Dr. Klaus-Jürgen Becker im Café Alternativ
Lenin menschlich dargestellt
Wenn es einer kann, dann Dr. Klaus-Jürgen Becker, seines Zeichens stellvertretender Leiter des Ludwigshafener Stadtarchivs: Farbig und doch von profundem Wissen geprägt Geschichte darzubieten. Vergangene Woche referierte der promovierte Historiker über den 100. Todestag von Wladimir Illjitsch Lenin im "Café Alternativ" in der Rohrlachstraße. Erfreut waren Referent und Veranstalterin über den regen Besuch - unter den Gästen der Friesenheimer Ortsvorsteher Günter Henkel und Vorgänger Reinhold Schumacher.
"Lenin - Leben und Werk", das klingt nach einem akademischen Vortrag. Das Gegenteil war der Fall. Wladimir Lenin, der am 22. April 1870 in Simbirsk als Sohn eines Schuldirektors geboren wurde, wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf. Die Mutter hatte rein Landgut in die Ehe eingebracht. Wie kommt ein solcher Mensch dazu, eine Revolution durchzuführen, um anschließend bis zu seinem frühen Tode 1924 Staatsoberhaupt der jungen Sowjet-Union zu werden?
Die Erklärung von Klaus Becker war einleuchtend. Lenin's ältester Bruder Alexander (1866-1887) wurde im Zarenreich hingerichtet, wegen Teilnahme an revolutionärem Handeln, und Lenin erhielt im gleichen Jahr ein Studienverbot. Doch, da seine Familie begütert war, konnte er sein Jurastudium auf privater Basis absolvieren. Lenin war übrigens sein Kampfname, geboren wurde er als Wladimir Iljitsch Uljanow. Bereits 1895 musste er ins Exil nach Sibirien.
Richtige Bedeutung erhielt Lenin aber erst 1917, als er im verplombten Waggon von der Schweiz aus über Deutschland, Schweden und Finnland nach St. Petersburg reiste, um die Ok RusslandStoberrevolution gegen das marode Zarenreich anzuführen. Von Stalin war damals keine Rede. Die beiden stehen jeweils für ein komplett anderes Politikverständnis. Da Lenin die "Rechte der Völker Russlands" auf Selbständigkeit vertrat, konnte sich Finnland am 6. Dezember 1917 aus dem Staatenverbund des Zarenreiches lösen und proklamierte seine Souveränität.
Eine große Zäsur nicht nur im Leben Lenins war das Attentat auf ihn am 30. August 1918 durch Fanny Kaplan, die auf Seiten der Revanchisten stand, und an dessen Folgen er am 23. Januar 1923 starb. Sein Nachfolger wurde Stalin und nicht Trotzki, wie er sich gewünscht hatte. Seinem Wunsch, auf Personenkult zu verzichten, wurde nicht entsprochen, und so nahm die Geschichte den bekannten Verlauf. Dr. Klaus-Jürgen Beckers Vortrag animierte die Zuhörer zu einer lebhaften Diskussion, weshalb es sich immer wieder lohnt, zu seinen Vorträgen zu kommen. güh.
Autor:Günther H.P. Hummrich aus Ludwigshafen |
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