Leitzins: Was bedeutet die Erhöhung des Leitzinses?

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Was der Leitzins ist und was das für Verbraucher:innen bedeutet hat die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zusammen gestellt.
Infolge der hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen am 27. Oktober 2022 erneut um 0,75 Prozent angehoben. Der wichtigste EZB-Leitzins liegt somit aktuell bei 2 Prozent. Dadurch soll die Inflation sinken. Was ist der Leitzins und was bedeutet das für Verbraucher:innen?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) steigen.
  • Aktuell liegt der wichtigste Leitzins der EZB bei 2,0 Prozent. Der Zins, zu dem Banken Geld bei der EZB anlegen können, liegt bei 1,5 Prozent.
  • Es dauert in der Regel ein paar Monate bis die Zinserhöhung wirkt.
  • Kaum eine Branche ist so vom Zinsniveau abhängig wie die Immobilienbranche.

Nach den ersten beiden Leitzinserhöhungen im Juli und September 2022, hat die Europäische Zentralbank (EZB) entschieden, den Leitzins im Oktober abermals anzuheben. Zuvor bleiben die Zinsen Jahrelang unverändert auf einem niedrigen Niveau. Seit dem 27. Oktober 2022 liegt der Leitzins der EZB bei 2 Prozent. Er wird fällig, wenn sich Banken Geld von der Zentralbank beschaffen. Möchten Kreditunternehmen ihr Geld bei der EZB parken, bekommen sie seit dem 27. Oktober 2022 1,5 Prozent Zinsen. Für Verbraucher:innen bedeutet die erneute EZB Zinserhöhung steigende Zinsen fürs Sparen oder Finanzieren.


Was ist der Leitzins?


Auch wenn es mit dem Hauptrefinanzierungssatz, dem Spitzenrefinanzierungssatz und dem Einlagenzins eigentlich drei Leitzinssätze gibt spricht man der Einfachhalt halber nur vom Leitzins und meint damit meist den Hauptrefinanzierungssatz. Dieser legt fest, zu welchem Zinssatz Kreditinstitute bei der Zentralbank Geld leihen können.

Die Europäische Zentralbank soll mit ihrer Zinspolitik vorrangig das Ziel der Preisniveaustabilität verfolgen. Da sich Preise in einer Marktwirtschaft jedoch auf Basis von Angebot und Nachfrage bilden und nicht von einer staatlichen Behörde festgelegt werden, kann die EZB nur indirekt durch den Zins Angebot und Nachfrage und somit die Preisentwicklung beeinflussen.

Da Geschäftsbanken aber auf der Grundlage der Leitzinsen arbeiten hat die EZB dennoch großen Einfluss auf die allgemeine Zinsentwicklung. Schon Äußerungen der EZB, dass sie in Zukunft die Zinsen weiter erhöhen wird, führen dazu, dass die Zinsen bereits steigen bevor die Erhöhung beschlossen wird.

Mit dem Zusammenschluss zum Euroraum wurde die EZB zur Zentralbank der Mitgliedsländer. Viele Kompetenzen der nationalen Zentralbanken gingen an die EZB. Dabei ist die EZB weisungsunabhängig, also nicht durch die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union kontrolliert.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung der EZB auf mich?

Bauzinsen
Die Höhe der monatlichen Rate bei Immobilienfinanzierungen hängt ganz erheblich vom Zinsniveau ab. Seit Beginn des Jahres 2022 sind die Bauzinsen bereits kräftig gestiegen. Seit Januar haben sie sich von knapp 1 Prozent auf etwa 4 Prozent erhöht. Betroffen von der Zinssteigerung sind nicht nur Menschen, die sich ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen. Auch Kund:innen, die bereits aufgenommene Darlehen umschulden müssen oder bei denen nach dem Ende der Zinsbindung eine Anschlussfinanzierung ansteht, merken die Auswirkungen auf die monatliche Rate der Immobilienfinanzierung.

Wenn Sie noch vor dem Immobilienerwerb stehen, ist nun eine sorgsame Planung umso wichtiger. Hier finden Sie einenText zum Thema, wie Sie berechnen können, welche Kreditsumme Sie sich leisten können.

Sparen
Bei steigenden Zinsen werden neu angelegte Zinsanlagen wie Tagesgeld, Festgeld oder Sparbriefe tendenziell rentabler. Vor der Zinswende, die am 21. Juli 2022 beschlossen wurde und am 14. September 2022 sowie am 27. Oktober mit weiteren Leitzinserhöhungen fortgeführt wurde, waren die Zinsen jahrelang bei null oder nur minimal darüber. Das niedrige Zinsniveau der vergangenen 10 Jahre war insgesamt vorteilhaft für Kreditnehmer und nachteilig für Sparer.

Besonders ärgerlich in der aktuellen Lage: Kreditinstitute geben Zinserhöhungen im Kreditgeschäft umgehend weiter, während sie die Einlagenzinsen nicht oder nur ganz langsam erhöhen. Sie können natürlich die Bank wechseln, aber ebenso ist es Ihr gutes Recht, sich Ihrem Unmut über eine solche Geschäftspolitik Luft zu verschaffen, indem Sie sich bei der Geschäftsführung und ihren Kontroll-Organen (die Verwaltungsräte der Sparkassen finden Sie im jeweiligen Jahresbericht) darüber beschweren. Bei Spareinlagen können Sie mit dem Zins für Dreimonatsgeld (Euribor) argumentieren, der derzeit immerhin bei rund 1,5 Prozentpunkten liegt (aktuelle Werte finden Sie bei der Bundesbank).

Derzeit liegen die Zinssätze trotz der Zinswende aber weiterhin deutlich unterhalb der Inflationsrate. Das bedeutet, dass die Anlage in sichere Zinspapiere mit einem Kaufkraftverlust verbunden ist. Das angelegte Geld vermehrt sich also nur auf dem Papier, ist aber real weniger wert. Dennoch können derartige sichere Anlagen bedarfsgerecht sein und damit Teil der Streuung im eigenen Portfolio sein. Bevor Sie Geld anlegen: Lesen Sie hier das kleine Einmaleins der Geldanlage.

Aktienmarkt
Oft wird behauptet, Zinserhöhungen seien Gift für die Aktienmärkte. Die Aussage ist aber in dieser Absolutheit nicht richtig. Es gibt keinen festen immer gültigen Zusammenhang zwischen Zinsentwicklung und Aktienkursen. In der Vergangenheit sind die Aktienmärkte auch schon auf breiter Front gestiegen, trotz steigender Zinsen. Ebenso verhält es sich beim bedeutendsten deutschen Aktienindex, dem DAX.

Lassen Sie sich vom kurzfristigen Auf und Ab an der Börse oder vermeintlichen Prognosen von Expert:innen nicht irritieren. Denn für Aktien und Aktienfonds sollte man sowieso einen langfristigen Anlagehorizont haben. Was wichtig ist für eine erfolgreiche Anlagestrategie in Aktien, lesen Sie hier.

Wieso wurde der Leitzins erhöht?

Die EZB möchte so die Inflation bekämpfen. Vereinfacht gesprochen geht das so: Wenn Zinsen steigen, werden Kredite teurer. Unternehmen investieren weniger und Verbraucher:innen kaufen weniger ein. Wenn die Habenzinsen steigen, sparen sie auch wieder mehr. In der Folge geht die Nachfrage zurück, was zu sinkenden Preisen oder zumindest zu weniger stark steigenden Preisen führt.

Im September 2022 lag die Inflation in Deutschland bei 10 Prozent. Das bedeutet, dass das Preisniveau im Vergleich zu September 2021 um 10 Prozent gestiegen ist.

Was hat der Leitzins mit Inflation zu tun?

Steigt das Preisniveau von Waren und Dienstleistungen allgemein, und nicht nur die Preise einzelner Produkte (wie derzeit zum Beispiel Energie und Lebensmittel), so bezeichnet man dies als Inflation. Gemessen wird die Inflation in einem bestimmten Zeitraum, oft im Vergleich mit den Preisen aus dem Vorjahr. Man nennt Inflation auch Teuerung oder Preissteigerungsrate. Entsprechend spiegelt Inflation die Abnahme der Kaufkraft wieder und somit den realen Wertverlust des Geldes.

Die Zentralbank versucht durch die Anpassung des Leitzinses indirekt Einfluss auf die Preise zu nehmen. Ein Anstieg des Leitzinses soll auch dazu führen, dass die Güternachfrage sinkt. Denn: Erhöht sich die Nachfrage bei gleichem oder abnehmendem Güterangebot, steigen die Preise. Das erleben Verbraucher:innen unter anderem am Preis für Gas und Lebensmittel – besonders seit Beginn des Ukrainekriegs und der Energiekrise.

Höhere Zinsen sollen dazu beitragen, Preise zu stabilisieren. Denn in der Theorie streichen Unternehmen Investitionsvorhaben, wenn Kredite teurer werden. Haushalte reduzieren den Konsum und sparen mehr. Angebot und Nachfrage ändern sich und ergeben einen neuen, in dem Fall niedrigeren Preis. Es dauert allerdings in der Regel ein paar Monate bis die Zinserhöhung wirkt. Für die Wirkung ist auch entscheidend, ob weitere Schritte folgen werden./ps

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Autor:

Kristin Hätterich aus Mannheim

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