Wann ist die Kalte Sophie? Wetterphänomen, Mythos, zeitlose Gärtnertipps
wann ist die kalte Sophie. Als Eisheilige gab die kalte Sophie den Bauern in Deutschland und Europa über Jahrhunderte hinweg Orientierung: Bauernregeln warnten vor Sophies Frost.
Nach der Aufklärung als mittelalterliche Spinnerei abgetan und angesichts des Klimawandels längst nicht jedes Jahr Mitte Mai in Form von Frost spürbar, halten sich die Eisheiligen bis heute nur noch als kulturelles Erbe. Dabei sind die altbewährten Regeln der Bauern bis heute durchaus anwendbar. Dieses Jahr ist die kalte Sophie am 15. Mai 2024.
Mit der kalten Sophie am 15. Mai enden die fünf Frosttage mit den Namen Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius, Sophie, die jährlich zwischen dem 11. Mai und dem 15. Mail als Wetterphänomen auftreten. Dabei beendet die Kalte Sophie mit Bonifatius die kalten Tage ausschließlich in Süddeutschland, während die beiden Heiligen Mamertus und Pankratius dort eher unbekannt sind. Diese beiden Herren gibt es wiederum eher in Norddeutschland, wo Sophie und Bonifatius zu Beginn der Frosttage wegfallen. Der simple Grund: Die kalte Luft und damit das kalte Wetter braucht ein bis zwei Tage, um über Deutschland zu ziehen. Die Kerneisheiligen Pankratius, Servatius und Bonifatius sind in weiten Teilen der Republik bekannt.
Neben der meteorologischen Singularität, also mit dem mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagbaren Phänomen, sind also zudem regionale Unterschiede zu beobachten. Auch in anderen Ländern Europas gibt es Sophia, wie etwas in der heutigen Türkei.
Wetterphänomen "Kalte Sophie"
Kälteeinbrüche Mitte Mai mit Frost oder Nachtfrösten setzten im Frühmittelalter, besonders während der ausgehenden letzten kleinen Eiszeit, den Ernten und damit den Menschen stark zu. Denn die Kälte zu den sogenannten Eisheiligen wurde nach der Eiszeit durch Abdriften von Eisbergen aus dem Nordmeer verstärkt. Das kam zu der kalten Polarluft hinzu, die an diesen Tagen aus der Arktis heute noch bis zu den Alpen vordringt. Der gängigen Meinung der Meteorologie entsprechend erklärt die Polarluft das heutige Phänomen.
Aber auch im Spätmittelalter sind kalte Einbrüche des Wetters belegt: 1750 gab es an der Kalten Sophie in der Mark Brandenburg sogar Schnee.
In den letzten Hitzejahren sind die Eisheiligen oft ganz ausgeblieben. Teils kam es zu Verschiebungen und damit zu relativ kaltem Wetter mit kühler Luft schon Anfang Mai. So war auch der Mai 2022 im vergangenen Jahr sommerlich warm, mit Ausnahme der ersten Maitage mit Regen und Kälte. Die Eisheiligen 2022 zeigten sich früh. Der Mai 2022 war keine Ausnahme: Auch 2019 und 2021 war es Anfang Mai kalt, die Temperaturen sanken unter Null und es gab Nachtfrost.
In vielen Fällen waren die frostigen Heiligen auch ein bis zwei Wochen später dran. Manche Experten sehen den Grund darin, dass die Kälteeinbrüche sich mit der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1582 um eine Woche verschoben haben: Weil die Eisheiligen nach dem Julianischen Kalender davor auf Mitte Mai lagen, habe man sie heute Ende Mai zu erwarten. Andere schreiben die Verschiebung der Heiligen Richtung Ende Mai dem Klimawandel zu. Denn eigentlich liegen auch nach der Gregorianische Kalenderreform in Wetter-Büchern genügend Daten über Eisheilige um den 15. Mai vor. Dagegen sprechen auch die Fröste vor dem ersten Mai, wie etwa die Eisheiligen 2022.
Fest steht: Bei den milden Kältelufteinbrüchen in den letzten zehn Jahren gab es kaum Frost. Die Prognose des Wetterdiensts angesichts der Wetterdaten aus dem letzten Jahrzehnt: Die Wahrscheinlichkeit für einen Kaltluftabfall Mitte Mai 2023 liegt bei 50 Prozent. Der Hauptgrund ist der Klimawandel. Mit dem Temperaturanstieg zeigen sich auch die Frosttage weniger kalt. Zudem verschieben die unsteten Schwankungen des veränderten Klimas die Heiligen mal um einige Tage nach vorne oder hinten.
In Gebirgslagen gibt es etwa zu Pankratius, Servatius immer noch ein erhöhtes Risiko für Bodenfrost in der Nacht oder tagsüber.
Kalte Sophie ̶ Patronin der Ackerfrüchte: Woher der Name kommt
Vom Christentum in ihrem Glauben geprägt war Sophia aus Rom eine Märtyrerin, die um 305 als junge Frau Opfer der Christenverfolgung in Rom wurde. Sie wurde nach ihrer Heiligsprechung durch die katholische Kirche zur heiligen Sophia. Anfang Mai beteten die Menschen im Mittelalter zu den Heiligen wie Mamertus, Servatius oder Sophia, um von ihnen Schutz vor Frost und Hilfe für gute Ernten zu erbeten. Sie waren auch unter dem Namen "gestrenge Herren" bekannt. In Bauernkalendern und Büchern standen an ihrem Namenstag Tipps für Garten und Ackerbau. Man säte in der Regel vor diesen Tagen nichts aus. So hieß es in Norddeutschland: "Servaz muss vorüber sein, willst Du vor Nachtfrost sicher sein".
Während High Tech, Wissenschaft und somit Erfahrungswerte in Form komplexer Daten fehlten, sammelte man jahrhundertelang Wetterbeobachtungen. Alte Bauernregeln gaben Orientierung: "Vor Nachtfrost Du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist", "Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz", "Pankrazi, Servazi und Bonifazi sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie, die Kalte Sofie" oder "Pflanze nie vor der Kalten Sophie. Mamerz hat ein kaltes Herz" sowie "Pankraz und Servaz sind zwei böse Brüder, was der Frühling gebracht, zerstören sie wieder". Mit der zunehmenden Säkularisierung und der Aufklärung wurden keine Heiligen mehr angerufen und die Bauernregeln wurden nicht weitergetragen.
Die Bauernregeln halfen in Zeiten der Subsistenzwirtschaft im eigenen Garten und auf dem Feld, den Zeitpunkt für Aussaat, Umsetzen, Mahd und Ernte zu bestimmen.
Tipps für Tage mit Bodenfrost
Auch in Zeiten des Klimawandels sollte man die kalte Sophie nicht ganz verharmlosen. Man sollte die Wetter-Vorhersage besonders Mitte Mai im Blick haben und frostempfindliche Pflanzen bei frostigen Prognosen von draußen ins Haus oder Gewächshaus bringen. 2019 und 2020 gab es in Süddeutschland Nachfröste und Minustemperaturen. Nachtfröste können auch heute noch auf Sophia fallen.
Gärtner sollten für diesen Fall vorbereitet sein: Vor allem empfindliche Pflanzen im Garten wie Tomaten oder Geranien sollte man zunächst in Töpfen ziehen, um sie etwa ins warme Gartenhaus bringen zu können. Bei den Kälte-Einbrüchen im späten Frühling könnten die Pflanzen sonst frieren und im Sommer schlechter gedeihen. Im schlimmsten Fall sind die kalten Nächte das Ende für die Pflanzen.
Bis heute gilt: Mit den Heiligen geht der Frühling vorüber und mit ihnen beginnt der Sommer. Vor der Schafskälte im Juni müssen Gärtner weniger Angst haben, sie äußert sich nicht mit Spätfrost, sondern oft nur mit Abfall der Temperaturen. Die Bauernregeln leben weiter: Sie bleiben Kulturerbe und behalten ihre Faszination und Überprüfbarkeit für das Wetter bis heute. Das wird auch für die Bauernregeln und Eisheiligen 2024 gelten. jg
Gärtner-Tipps vom erfahrenen Experten:
Wann ist die kalte Sophie
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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