Rückbau des Rathauses: Hochbauleiter führt über die Abrissbaustelle
Ludwigshafen. Es geht voran auf Ludwigshafens zweitprominentester Baustelle. Beim Rundgang über die Abrissbaustelle Rathauscenter am Mittwoch, 6. September, gibt es Abbrucharbeiten mit mächtigem Kran zu sehen. Der Abteilungsleiter Hochbau der Bauprojektgesellschaft Klaus Möller führt durch die Etagen und aufs Dach des Rathausturms.
Von Julia Glöckner
Derzeit arbeitet man an der Entkernung des 17-stöckigen Gebäudes. Während die oberen sieben Etagen schon entkernt, also bereit für den Fassadenrückbau sind, werden in den unteren neun Etagen noch Kabel und Säulen demontiert, Estrich und Putz abgeklopft. „Hier wird sozusagen besenrein gemacht, bis auf den Rohbau“, erklärt Möller auf Ebene Neun. Weiter unten im Turm, auf Ebene Fünf hängt noch Kabelgewirr von der Decke und es liegt Putz herum. „Jedes Teil muss über den Fahrstuhl nach unten transportiert werden, was zeitaufwändig ist“, berichtet Möller.
Erst wenn nur noch der Rohbau steht, beginnt der Abbau der Fassaden. Dann werden Etage um Etage die 130 bis 160 Kilo schweren Glaselemente abgehängt. Weil aus technischen Gründen kein Gerüst angebracht werden darf, kommen Hebebühnen wie bei Fensterputzern zum Einsatz, die die Fassadengläser nach unten bringen. Zeitgleich werden die Schadstoffe demontiert und aus dem Turm gebracht – denn wenn der Rohbauturm ohne Fassade steht, sollen keine davon mehr verbleiben.
Im nächsten Schritt werden Minibagger auf die Etagenebenen gehoben, die mit Armen und Zangen die Glasaufhängungen aus Aluminium abreißen. Am Ende wird der Rohbau mit Baggern abgeknabbert.
Mit einem mächtigen Kran werden aktuell übers Dach abgebrochener Putz sowie Steine aus der Fassade aus den Etagen 16 und 17 weggebracht und unten abgekippt, bevor sie in Containern abtransportiert werden. „Rund 25.000 Euro kostet der ausgeliehene Kran in der Woche“, sagt Oehm. „Wenn er nicht gebaucht wird, wird er wochenweise an die Verleihfirma zurückgegeben“, ergänzt Möller.
Im ehemaligen Saturn im Erdgeschoss, der einst Teil der Shopping-Mall war, werden die mit Asbest, künstlicher Mineralwolle und anderen Schadstoffen belasteten Abfälle aus dem Turm bereitgestellt, also zwischengelagert, bevor sich durch Entsorger abtransportiert werden. „Von der SGD Süd und der Umweltbehörde haben wir die Erlaubnis, das schadstoffhaltige Material hier bereitzustellen“, erklärt Möller. „Hier liegen Dichtungsringe, Rohrleitungen, Dichtungsmaterialien und Brandschutztüren“, ergänzt Oehm. „Diese werden weiter zerlegt, um die Menge an Schadstoffmüll gering zu halten.
Sortenreiner Rückbau
Glas, Aluminium, Kupfer und andere Wertstoffe aus dem Turm sowie die 115 Tonnen Betonabbruch werden sortenrein zurückgebaut. Entsprechend dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gehen die Stoffe wiederverwertet in die Industrie zurück.
„Auch 115 Tonnen schadstofffreier Betonabbruch aus dem Turm werden im Straßenbau wiederverwendet“, erklärt der projektleitende Ingenieur Peter Oehm. Nach einer neuen Bundesverordnung muss selbst der Estrich gesondert der Kreislaufwirtschaft zurückgeführt werden.
Beim Rundgang durch Gebäude ist nur zu erahnen, wie viel Platz hier nach dem Rückbau entstehen wird – Platz für die neue Stadtstraße, auch Helmut-Kohl-Allee genannt. Das Rathaus-Center wird abgerissen, weil dort eine ebenerdige und verschwenkte Trassenführung der Stadtstraße entsteht, die es erlaubt, Abriss und Straßenbau gleichzeitig und damit zeiteffizient durchzuführen.
Den vollständigen Abriss des Rathaus-Centers hatte der Stadtrat im Mai endgültig beschlossen, nur die drei linken Stadträte stimmten dagegen. Denn dieser sowie der Bau der Stadtstraße für die Hochstraße Nord und der Lückenschluss der Hochstraße Süd greifen ineinander. Würde einer dieser Bauschritte wegfallen, wäre der gesamte Ablauf gestört, die Projekte würden zeitlich verzögert fertiggestellt und die Kosten würden in die Höhe getrieben. Zudem ist der Erhalt gegenüber dem Rückbau unwirtschaftlich: Der Rathaus-Turm war bei Brandschutz und Gebäudetechnik auf dem Stand der 70er. Laut einem Planungsbüro wäre die Sanierung teurer geworden als Abriss von Rathaus und Rathaus-Center.
Verzögerungen
Der Rückbau des Rathausturms und Centers liegt nicht ganz im Zeitplan, was derzeit in der Baubranche fast obligatorisch ist. Denn inflationsbedingt steigen die Preise im Baugewerbe und es kommt zu Unwägbarkeiten. Baufirmen springen etwa kurzfristig ab. So ist auch die Firma für den Fassadenrückbau abgesprungen, weshalb der wichtige Schritt beim Gebäuderückbau neu ausgeschrieben wurde.
Hinzu kam der Vandalismusschaden im März, wodurch drei Kubikmeter Wasser ins Gebäude eintraten. Dies beeinträchtigt immer wieder die Fahrstuhlelektronik, was die Abläufe auf der Baustelle stört – vor allem den Abtransport der abgebrochenen Materialien nach unten.
In den nächsten zwei bis drei Wochen werden Ingenieure, Bauleitung, Fachingenieure, Mitarbeiter der Bauprojektgesellschaft sowie die Bauleitungsmitarbeiter in die neu bereitgestellten Container auf dem Gelände umziehen. jg
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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