Wie Mühlhausen ein Teil von Eschelbach bekam
Meineid des Pfarrers
Mühlhausen. Beim Streit um ein Erbe trickste der katholische Pfarrer von Mühlhausen. Das Stück Land ging an den Ort, doch der Pfarrer spukt noch heute am Kreuzweg an den drei Nußbäumen herum.
Am Kreuzweg zwischen Eschelbach und Mühlhausen, genau dort, wo Mühlhausen wie ein Keil in die Gemeinde Eschelbach hineinragt, treibt jede Nacht zur Geisterstunde ein Gespenst sein Unwesen. In der schwarzen Tracht eines katholischen Geistlichen mit einem Schöpflöffel in der Hand, rollt er dort die Steine hin und her, so die Legende, die die Heimatdichterin Margerete Dagies in ihrem Buch „Sagen und Legenden aus dem Kraichtal“ niedergeschrieben hat.
Und zwar hatte ein Eschelbacher Bauer eine Braut aus Mühlhausen geheiratet. Als der Bauer einige Zeit später verstarb, war die Ehe kinderlos. Und als auch die tief gläubige Witwe verstarb, waren alle Brüder und Schwestern verstorben und keine Verwandten mehr aufzufinden. Wenn es keine Erben gibt, fällt das Land an den Armen- und Waisenfond der Gemeinde. Auch in Mühlhausen hörte man vom Tod der Witwe und ihrem reichen Erbe. Sogleich meldete die Gemeinde Besitzansprüche an. Zwar gab es kein Testament, doch vielleicht hatte sie ihrem Beichtvater ein mündliches Vermächtnis hinterlassen. So trafen sich die Vertreter der beiden Gemeinden zur Verhandlung auf dem Streitacker. Aber zu einer Einigung kam es nicht. Bei einem weiteren Termin sollte ein Schwur die Sache klären.
Schwur soll Frage klären
Zu dem zweiten Termin an dem Kreuzweg bei den alten Nußbäumen kamen nicht nur die Gemeindevertreter, auch viele Bürgerinnen und Bürger wollten dabei sein, wie durch den Schwur, die Sache geregelt wird. Auf dem großen Feldstein wurde die Bibel abgelegt, auf welcher der Schwur zu leisten war. Beide Parteien hatten ihren katholischen Geistlichen dabei.
„Kannst Du beschwören, dass es sich um die rechtmäßige Erde und Mühlhäuser Eigentum handelt?“, fragte der Richter und der Mühlhäuser Geistliche schritt zum Feldstein, legte die linke Hand auf die Bibel und erhob drei Finger der Rechten zum Schwur. „So wahr wie der Schöpfer über mir, stehe ich auf Mühlhäuser Erde hier“, sagte er laut und deutlich, damit jeder es höre. Damit war die Sache geklärt: Das Land wurde Mühlhausen zugesprochen. Sprachlos zogen die Eschelbacher ab, während die Mühlhäuser jubilierten.
Als endlich auch die Gewinner gen Mühlhausen abzogen, folgte ihnen ein Eschelborner Bauer, der nach einen seiner Äcker schauen wollte, der auf diesem Weg lag. Da hörte der Bauer den Mühlhäuser Pfarrer sprechen. „Wartet auf mich, ich muss die Mühlhäuser Erde aus meinen Schuhen schütten, sonst bekomme ich Blasen an den Füßen“, sagte er, „und den Schöpfer unter meiner Kappe brauche ich auch nicht mehr.“ Unter dem Jolen der Mühlhäuser nimmt er die Schöpfkelle unter seiner Kappe hervor. „Du sollst verflucht sein“, rief der Bauer dem Pfarrer hinterher, „du sollst keine Ruhe im Grab finden und immer zu Mitternacht zum Ort deines Meineids zurückkehren!“ Da verstummten die Mühlhäuser und ihr Pfarrer wurde kreidebleich.
Fluch des Bauern
Keiner Menschenseele erzählte der Bauer, was er gesehen hatte. Erst als seine letzte Stunde geschlagen hatte, beichtete er, dass er den Geistlichen verflucht hatte. Der Pfarrer nutzte diese Geschichte, um seine Schäfchen zu belehren. Seither fürchten die mutigsten Männer und die sorglosesten Frauen den Kreuzweg an den alten Nußbäumen, denn dort sei der meineidige Pfarrer mit dem Schöpflöffel unterwegs. [rko]
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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