Messerangriff in Ludwigshafen: Schwere Beweislast für Tat und Motiv
Frankenthal/Ludwigshafen. Im Prozess um den Messerangriff in Ludwigshafen auf drei junge Männer hat der Geschädigte Marcel K. am Freitag, 17. Februar, vor dem Schwurgericht Frankenthal erstmals als Zeuge ausgesagt. Der 27-Jährige war im Oktober 2022 im Drogeriemarkt Rossmann in Oggersheim mit einem Küchenmesser von Maxamed S. lebensgefährlich verletzt worden. Zwei weitere Menschen tötete Maxamed S. bei der Messerattacke.
„Ich habe Schlafprobleme und muss mich ständig umschauen“, sagt Marcel K., der noch an den seelischen und körperlichen Wunden leidet, die er im Gerichtssaal der Richterin schildert.
Die grauenhaften Szenen, die mehrere Überwachungskameras im Drogeriemarkt aufzeichneten, wurden im Gerichtssaal gezeigt. Die Videos zeigen, wie der Beschuldigte Maxamed S. den Laden betritt und zehn Sekunden später Marcel K. ein Messer in die Brust rammt. Marcel K. schleppt sich weitere vier Sekunden später nach draußen, als bereits die erste alarmierte Polizeistreife den Laden stürmt. Auch die anderen Kunden fliehen. Maxamed S. verschanzt sich im hinteren Ladenbereich hinter Regalen, bevor es etwa 40 Sekunden nach der Tat zu Entwaffnung, Schussabgabe und Festnahme kommt. Auch der Polizeieinsatz mit drei Steifen, die nacheinander ankommen, ist auf den Videos dokumentiert.
Marcel K. bricht vor dem Laden zusammen. Ersthelfer halten die schwere Blutung auf, rufen ihn beim Namen, um ihn wach zu halten, bevor der Rettungswagen kommt. Er wird wiederbelebt und notoperiert.
Der leitende Ermittler rekonstruiert im Gerichtssaal das Tatgeschehen. Er berichtet Folgendes zu den Ereignissen: Notrufe ab 12.21 Uhr und Augenzeugenberichte aus der Philipp-Scheidemann-Straße belegen, wie der Angeklagte Jonas S. von hinten am Hals ergriffen hat. Es kam zu einer Rangelei, bevor der Angeklagte auf Jonas S. einstach. Sascha K. versuchte, den Angreifer wegzuziehen, was nicht gelang. Der Beschuldigte richtete das Messer nun auch gegen Sascha K., der mit einer stark blutenden Halswunde die Flucht antrat. Danach stach der Angeklagte weiter auf Jonas S. ein und trennte seinen Arm ab. Sascha K. schleppte sich 70 Meter weiter, wo er zusammenbrach. Der 20-jährige Jonas S. starb noch am Tatort, Sascha K. im Krankenhaus.
Den Ermittlungen zufolge ist der Angeklagte kurz darauf 160 Meter weiter in die Adolf-Kolping-Straße gerannt – das Messer in der einen und den Arm in der anderen Hand, wie Augenzeugen berichteten. Dort warf er einer Zeugin zufolge etwas auf den Balkon. Laut der Bewohner hörte man Maxamed S. wütend auf Somalisch schreien: „Hier ist Dein Geschenk“. Kurz darauf, um 12.40 Uhr, ging der Notruf von Maxamed S. Ex-Freundin Samira bei der Polizei ein, die Jonas S. Arm auf ihren Balkon gefunden hatte. Danach lief Maxamed S. die 750 Meter Richtung Drogeriemarkt, erneut durch die Philipp-Scheidemann-Straße, wo Augenzeugen seit der Tat in der Telefonleitung mit der Polizei geblieben waren. Einige flohen in die Häuser.
Maxamed S. betrat die Bäckerei neben dem Rossmann. In dieser hielten sich gerade nur Frauen auf. Er fuchtelte mit dem blutbeschmierten Messer herum, stellte sich an einen Tisch und sagte: „I don’t want to kill you, I want to kill your brother.“ Eine der Frauen verließ die Bäckerei, bevor Mitarbeiter den Eingang verriegelten. Sie rief die Polizei und beobachte noch, wie der Täter den Rossmann betrat und auf Marcel K. einstach.
Die Beweislast ist dementsprechend schwer. Die Mordkommission hatte nach der Tat an jeder Haustür um die Orte des Geschehens geklingelt, um Tat und Motiv genauer zu ermitteln.
Auch die Nachrichten an Maxamed S. Ex-Freundin Samira sprechen für sich. Die SMS an den Tagen vor dem Tattag fallen unter „Gewalt in sozialen Netzwerken“. Darin kündigte er bereits ein Geschenk auf dem Balkon an. Am Tattag um 9 Uhr kontrollierte ein Polizist aus Neustadt das Zimmer des Angeklagten in einem Obdachlosenwohnheim in Neustadt. Aus der Unterkunft meldete ein Sozialarbeiter am Vortag der Polizei, dass Maxamed S. ein Messer bei sich trug. Der Polizist fand den Angeklagten schlafend vor. Maxamed S. sollte noch an diesem Tag beim sozialpsychiatrischen Dienst vorstellig werden, um festzustellen, ob eine Fremdgefährdung für Samira besteht und er psychisch krank ist. jg
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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