Atemwegspflege senkt das Infektionsrisiko
Durch die Nase atmen

Die Schleimhäute der Atemwege funktionieren wie Förderbänder. Foto: creativeneko/stock.adobe.com
  • Die Schleimhäute der Atemwege funktionieren wie Förderbänder. Foto: creativeneko/stock.adobe.com
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von Viola Vogel

Coronavirus. Ein Blick in die Biologie zeigt, dass uns neben der Handhygiene noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um das Risiko einer schweren Infektion mit dem Coronavirus zu reduzieren, schreibt Viola Vogel, Professorin für Angewandte Mechanobiologie an der ETH Zürich.

Wir alle wissen, wie wichtig eine gute Handhygiene und Abstand halten sind, wenn wir uns und andere vor einer Ansteckung mit dem neuen Coronavirus schützen wollen. Dies sind zielführende Maßnahmen, um die Epidemie zu dämpfen und so unser Gesundheitssystem zu entlasten, damit genügend Behandlungskapazität zur Verfügung steht für die verletzlichsten Personen unserer Gesellschaft.
Um die Schwere des Krankheitsverlaufs zu beeinflussen, stehen uns jedoch noch weitere Maßnahmen zur Verfügung: Einen wesentlichen Beitrag leisten können nämlich auch eine bewusste Pflege des Rachenraums sowie alles, was die Selbstreinigungskräfte der Atemwege unterstützt. Dieser Aspekt wird in den nächsten Wochen immer wichtiger werden. Denn je mehr sich das Virus bei uns ausbreitet, desto weniger lässt sich verhindern, dass wir mit ihm in Berührung kommen, und desto wichtiger wird es sein, dass möglichst wenige der Viruspartikel in die Lunge gelangen und dort Entzündungsreaktionen hervorrufen.
Unser Körper bekämpft Viren generell nicht nur mit spezifischen Antikörpern, sondern nutzt noch eine ganze Reihe weiterer Abwehrmechanismen, die unspezifisch und daher bereits beim ersten Kontakt selbst mit einem neuen Erreger wirken. Ein Blick in die Biologie hilft, diese körpereigenen Mechanismen zu nutzen und zu fördern: Was geschieht auf der Reise des Coronavirus durch unseren Körper, bevor es unsere Zellen befällt? Und wie gelangt das Virus in die Lunge?

Fließband zur Reinigung der Atemwege

Nach dem gegenwärtigen Wissensstand verbreitet sich das Coronavirus vor allem über Tröpfchen. Dies geschieht, wenn eine infizierte Person von kleinsten Wassertröpfchen umgebene Viren ausatmet und ein weiterer Mensch in seiner Nähe diese gleich wieder einatmet. Diese Tröpfchen bleiben entweder an den Schleimhäuten der Nase, des Rachenraums oder an den Wänden der Luftröhre und Bronchien haften.
Damit sich das Virus vervielfältigen kann, muss es dort eine Schleimhautzelle befallen. Dieser Schritt erfordert Zeit. Dabei multipliziert das Virus seine genetische Information, stellt eine große Menge neuer Viruspartikel her und lässt die Wirtszelle platzen, wodurch die Viruspartikel freigesetzt werden. Über mehrere Vermehrungszyklen kann sich das Virus so weiter in den Atemwegen bis tief in die letzten Verzweigungen der Lunge ausbreiten.
Die Atemwege besitzen allerdings äußerst wirksame Selbstreinigungsmechanismen: Ihre Wände bestehen aus Zellen mit winzigen Flimmerhärchen auf denen eine dünne Schleimschicht liegt. Diese Härchen bewegen sich synchron im Kreis und transportieren so den Schleim wie auf einem Fließband langsam von den Bronchien in den Rachenraum hoch. Auch die im Schleim abgelagerten Partikel werden so aus den Atemwegen rausgeschafft. Dieses zellgetriebene Fließband gerät allerdings ins Stottern, wenn der Schleim zu zähflüssig oder die Schleimschicht zu dick wird.
Eine letzte unspezifische Abwehrfront gegen Viren in der Lunge sind schließlich die Fresszellen des Immunsystems, die in den Lungenbläschen sitzen. Ihre Aufgabe ist es, die Lunge sauber zu halten. Dabei unterscheiden die Fresszellen nicht zwischen Krankheitskeimen und Schadstoffen aus der Umwelt. Allerdings ist ihre Kapazität begrenzt. Je mehr Zeit sie damit verbringen müssen, Feinstaub und andere Partikel aus den Lungenbläschen zu entfernen, desto stärker ist ihre Effizienz zur Virusreduktion eingeschränkt.

Mit Zusatzmaßnahmen Virenzahl reduzieren

Es ist wichtig zu realisieren, dass wir nicht unbedingt beim ersten Einatmen eines Viruspartikels infiziert werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion steigt mit der Zahl der Viren an – die Dosis an Viren ist also entscheidend. Bereits das Atmen durch die Nase reduziert die Zahl der Viren, die in den Mund und Rachenraum gelangen. Solange sich die Viren dann in unserem Rachenraum befinden, lässt sich ihre Zahl mit verschiedensten antiviral wirkenden Mundspülungen reduzieren. Auch bewährte Hausmittel wie Gurgeln und heißen Ingwertee trinken, mit denen wir frühe Symptome einer Grippe bekämpfen, haben dabei durchaus ihre Berechtigung. Um die Schleimschicht in unseren Atemwegen dünnflüssig zu halten und somit das zelluläre Reinigungsfließband effektiv nutzen zu können, ist das regelmäßige Inhalieren von Wasserdampf hilfreich. Und um die Fresszellen in den Lungenbläschen möglichst effizient Viren bekämpfen zu lassen, hilft es, sich keinen anderen Umweltschadstoffen wie Feinstaub auszusetzen und auch auf das Rauchen zu verzichten.
Wir sehen also: Auf allen Stufen, von der Nase zum Rachen, über die Bronchien bis tief in die Lunge lässt sich die Zahl der Viren durch kleine Zusatzmaßnahmen reduzieren. Und diese Zahl der Viren ist entscheidend, ob es zu einer Lungeninfektion kommt oder nicht.
Wir sind dem Coronavirus nicht hilflos ausgeliefert. Jede und jeder von uns kann einen Eigenbeitrag leisten, das Virus in Schach zu halten.

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Autor:

Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen

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