Neues Modell für die Eingliederungshilfe von Stadt und Partnern
Ludwigshafen. Stadt und die großen öffentlichen Träger setzen ein neues Modell der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in Ludwigshafen um. Es nimmt das Lebensumfeld in den Blick und damit die Unterstützungsmöglichkeiten, um Hilfe vor Ort gezielter für den einzelnen zu nutzen.
Eingliederungshilfe soll Menschen mit Behinderung zu einer individuellen und möglichst selbstständigen Lebensführung verhelfen. Sie zielt auf die gleichberechtige und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft. Die Eingliederungshilfe ermöglicht im Idealfall von Kindesbeinen an den Besuch einer integrativen Kita oder einer Förderkita oder einer Regelkita. Dabei hilft eine Integrationshilfe. Später soll auch der Schulbesuch durch Schulbegleitung oder das Arbeiten durch eine Arbeitsassistenz möglich sein. Bei anhaltender Erwerbslosigkeit, die behinderte Menschen betreffen kann, weil Firmen ihre Behindertenquote nicht erfüllen wollen oder weil Arbeiten nicht möglich ist, werden die Kosten fürs Leben im Wohnheim und Arbeiten in einer Behindertenwerkstatt getragen. Auch beim eigenständigen Wohnen setzt die Hilfe an.
Die Stadt ersetzt nun herkömmliche Wege der Eingliederungshilfe durch ein neues Modell, das sich mehr an den Bedarfen orientiert. Das Sozialdezernat spricht von einem Paradigmenwechsel in der Eingliederungshilfe durch das neue sogenannte Ludwigshafener Konzept angewandter Sozialraumorientierung (Lukas). Bei der Planung der Eingliederungshilfe nimmt es den Sozialraum, also die Unterstützungsangebote im Lebensumfeld vor Ort, mehr in den Blick als bisherige Modelle. Gleichzeitig soll Hilfe individueller auf die Bedürfnisse und Vorstellungen der Menschen mit Behinderung angepasst werden. Das stärkt die Selbstbestimmung.
"Wir sind stolz, dass wir die erste Stadt in Rheinland-Pfalz sind, die die Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe umsetzt, und sich damit einem modernen und nachhaltigen sozialpolitischen Modell öffnet. Das wird die Lebensqualität verbessern", erklärte Sozialdezernentin Beate Steeg beim Pressegespräch. Gleichzeitig ermögliche das Projekt mit der Einführung des so genannten Ludwigshafener Budgets eine effektive Nutzung der vorhandenen Mittel.
Starten wird Lukas ab Anfang 2025 zunächst für neu beantragte Hilfeleistungen von Menschen, die in Ludwigshafen in ihrem häuslichen Umfeld wohnen. Es ist geplant, auch andere Fallkonstellationen in das Projekt einzubeziehen. Im nächsten Schritt werden sowohl die Träger als auch die Verwaltung bis Ende 2025 die Arbeitsabläufe anpassen. Sowohl die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung als auch die Fallbearbeitung wird anders umgesetzt.
Auch die öffentlichen Träger wie die Caritas stellen ihre Arbeit um. Sie sollen etwa analysieren, welche Möglichkeiten die Sozialräume in jedem einzelnen Fall bieten. Dabei werden die Netzwerke in den Blick genommen, um flexible und passgenaue Angebote zu entwickeln, die den Sozialraum optimal nutzen. Es kann darum gehen, ob Familien, Nachbarn, Kirchengemeinden, Vereine, der Kiosk von neben an und viele mehr Unterstützung leisten können, bevor es das Fachpersonal der Leistungserbringer tut. Dabei steht immer der Bedarf des einzelnen im Vordergrund.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von Prof. Wolfgang Hinte, einem renommierten Experten auf dem Gebiet der Sozialraumorientierung. Lukas orientiert sich an den Best-Practice-Beispielen aus Hamburg und Nordfriesland. Arbeitsgruppen aus Mitarbeitern von Stadt und öffentlichen Trägern planen richtungsweisend die Steuerung. Mitplanende Träger und Kooperationspartner sind Caritas, Diakonissen, das Evangelische Diakoniewerk, die Evangelische Heimstiftung Pfalz, die Lebenshilfe Ludwigshafen und das Ökumenische Gemeinschaftswerk Pfalz.
Ludwigshafener Budget
Um das Projekt LUKaS umsetzen zu können, wird den Trägern, die die Leistungen der Eingliederungshilfe erbringen, künftig ein so genanntes Ludwigshafener Budget zur Verfügung stehen. Auf dieses Budget können sie bei der Gewährung von Hilfen zugreifen. Diese Veränderung trägt der Tatsache Rechnung, dass das Fachkonzept der Sozialraumorientierung nicht im klassischen, auf den Einzelfall ausgerichteten Finanzierungsmodell abgedeckt werden kann. Das bisherige Finanzierungskonzept, das beispielsweise ein wöchentliches Stundenkontingent für die Hilfeleistungen im Einzelfall vorgibt, schränkt die Handlungsfähigkeit der Träger ein, sodass sie lediglich auf das Notwendigste reagieren können. Es fehlen dadurch die notwendigen Spielräume, um langfristig und nachhaltig zu planen.
Zudem baut das Verfahren Bürokratie ab. Es müssen etwa von Leistungsbeziehungen keine monatlichen Rechnungen mehr geschrieben und von Stellen geprüft und angewiesen werden. jg/red
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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