aufenthalt im Krankenhaus beträgt im Mittel 15 Tage. Bei diesem Wert müsse man aber bedenken, dass es auch Patient*innen gebe, die wegen etwas anderem im Krankenhaus behandelt würden, während sie Covid-19-positiv seien. Diejenigen, die auf die Intensivstation kommen, bleiben dort im Mittel 16,5 Tage. Man könne also davon ausgehen, dass ein Covid-19-Patient ein Intensivbett für etwas drei Wochen belegt. Bei anderen Krankheitsbildern wäre die Verweildauer auf den Intensivstationen meist kurz.

Gitt warnte davor, die Krankheit zu unterschätzen. „Die wichtige Botschaft ist: Wer eine Covid-19-Infektion hatte, ist nicht nach dem Ablauf von ein paar Tagen gesund und munter und springt durchs Feld“, unterstrich er. Die Hälfte der Patienten, die überlebe, habe zusätzlich eine Leistungseinschränkung, wenn sie nach Hause gingen.

Aktueller Stand

Aktuell seien die Zahlen in den Krankenhäusern bereits höher als zur Spitze der ersten Pandemiewelle, so Gitt. Der Anteil der älteren Patient*innen steige nach dem Sommer wieder an, seit Oktober würden auch wieder mehr Menschen sterben. Der „Lockdown light“ seit Anfang November würde sich noch nicht in den Zahlen widerspiegeln. Dies sei aber auch im Frühjahr so gewesen - die Infektionszahlen gingen erst nach einiger Zeit nach unten, zeitlich versetzt seien dann auch die Zahlen in den Krankenhäusern gesunken.

Prognose

Dr. Gitt wagte einen Ausblick, auch wenn er betonte, dass dies eine Schätzung mit vielen Unbekannten sei. Bis zum dritten Advent (13. Dezember) erwartet er bei gleichbleibenden Infektionszahlen 1400 weitere stationär zu behandelnde Covid-19-Patienten, von denen zirka 300 beatmet werden müssten. Stand 12. November gab es landesweit noch 420 freie Intensivbetten, nur noch etwa 100 werden es nach Gitts erster vorsichtiger Hochrechnung und Einschätzung in einem Monat sein.

Auch Bätzing-Lichtenthäler sagte, in den kommenden Wochen sei mit einer deutlich ansteigenden Beanspruchung der Kapazitäten zu rechnen. Die Krankenhäuser im Bundesland seien aber gut gerüstet.

Situation im Klinikum Ludwigshafen

Hans-Friedrich Günther, Geschäftsführer des Klinikums Ludwigshafen, führte aus, dass eigentlich alle Mitarbeiter im Haus mit Covid beschäftigt seien.

Aktuell habe man 44 Covid-Positive im Haus, 14 davon würden beatmet. Eine der drei Intensivstationen sei komplett mit Covid belegt. Nächste Woche gehe eine weitere Intensivstation mit acht Betten ans Netz. Sie könnten auch weiter aufrüsten, dann könnte es aber Engpässe beim Personal geben. Auch werde immer wieder auch Personal angesteckt, was ebenfalls zu Engpässen führen könnte.

Problematisch seien die Verdachtsfälle. Kommt ein neuer Patient ins Klinikum, dauert es circa fünf Stunden, bis man das Ergebnis des PCR-Tests erhält. In dieser Zeit könne ein Covid-19-Positiver sehr viele Menschen anstecken. Seit Donnerstag, 12. November 2020, habe man nun die neuen Antigentests, die sehr schnell ein Ergebnis liefern. Am ersten Tag wurden 400 Menschen getestet, vier waren positiv und asymptomatisch, hatten also keine Krankheitszeichen. Ohne den neuen Antigentest hätten sie viel Schaden anrichten können.

Wer in Quarantäne sei, blockiere 14 Tage lang ein Zimmer. So verliere man sehr viel Luft für andere Patient*innen.

Appell der Gesundheitsministerin

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler betonte, dass die Ausführungen aufzeigten, wie richtig und wichtig es war, den „Lockdown light“ durchzuführen. Auch wenn die Maßnahmen sehr einschränkend seien, war es richtig, dies zu beschliessen. Und noch wichtiger sei es, dass sich alle daran halten würden.

„Die Menschen werden müde, sie haben keine Lust mehr auf die Maske. Aber das, was wir hier gezeigt bekommen haben zeigt, wie wichtig es ist, sich an die Maßnahmen zu halten. Nur dann wird es sich auf die Kapazitäten in den Krankenhäusern auswirken,“ so die Ministerin. bas

Hintergrund:
Das Bundesland Rheinland-Pfalz ist in fünf Gebiete aufgeteilt: Mittelrhein/Westerwald, Rheinhessen/Nahe, Rheinpfalz, Trier und Westpfalz. In jedem Gebiet übernimmt ein Krankenhaus die koordinierende Rolle, im Gebiet Rheinpfalz ist dies das Klinikum Ludwigshafen. Aufgabe ist neben der Versorgung der Patient*innen ein Monitoring des Infektionsgeschehens, aber auch der Austausch mit den anderen Krankenhäusern des betreffenden Gebiets. Das Gesundheitsministerium steht in Kontakt mit den koordinierenden Häusern, damit im ganzen Land eine optimale Versorgung gewährt werden kann.

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Dr. med. Anselm Gitt, Oberarzt in der Kardiologie am Klinikum Ludwigshafen. | Foto: BAS
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und Dr. med. Anselm Gitt. | Foto: BAS
Autor:

Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen

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