Besser als ihr Ruf: Gedruckte Zeitungen sind nachhaltig und umweltschonend
Von Roland Kohls
Klima konkret. Gedruckte Zeitungen und vor allem die kostenlosen Anzeigenblätter mit ihren Prospekten genießen keinen guten Ruf. Sie schadeten der Umwelt, heißt es. Doch das stimmt nicht: Sie sind im Gegenteil nachhaltig und umweltschonend - und darüber hinaus für viele Menschen als einzige Informationsquelle über das lokale Geschehen unverzichtbar.
Genutzt werden die Anzeigenblätter entgegen den Vorurteilen nicht nur von älteren Manschen. Bei der Wahl zwischen gedrucktem Anzeigenblatt und digitalen Alternativen entscheiden sich 69 Prozent der Anzeigenblattleser klar für die gewohnte Printversion. Auch bei Prospekten favorisieren immerhin 62 Prozent der deutschen Bevölkerung die Variante auf Papier. Nur zwölf Prozent bevorzugen Newsletter oder Apps.
Das ergab die BVDA-Leserakzeptanzstudie aus dem Jahr 2022, die das Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt hat. Eine Gesellschaft, die ganz auf digitale Technik setzt, birgt zudem die Gefahr, Bevölkerungsgruppen auszuschließen. Insbesondere ältere Menschen sowie Bevölkerungsgruppen in ländlichen Gebieten oder mit geringem Einkommen haben nicht immer Zugang zum Internet oder finden sich teilweise im Netz nicht zurecht.
Für die Wochenblätter stirbt kein einziger Baum
Zeitungen sind in der Regel auf Recyclingpapier gedruckt. Im Durchschnitt können Papierfasern bis zu zwölf Mal recycelt werden. 79 Prozent des verbrauchten Papiers werden wieder erfasst und dem Kreislauf zugeführt, so der Verband Die Papierindustrie. Daraus entstehen dann neue Produkte, wie eben kostenlose Wochenzeitungen und Werbeprospekte. Beim Rest handelt es sich um Papiere, die wie etwa gebrauchtes Toilettenpapier oder verschmutzte Pizzakartons nicht mehr recycelt werden können. Es sind aber auch Akten oder Bücher, die dauerhaft ihren Platz in Archiven oder Regalen finden.
Und auch wenn für die Papierherstellung weiterhin Holz benötigt wird: Dafür stirbt kein einziger Baum. Das Holz stammt in Europa überwiegend aus Sägewerksabfällen oder Durchforstungsholz, sprich: schwächere Bäume die aus dem Wald genommen werden, um den übrigen Bäumen bessere Wachstumschancen zu geben. Wertvolles Stammholz wird für andere Industriezweige wie die Möbelindustrie verwendet. Auch Zellstoff aus dem außereuropäischen Ausland, der für die Papierherstellung in Deutschland eingesetzt wird, stammt ausschließlich von nachhaltig bewirtschafteten Flächen, wenn also mindestens so viele Bäume gepflanzt wie gefällt werden.
Mit über 90 Prozent stammt die große Mehrheit der Holzfasern, die von der europäischen Papierindustrie verwendet werden, aus Europa selbst. In Europa werden jedes Jahr 33 Prozent mehr Bäume nachgepflanzt als gefällt, so der Confederation of European Paper Industries.
Von 2005 bis 2020 haben sich die europäischen Wälder laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAOSTAT) um 58.390 Quadratkilometer vergrößert. Dies entspricht einem täglichen Wachstum von 1.500 Fußballfeldern. Dabei wird auch darauf geachtet, dass die Vielfalt der Baumsorten stetig wächst, um einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten und den Wald klimaresilient zu machen. Rohstoffe aus Gebieten wie Indonesien, in denen Regenwald gerodet wird, kommen in der deutschen Papierindustrie nicht zum Einsatz. Zusätzlich stellt auch die Europäische Holzhandelsverordnung sicher, dass kein Holz oder Zellstoff aus illegalem Einschlag nach Europa importiert wird.
Recyclingpapier spart Energie und Wasser
Kostenlose Wochenzeitungen bestehen wie die ihnen beigelegten Werbeprospekte und andere gedruckte Zeitungen in der Regel vollständig aus Recyclingpapier. Bei der Produktion von Recyclingpapier können in der Herstellung im Vergleich zu Frischfaserpapier etwa 50 Prozent Energie und knapp 70 Prozent Wasser eingespart werden, sagt das Bundesumweltamt. Zudem entstehen weniger CO2-Emissionen und Abfall.
Bei durchschnittlicher Nutzung digitaler Endgeräte werden pro Person in Deutschland 739 Kilogramm Kohlendioxid oder etwa sieben Prozent am gesamten CO2-Fußabdruck eines Menschen ausgestoßen. Alle Druckerzeugnisse zusammen machen nach Angaben des Bundesverbandes Druck und Medien (bvdm) dagegen weniger als ein Prozent des Kohlendioxid-Fußabdrucks einer durchschnittlichen Person in Deutschland aus.
Auch beim direkten Vergleich zeigen Studien, dass digitale Angebote nicht per se den gedruckten Erzeugnissen vorzuziehen sind. Es kommt immer auf die individuelle Nutzungsweise an, so das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) / Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT. Zudem werden für die Herstellung der benötigten Hardware wertvolle Bodenschätze wie Seltene Erden benötigt, die schwer zu recyceln sind.
Klima konkret
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Doch wo betrifft das konkret unsere Alltag? Was können wir tun, um bewusster zu leben und dabei gleichzeitig Ressourcen zu schonen? Und wie kann ein nachhaltiger Lebensstil begeistern, statt eine Last zu sein? Diese und weitere Fragen will die Wochenblatt-Serie Klima konkret beantworten. Alle zum Thema bereits veröffentlichten Beiträge finden Sie auch auf www.wochenblatt-reporter.de/tag/klima-konkret
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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