Studierende bauen ihr eigenen Wohnheim
Selber machen
Von Roland Kohls
Dann bauen wir uns eben selbst ein Wohnheim! Bereits vor zwölf Jahren war die Wohnungsnot vor allem für Studierdende in Heidelberg groß - so groß, dass sich eine Gruppe Studierende daran gemacht hat, ein Studentenwohnheim selbst zu planen, um selbstverwaltetes Wohnen für Studierende zu ermöglichen. Aus dieser damals utopischen Idee ist mittlerweile Wirklichkeit
geworden. Nach derzeitiger Planung wird das Wohnheim für Studierende und Auszubildende des Collegium Academicum (CA) auf der Heidelberger Konversionsfläche „US Hospital“ noch in diesem Jahr bezogen.
In dem Neubau wird dort Wohnraum für 176 Studierende und Auszubildende geschaffen. „Wir werden dort in Dreier- und Vierer Wohngemeinschaften leben“, berichtet Danila Zhorvlev von der AG Öffentlichkeitsarbeit. Die Bewohner*innen bestimmen die Zimmergröße zwischen sieben und 14 Quadratmeter selbst, was durch bewegliche Wandelemente möglich ist. Wenn kleinere Zimmer gewählt werden, gibt es mehr Fläche für den Gemeinschaftsraum.
Das Gebäude mit einer Wohnfläche von insgesamt rund 4.000 Quadratmetern wurden besonders nachhaltig geplant: Die Holzbauten
sind im Passivhausstandard errichtet und erzeugen mit der Photovoltaikanlage zusätzlich Strom. Aus verschiedenen Programmen
wurde der Bau mit rund 2,9 Millionen Euro gefördert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 21 Millionen Euro. 2,5 Millionen Euro davon wurden durch Direktkredite aufgebracht. Allerdings kam es zu Lieferproblemen und der Bau ist während der Bauzeit auch teurer geworden als geplant. Daher benötigt das Projekt weitere Direktkredite, um die Finanzierung zu sichern. Auch der Bezugstermin ist gefährdet. „Wir sind da in einer schwierigen Situation“, sagt Zhorvlev, „doch wir halten zusammen und finden für jeden Zwischenlösungen.“
Zusätzlich wird in einem benachbarten Altbau ab Ende 2023, so die aktuelle Planung, weiterer Wohnraum für 50 junge Menschen geschaffen, die dort während eines Orientierungsjahrs in Gemeinschaft wohnen. Außerdem sind in dem Bestandsgebäude weitere acht Wohnungen geplant, davon sechs im mietpreisgebundenen sozialen Wohnungsbau. Neu- und Altbau werden durch ein ehemaliges Pförtnerhäuschen ergänzt, in dem ein selbstverwaltetes Café als Treffpunkt für die Bewohner*innen und dem Stadtteil entsteht. Selbstverwaltetes Wohnen bedeutet für die Bewohner*innen jedoch auch, selbst Verantwortung zu übernehmen. Sie sind aufgefordert, sich in das Projekt und die Selbstverwaltung einzubringen. In verschiedenen Arbeitsgruppen wie beispielsweise AG Finanzen, Bauplanung und Eigenleistungen haben sie die Möglichkeit mitzuwirken. Einmal in der Woche trifft sich das Plenum, in dem die Projektgruppen berichten und Entscheidungen im Konsens getroffen werden. Es geht nicht nur um günstigen Wohnraum, sondern auch um gelebte Demokratie.
Dass das Projekt auch in Zukunft selbstverwaltet bleibt, garantiert das Mietshäuser Syndikat. Diese Vereinigung, die in ganz Deutschland selbstverwaltetes Wohnen unterstützt, verfügt als Minderheitsgesellschafter der Haus-GmbH ein Vetorecht beim Hausverkauf. Vor allem aber fungiert das Mietshäuser Syndikat als Bindeglied zwischen den vielen Hausprojekten, berät neue Projekte und organisiert einen Solidartransfer von alten zu neuen Wohnprojekten. Herzstück der Finanzierung der Bauvorhaben sind die Direktkredite. Menschen, die das Projekt unterstützen wollen, haben die Möglichkeit ihr Geld in dem Projekt nachhaltig anzulegen.
Selbstverwaltete Häuser in Heidelberg und Mannheim
In Heidelberg und in Mannheim gibt es mehrere selbstverwaltete Häuser. Wenn Investoren eine Immobilie kaufen wollen, um sie dann luxussaniert als Eigentumswohnungen gewinnbringend weiter zu verkaufen, haben die Altmieter die Möglichkeit sich zu wehren und die Immobilie selbst zu erwerben. Nötig ist viel Öffentlichkeit, Direktkredite und Unterstützung von Partnern wie dem Mietshäuser Syndikat oder auch Stiftungen wie beispielweise der Stiftung Trias.
Info
Nähere Informationen zu Collegium Academicum in Heidelberg und zu den Direktkrediten unter www.collegiumacademicum.de
Informationen zum Mietshäusersyndikat unter www.syndikat.org
Informationen zur Stiftung Trias unter www.stiftung-trias.de
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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