Flutkatastrophe: DLRG Neuhofen im Einsatz
"So etwas habe ich noch nie erlebt"
Neuhofen. Eigentlich hatten sich die Einsatzkräfte der DLRG Ortsgruppe Neuhofen auf die möglichen Einsatzlagen in unserer Region vorbereitet. Der vor der Haustür liegende Rhein lag bis zum Mittwochabend im Fokus der Wasserretter. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Kräfteanforderung aus der Eifel auch Neuhofen erreichte.
Tobias Stuhlfauth, der stellvertretende technische Leiter der DLRG Ortsgruppe Neuhofen überprüfte gerade die Stellen am Rhein, an denen die Einsatzkräfte normalerweise die Einsatzboote ins Wasser bringen. Die Ortsgruppe bereite sich mit Ihren Einsatzkräften auf mögliche Hochwasserlagen am Rhein vor. Die Lage am Rhein war noch entspannt, auch wenn das Wasser stieg. Aber es stieg langsam, so dass ein unmittelbarer Einsatz nicht zu erwarten war. Jedenfalls nicht am Rhein.
Am vergangenen Mittwoch kommt der Alarm
Der Einsatzauftrag kam aus einer anderen Region aus Rheinland-Pfalz. Am Mittwochabend, 14. Juli, gegen 21 Uhr, wurde die DLRG Ortsgruppe Neuhofen dann alarmiert. Von der Koordinierungsstelle des Landesverbandes wurden dringend Strömungsretter, also speziell ausgebildete und ausgestattete Einsatzkräfte für den Einsatz in fließenden Gewässern für einen Einsatz in der Eifel angefordert. Zusammen mit den Ortsgruppen aus Ludwigshafen-Oggersheim und Landau verlegten die alarmierten Kräfte im Konvoi mit Sonderrechten zunächst in Richtung des etwa 180 Kilometer entfernt liegenden Schweich an der Mosel.
Ein Seniorenheim in Kordel muss evakuiert werden
Über Handy und Funk konnten die Helfer sich bereits auf der Fahrt über die Lage vor Ort informieren und wurden über das eigentliche Einsatzgebiet, die kleine Gemeinde Kordel, informiert. Bereits beim Eintreffen vor Ort traf der Konvoi rund 200 Meter vor Kordel auf unzählige wartende Rettungsfahrzeuge, die zur Aufnahme evakuierter verletzter Personen bereitstanden. Der Einsatzauftrag der Strömungsretter aus der Pfalz lautete, ein Seniorenheim zu evakuieren und die Menschen aus der Gefahrenzone zu verbringen. Die Zahl der Menschen war nicht bekannt. „Man konnte zusehen, wie das Wasser ständig und schnell stieg“, berichtet Frank Markgraf, der in dem Einsatz unter anderem als Verbindungsperson zu den Führungskräften vor Ort fungierte, von der Lage vor Ort. Dadurch war auch in kürzester Zeit eine Rettung von der einen Seite nicht mehr möglich und die Einsatzfahrzeuge mussten aus dem sich schnell mit Wasser zuströmenden Bereich entfernt werden.
Über Umwege und etliche Straßensperren gelangten die Einsatzkräfte dann an den rückwärtigen Bereich des Seniorenheims. Eine Evakuierung in das Bürgerhaus, so wie es eigentlich vorgesehen war, war unmöglich, da auch dieser Bereich bereits geflutet war. In der Zwischenzeit waren Einheiten der Bundeswehr mit wartfähigen Fahrzeugen eingetroffen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die DLRG-Einheiten schon viele bettlägerige Menschen evakuiert. Mit Unterstützung der Bundeswehr gelang es anschließend die übrigen Menschen im Seniorenheim und anschließend auch aus dem Bürgerhaus zu retten.
Rettungsaufträge im Sekundentakt
An Pausen war nicht zu denken. Im Sekundentakt kamen die Aufträge zur Rettung von Menschen aus ihren Häusern. Eine besondere Schwierigkeit und Herausforderung. „Es war dunkel. Strom und Licht waren nicht vorhanden und zudem waren wir ortsunkundig“, fasst Markgraf kurz die Problematik vor Ort zusammen. An eine Ablösung war ebenfalls zu dem Zeitpunkt noch nicht zu denken. Also blieben sie im und am Wasser. Dann überschlugen sich die Meldungen. Im Sekundentakt. Von Menschen im Wasser über zu rettende Personen in den Häusern. Es gab aber auch Situationen, die bei den Lebensrettern zu Kopfschütteln führte. „Da ihr kranker Hund im Haus sei, wollte eine Frau nicht aus ihrem raus“, berichtet Markgraf von einer schwierigen Rettung. Markgraf weiter: „Das Wasser stieg unaufhörlich und sie musste schnellstmöglich aus dem Haus raus“. Letztlich musste die Polizei sie davon überzeugen, dass das Haus geräumt werden müsse.
Einsatzende nach knapp 18 Stunden
In dem ganzen Chaos und Elend gab es aber auch tolle Momente. An einer erhöhten, trockenen Stelle stand ein Sonnenschirm mit Getränken und Süßigkeiten für die Helfer. Und einem Schild. „DANKE“ stand in großen Lettern darauf. Der Einsatz für die Wasserretter aus Neuhofen endete nach knapp 18 Stunden zu Hause.
Erst nachdem er im Fernsehen Bilder von der Situation vor Ort gesehen hat, wurde Frank Markgraf das Ausmaß und die Gefahren, in denen sich die Lebensretter ebenfalls befunden hatten, bewusst. Im Wasser trieben gefährliche Gegenstände und Substanzen. Was unter Wasser war, konnte nicht erkannt werden. „Wir können froh sein, dass unsere Kräfte wohlbehalten wieder zu Hause angekommen sind“, resümierte Markgraf nach dem Einsatz.
Und parallel bereiten sich die Kräfte weiterhin für mögliche Einsätze am Rhein vor. Eine große Hoffnung hat Frank Markgraf und die anderen ehrenamtlichen Wasserretter aus Neuhofen: „Hoffentlich müssen wir bei uns nicht ausrücken“. „Wir stehen aber im Fall der Fälle bereit“, schreiben die Lebensretter aus Neuhofen auf Ihrer Facebook-Seite, „- versprochen“! ps
Autor:Tim Altschuck aus Kaiserslautern |
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