Telefonbetrüger im Visier: Verbraucherzentrale zeigt, wie Sie sich schützen
Telefonbetrug: Falsche Microsoft Mitarbeiter, angebliche Familienmitglieder in Not oder Anrufe von vermeintlichen Kundenberatern: Die Liste an Betrugsmaschen am Telefon ist lang. Doch wie erkennt man eigentlich, ob am anderen Ende der Leitung ein Betrüger lauert und wie reagiert man richtig, wenn man einen unseriösen Anruf erhält? Andrea Steinbach, Juristische Fachberaterin im Fachbereich Digitales und Verbraucherrecht von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. informiert in einem Interview über die Methoden der Betrüger und wie man sich wirkungsvoll schützen kann.
???: Was sind die gängigsten Methoden, die Telefonbetrüger nutzen, um Vertrauen zu gewinnen?
Andrea Steinbach: Oft verwenden die Täter Techniken des Social Engineerings. Das heißt, sie geben sich als vertrauenswürdige Personen aus oder bauen eine Vertrauensbeziehung auf, um die Opfer zu Handlungen zu bewegen. So treten sie zum Beispiel als falsche Polizisten oder Bankangestellte auf. Außerdem wirkt es seriös, wenn die Täterinnen oder Täter bereits bekannte Daten der Opfer ins Spiel bringen, die sie vorher illegal ergaunert haben. Wird man beispielsweise direkt mit dem richtigen Nachnamen angesprochen, schafft dies Vertrauen.
???: Welche Schritte empfehlen Sie sofort, wenn jemand den Verdacht hat, mit einem Betrüger zu sprechen?
Andrea Steinbach: Die Betrüger versuchen den Verbraucherinnen und Verbrauchern häufig ein „Ja“ zu entlocken, um einen vermeintlichen Vertragsschluss herbeizuführen. Ein "Ja" in einem Telefonat zu vermeiden, wäre konsequent, ist ohne Konzentration aber kaum realistisch. Unsere Tipps: Beantworten Sie Fragen im ganzen Satz. Zum Beispiel: "Können Sie mich hören?" mit "Ich höre Sie". Sagen Sie dem Anrufer außerdem mit bestimmtem Ton, dass Sie kein Interesse haben. Im Zweifel legen Sie einfach auf.
???: Gibt es Anzeichen oder Fragen, die helfen, Betrüger am Telefon sofort zu erkennen?
Andrea Steinbach: Ein häufiges Merkmal von Fake-Anrufen ist die Verwendung einer automatischen Stimme am Telefon. Diese Stimme behauptet oft, im Namen offizieller Institutionen wie dem Bundeskriminalamt oder Europol zu sprechen. Angst und Dringlichkeit wirken oft als emotionale Hebel, indem behauptet wird, dass sofortiges Handeln erforderlich sei. Seien Sie besonders vorsichtig bei Anfragen nach Geld oder persönlichen Informationen. Egal, ob vermeintlicher Mitarbeiter eines Unternehmens oder Freundin des Enkels: Fragen Sie, woher der Anrufer Ihre Telefonnummer hat. Häufig werden die Anrufer da unsicher und erzählen unglaubwürdige Geschichten.
???: Welche Fehler machen Menschen häufig, wenn sie von Betrügern kontaktiert werden?
Andrea Steinbach: Sobald einem etwas merkwürdig vorkommt, sollte man sich nicht länger am Telefon „einlullen“ lassen und versuchen, das Gespräch zu beenden. Auf keinen Fall sollte man sich dazu hinreißen lassen, persönliche Daten am Telefon herauszugeben.
???: Welche Rolle spielt das Internet in Kombination mit Telefonbetrug, etwa durch personalisierte Betrugsanrufe?
Andrea Steinbach: Das Internet spielt eine große Rolle. Durch illegale Datenkäufe im Netz, das Darknet oder Datenlecks gelangen personenbezogene Daten auch in falsche Hände. Durch diese Daten können Betrugsanrufe personalisiert werden.
???: Gibt es eine Möglichkeit, sich vor KI-Betrugsanrufen zu schützen und wie kann man diese entlarven?
Andrea Steinbach: Er empfiehlt sich, ein geheimes Codewort mit Familienmitgliedern und Freunden zu vereinbaren, das bei verdächtigen Anrufen abgefragt werden kann und nur Familienmitglieder/Freunde wissen können. Die Berliner Zeitung berichtete über eine Frau, die durch einen ähnlichen Trick die Betrüger entlarvte: „Da kam ich auf die Idee, meine Tochter etwas zu fragen, was nur sie wissen kann: wie ihr erstes Zwergkaninchen hieß. Ich erhielt keine Antwort. Da war dann auch der letzte Zweifel weg, dass es sich um einen Betrug handelt.“
???: Wie können besonders ältere Menschen oder andere gefährdete Gruppen besser geschützt werden?
Andrea Steinbach: Tatsächlich sind diese Gruppen besonders anfällig für Schockanrufe o.ä. Hier hilft aktuell nur Aufklärung und Prävention. Man sollte mittlerweile dazu raten, keinen Telefonbucheintrag vorzunehmen, damit die Nummern nicht öffentlich verfügbar sind. Verwenden Sie am besten eine „Whitelist“ (Liste erwünschter Anrufer) für eingehende Anrufe! Da kann man sich von Freunden oder Kindern beim Einrichten helfen lassen. Steht die Rufnummer des Anrufers nicht auf der "Whitelist", beendet das System den Anruf automatisch.
???: Gibt es technische Hilfsmittel oder Apps, die Sie zur Betrugsprävention empfehlen?
Andrea Steinbach: Speziell für Telefonanrufe sind mir noch keine bekannt. Erkennt man, dass man von Betrügern angerufen wird, finde ich dieses Tool mit dem Namen "KI-Bot Daisy" interessant. Dabei handelt es sich um virtuelle KI-Seniorin, die Scam-Anrufe bekämpft.
???: Haben Sie konkrete Beispiele, wie präventive Maßnahmen Menschen bereits vor einem Betrug bewahren konnten?
Andrea Steinbach: Wir von der VZ betreiben viel Aufklärungsarbeit, geben Webseminare und auch Vorträge zu diesen Themen. Ein konkretes Beispiel betrifft keinen Scam-Anruf, jedoch habe ich kürzlich einen Vortrag über Fake Shops im Internet gehalten und so konnte ich eine Teilnehmerin davor bewahren, bei einem Fake Shop für Heizöl zu bestellen. Zum Glück hatte sie den geforderten Betrag noch nicht überwiesen. Fake Shops kann man mit unserem Fake Shop Finder entlarven.
Autor:Stephanie Walter aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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