Computer und Handy ziehen Kinder in "Corona-Ferien" magisch an
Mediennutzung nimmt zu
Medien. Morgens länger schlafen und nicht zur Schule gehen, Hausaufgaben im Kinderzimmer oder am Küchentisch erledigen, Mama und Papa im Homeoffice, kein Besuch von Oma und Opa: Das Corona-Virus wirbelt in diesen Wochen den Familienalltag gehörig durcheinander. Hinzu kommt, dass Medien auf Kinder derzeit noch mehr als sonst magische Anziehungskräfte ausüben. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännischen Krankenkasse berichten nahezu alle Eltern (95 Prozent), dass ihr Kind zwischen sechs und achtzehn Jahren PC, Smartphone und Co. während der “Corona-Ferien„ stärker nutzt als bisher. Bemerkenswert: Fast alle Mütter und Väter haben Verständnis dafür (93 Prozent).
Kinder haben Medien stärker im Visier
Kinder und Jugendliche nutzen Computer, Laptop und Tablet während der Corona-Auszeit daheim deutlich intensiver. Rund drei Viertel (74 Prozent) sitzen aktuell häufiger oder länger davor, um für die Schule zu arbeiten oder Videos anzuschauen. Noch stärker als ohnehin schon wird auch das Smartphone von der Mehrheit der Heranwachsenden für Chats, Telefonie und Surfen genutzt (54 Prozent). An dritter Stelle verstärkt verwendeter Medien stehen Streamingdienste (39 Prozent), gefolgt vom Klassiker Fernsehen inklusive Mediatheken (33 Prozent).
Auch mit Playstation und anderen Spielekonsolen verbringt aktuell gut jeder vierte Sechs- bis Achtzehnjährige mehr Zeit, wobei das vor allem auf die Jungen zutrifft (42 Prozent zu 16 Prozent bei Mädchen). Deutlichen Aufwind erfährt in diesen Ausnahmewochen auch das digitale Lernen. So werden Online-Lernplattformen von jedem vierten Heranwachsenden mehr als sonst genutzt.
Welche Medien favorisiert werden, hängt von der Altersstufe ab. Während die 15- bis 18-Jährigen verstärkt Computer und Smartphone nutzen, schauen die Jüngeren zwischen sechs und elf Jahren häufiger Fernsehen.
Digitale Medien für viele Eltern ein Glücksfall
Keine Frage: Das Corona-Virus hat nicht nur den Alltag aus den Angeln gehoben, es verändert vor allem auch den Umgang miteinander. Das gilt beispielsweise für die Reaktionen der Eltern im Hinblick auf die verstärkte Mediennutzung ihrer Kinder. Zu Streit dürfte es in den Familien deshalb zurzeit weniger kommen. Denn laut der Forsa-Umfrage finden es rund zwei Drittel der Eltern (64 Prozent) okay, wenn ihr Kind in der aktuellen Ausnahmesituation verstärkt vor dem PC sitzt oder fernsieht. Die Hälfte der Eltern schätzt am Smartphone oder PC, dass ihr Kind darüber mit Freunden in Kontakt bleibt, solange sie sich wegen der geltenden Kontaktsperre nicht treffen können. Und mehr als ein Drittel der Eltern (36 Prozent) betrachtet Medien zurzeit als echten Glücksfall, da sie sich wegen beruflicher Verpflichtungen oder Haushalt nicht rund um die Uhr mit ihren Kindern beschäftigen können. Das gilt vor allem für Alleinerziehende und jüngere Eltern. Jedem vierten befragten Elternteil sind die längeren Onlinezeiten ihres Kindes ein Dorn im Auge, werden aber notgedrungen akzeptiert.
Teil der freien Zeit in gemeinsame Medienzeit verwandeln
Die KKH rät Eltern, einen Teil der freien Zeit in gemeinsame Medienzeit zu verwandeln. Sie können ihren Kindern zeigen, was außer daddeln und posten mit Medien alles möglich ist. Medien bergen Schätze für die Persönlichkeitsentwicklung. Gemeinsam kann man zum Beispiel einen Film über ein fernes Land, eine fremde Kultur schauen und sich danach darüber austauschen. Das erweitert die Weltsicht von Kindern. Eltern können die Zeit auch gut nutzen, um sich über Medieninhalte zu informieren, mit denen sich ihre Kinder beschäftigen. Sprechen über Wirkungen von Inhalten, über Gefühle und Realitätsbezüge herstellen – das bietet Orientierung und fördert einen gesunden, reflektierten Medienumgang. Die Zeit kann auch genutzt werden, um Regeln zur Mediennutzung aufzustellen – besonders auch für den gegenwärtigen Ausnahmezustand. Eltern könnten gemeinsam mit ihrem Kind einen Medienvertrag erstellen, in dem für alle festgelegt wird, welche Medien und Inhalte wann wie lange genutzt werden dürfen. Nach der Corona-Krise sollten die Regeln aktualisiert werden.
Jugend hat Gesundheit im Blick
Beschäftigen sich Kinder und Jugendliche gebannt mit digitalen Medien, vergessen sie häufig, nach draußen zu gehen und sich zu bewegen. Zudem greifen sie während Fernsehfilm oder Onlinespiel gern zu Dickmachern wie Chips und Süßigkeiten. 16 Prozent der Eltern befürchten deshalb gesundheitliche Folgen. Überraschend: In etlichen Familien wird das Plus an freier Zeit genutzt, um Gutes für die Gesundheit zu tun. So nutzen 52 Prozent der Sechs- bis Achtzehnjährigen die Tage, um bewusst zu entspannen und mehr zu schlafen; das gilt besonders für Ältere sowie Mädchen.
Mehr als ein Drittel (38 Prozent) unternimmt mehr an der frischen Luft, in Gärten oder Parks – sofern keine Ausgangssperre besteht. Und rund ein Fünftel betätigt sich sportlich mehr, um sich körperlich fit zu halten und wohlzufühlen.
Digitale Medien sind nicht alles
Wohl nie zuvor wurden in den eigenen vier Wänden so viele Schulübungen absolviert und Lerninhalte bearbeitet wie seit den bundesweiten Schulschließungen durch das Corona-Virus (60 Prozent). Mit bestem Beispiel vorangehen hier die Neun- bis Elfjährigen (72 Prozent).
Aber auch andere Beschäftigungen sorgen für Abwechslung fernab digitaler Medien und Schule: So nutzen viele diese Wochen, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, zum Beispiel um Gesellschaftsspiele zu spielen und zu puzzeln (55 Prozent) oder Gespräche miteinander zu führen (42 Prozent). Auch mal wieder „Klar-Schiff-Machen“, aussortieren und aufräumen – allein oder mit Unterstützung – nimmt breiten Raum bei Kindern ein (41 Prozent). Mehr entdeckt werden in diesen Wochen auch Bücher, die Liebe zum Kochen und Backen oder Malen und Basteln (jeweils etwa ein Drittel). All das zeigt: Die Corona-Zeit birgt auch Chancen, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden.
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat 502 Eltern von Kindern im schulpflichtigen Alter zwischen sechs und achtzehn Jahren vom 20. bis 25. März im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse bundesweit repräsentativ befragt. ps
Weitere Informationen:
Weitere Informationen gibt es unter: www.kkh.de
Autor:Jessica Bader aus Mannheim |
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