Ludwigshafen im Entschuldungsstress: Wenn Sparen nicht mehr möglich ist
Ludwigshafen.Der Haushaltsplan für 2024 wird bis Mitte Dezember Ausschüsse und Rat passieren. Kämmerer Andreas Schwarz blickt mit Sorge auf die künftigen Haushaltsjahre. Denn die Finanzlage Ludwigshafens wird wie in allen Städten im Land durch angespannte Wirtschaftslage, Zinsen, Preissteigerungen und restriktive Entschuldungsprogramme beeinflusst.
Von Julia Glöckner
Einerseits stehen in der Wirtschaftskrise weniger Einnahmen in Form von Gewerbesteuern bereit. Andererseits belasten steigende Preise und Zinsen. Zudem musste die Stadt nach der erfolgreichen Klage 2023 durch BASF rund 170 Millionen Euro Gewerbesteuer zurückzahlen. Ein Teil der Rückzahlungen steht noch aus, was den Löwenanteil der Ausgaben im Finanzhaushalt 2024 ausmacht.
Strangulierendes Entschuldungsprogramm
Viele verschuldete Städte wie Ludwigshafen bringen derzeit große Kraftanstrengungen auf, um das über zehn Jahre laufende Entschuldungsprogramm des Lands Rheinland-Pfalz mitzugehen. Es sieht vor, dass das Land Jahr für Jahr einen Teil der Kassenkredite der Kommunen übernimmt, bis sie schuldenfrei sind. Eine Auflage des Programms: Die Kommunen sollen keine weiteren Schulden machen, also einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen, was Sparkommissare der ADD streng überwachen.
„Viele kreisfreien Städte kämpfen. Es entstehen trotz allem hohe Defizite, die nur durch den Finanzausgleich teilausgeglichen werden. Das könnte die Hoffnung auf Schuldenabbau konterkarieren“, sagt Schwarz. Ob die finanziellen Hilfen von Bund und Land ausreichen, um den Entschuldungspfad weiter gehen zu können, hänge von der künftigen Wirtschaftsleistung Ludwigshafen ab. „Allein durch die restriktive Kommunalaufsicht der ADD wird vielen kreisfreien Städten die Entschuldung nicht gelingen“, so Schwarz weiter.
Nachdem sich bei OBs und Kommunalpolitikern im ganzen Bundesland wegen fehlendem Handlungsspielraum Proteste regten, kommen Land und Bund den Kommunen entgegen. Ihre Hilfen sorgen für Entlastungseffekte – etwa durch das im November von der Regierung beschlossene Entlastungspaket. Dieses sieht eine deutliche Erhöhung des Bundesanteils bei der Versorgung von Asylbewerbern vor: Die Pro-Kopf-Pauschale, die der Bund an die Städte zahlt, damit sie Flüchtlinge unterbringen, wurde erhöht.
Das Städtebündnis „Für die Würde unserer Städte“ sieht dennoch einen Verstoß gegen das Verfassungs-Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“, auch Konnexitätsprinzip genannt. Die Kommunen kümmern sich etwa um die Kosten für Unterkunft und Heizung von Erwerbslosen, schaffen Kitaplätze und bauen Schulen. Aufgaben, die Bund und Länder bei ihnen bestellen, aber nicht vollständig bezahlen.
„Es gibt Schritte in die richtige Richtung, aber das reicht nicht aus“, sagt Schwarz. Denn die knappen Mittel lähmen viele Städte im Bundesgebiet beim Städtebau und anderen wichtigen Investitionen. Laut Kommunalbericht des Rechnungshofs ist die Haushaltslage in Ludwigshafen besonders prekär. Im Bericht wird eine Härtefallregelung vorgeschlagen. „Das strukturelle Defizit umfasste in den vergangenen Jahren je 100 Millionen Euro. Seit einiger Zeit fehlen der Stadt selbst die Mittel für Personal und Selbstverwaltung“, sagt Schwarz. Es bleibe abzuwarten, ob Ludwigshafen Aufgaben wie Bürokratieabbau und Digitalisierung stemmen kann, die langfristig finanziell entlasten sollen. Oder ob die Mittel auch dafür fehlen. „Mit Blick auf die restriktive Planung im Sinne des Konsolidierungspfads – im Oktober einigte man sich auf zehn Prozent Kosteneinsparung in der Kultur – ist der Erhalt mancher Kultureinrichtungen möglicherweise nicht mehr machbar“, sagt Schwarz.
Die Debatte um Schattenhaushalte und Schuldenbremse spaltet aktuell das Bundeskabinett. Seitdem es die Schuldenbremse gibt, müssen die Bundesländer im Prinzip ohne Kredite auskommen. Somit können sie auch den Kommunen weniger finanzielle Entlastung bieten. Finanzminister Lindner will die Schuldenbremse vorerst nicht lockern. Das Wachstumschancengesetz war für die FDP schon ein Kompromiss. . „In der Diskussion um die Schuldenbremse ist einerseits die Rede von nachhaltiger Haushaltspolitik. Man solle im Sinne künftiger Generationen keine neuen Schulden aufnehmen. Andererseits hängt es gerade auch von Investitionen in Infrastruktur und Bildung ab, wie nachfolgende Generationen leben“, so Schwarz. „Mit der bisherigen Unterstützung von Bund und Land zur Entlastung der Kommunen ist es nicht getan. Was kann mit der Konsolidierung erreicht werden, wenn die Haushaltslücke bleibt?“, fragt Schwarz rhetorisch. Es hängt aber nicht nur an der Schuldenbremse. Die Länder hätten Spielraum und es gibt Stellschrauben, um mit den Kommunen bei deren finanziellen Entlastung besser umzugehen.
Auch, wenn es als weiteres gängiges Instrument der Haushaltskonsolidierung gilt: Die Anhebung der Hebesätze bei Gewerbe- und Grundsteuer sei für die Stadt das letzte Mittel der Wahl, um das derzeitig kalkulierte Haushaltsdefizit von 20,9 Millionen Euro im Plan für 2024 auszugleichen, so Schwarz. Der Stadtrat hat sich dagegen entschieden, um keine falschen Signale an Unternehmen zu senden. Diese profitieren in Ludwigshafen derzeit von einer relativ niedrigen Gewerbesteuer.
Die Haushalte 2024 und 2025
Trotz allem fallen die neuen Zahlen zum Haushalt 2024 besser aus, als erwartet. Seit Frühjahr arbeitet die Stadt am Haushaltplan. Nun liegen über Steuern und Zahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich präzisere Schätzungen vor.
Durch den Finanzausgleich, also die Gewerbesteuerumlage, verbessern sich die Einzahlungen um rund zehn Millionen Euro. Hinzu kommen Zahlungen vom Land und die Zuwendungen vom Bund für die Versorgung von Asylbewerbern. Die RNV beansprucht durch den neuen angepassten Fahrplan, der vor allem das Ergebnis von Personalmangel ist, weniger Ausgaben. „Angesichts des verbleibenden Defizits im zweistelligen Millionenbereich wissen wir mit Blick aufs Jahr 2025 nicht, wie lange wir den Konsolidierungspfad noch mitgehen können.“
Eventueller finanzieller Spielraum aus einem geringeren Fehlbetrag soll den Bürgern zugute kommen. Schwarz: "Wir arbeiten am Kita- und Schulausbau und an Förderprogrammen für die Gräfenauschule." Weitere Projekte wie der Umzug des Stadtarchivs ins historische Museum am Luitpolthafen, die Sanierung der Karl-Kreuter-Schule, die neue Fahrradstraße zwischen Campus und Hauptbahnhof verzögern sich durch die fehlenden Mittel dagegen.
Die Stadt will erstmal vor allem eins: Optimistisch bleiben, dass Unternehmen in Ludwigshafen bald wieder expandieren und sich neue ansiedeln können. jg
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.