So lange wie möglich zuhause leben
Neue Pionierwohnform im Alter
Ludwigshafen. Pia Hoffmann führt durch das leerstehende helle Haus nach hinten in den Garten. Die Zäune zwischen den Reihenhausgärten sind bereits abgerissen. Der erste Schritt hin zu ihrem Pionierprojekt „Nette Nachbarn“, also zu einer modernen Wohnform im Alter, wie Hoffmann es nennt. Hier kann man sich abends auf ein Glas Wein treffen, grillen, sich anfreunden.
Von Julia Glöckner
Die Hoffmanns leben im mittleren der drei Reihenhäuser, die direkt nebeneinander liegen. Ein Durchbruch mit Verbindungstür zwischen den Häusern ist möglich. „Die Idee ist, dass wir zunächst wie gewöhnliche Nachbarn nebeneinander leben, also jedes Paar für sich, solange wir recht gesund und selbstständig sind. Wenn es ab 75 langsam los geht mit den Zipperlein und man Hilfe braucht, hat man die Möglichkeit, die Häuser zusammenzulegen“, erklärt Hoffmann.
Hoffmann will später was Eigenes haben, sich durch eine mögliche Betreuung abgesichert wissen und dennoch autonom bleiben. Sie hat sich früh gegen das Pflegeheim entschieden, denn sie hat noch rund 25 Jahre Zeit, bis sie 75 ist. Die Idee ist, sich bei Hilfsbedürftigkeit später im gemeinschaftlichen Hausprojekt im Alltag zu unterstützen oder je nach Lust und Laune zusammen zu kochen, Filme zu schauen, zu feiern oder auszugehen.
So soll es möglich werden, sich mit Einkäufen, Vorlesen, Haushalt oder Papierkram zu helfen – denn nicht bei jedem ist das gleiche Handicap zu erwarten. Bei einsetzender Pflegebedürftigkeit kann man sich von den Bewohnern sowie teils oder ganz von ambulanten Pflegediensten helfen lassen. Sobald mehrere im Hausprojekt Pflege brauchen, haben die Häuser Platz für zwei Pflegekräfte mit eigenem Wohnbereich.
Hoffmann sieht ihren Traum klar vor sich. „Werden Esszimmer und Küche zusammengelegt, gäbe es Platz für Bibliothek, Atelier, Fitnessraum, Sauna oder Arbeitszimmer.“ Hoffmann scheut mögliche Konflikte im Haus weniger als Langeweile, Monotonie und Vereinsamung, von der viele im Alter betroffen sind. „Das Haus soll dann mehrere Aufenthaltsbereiche, also Wohnzimmer haben“, ergänzt sie. Die Bewohner sollen entscheiden können, ob sie heute Gesellschaft, einen Film schauen oder lieber alleine ein Buch lesen wollen. Stirbt ein Bewohner, soll der Partner in der Gemeinschaft sozialen Rückhalt haben.
Viele sind auf der Suche nach praktikablen Wohnformen unabhängig von der Pflege in Heimen oder durch die eigenen Kinder. Hoffmann weiß, was es bedeutet, wenn man auf Pflege angewiesen ist oder man die Eltern pflegt. „Viele wollen nicht, dass die Kinder sie pflegen“, sagt sie. Die rechten Nachbarn der Hoffmanns, ein Paar in ihrem Alter, sind bereits entschieden, beim Hausprojekt mitzumachen. Das dritte 140 Quadratmeter große Haus ist noch zu haben, wo ein Paar oder enge Freunde, also zwei bis drei weitere Mieter, einziehen sollen. Vor einigen Monaten meldete sich ein 75-jähriges Paar. „Schade, wir haben uns nicht rechtzeitig darum gekümmert. Jetzt hätten wir gerne so etwas wie hier, aber es ist zu spät“, betonte es nach einer Absage. Mit ihrer Idee für die moderne Lebensform blickt Hoffmann ihrem Traum nach der Rente mit Freude entgegen. Die Bauvoranfrage beim Bauamt ist schon gestellt. jg
Nähere Informationen zum Wohnprojekt gibt Pia Hoffmann per E-Mail unter nachbarn.gesucht@gmail.com.
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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