Pfalz Filmfestival im Roxy-Kino Neustadt: Filmkunst ist Erzählkunst

Im Mittelpunkt des Filmfestivals stehen drei deutsche Filmklassiker von 1948.   | Foto: red
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  • Im Mittelpunkt des Filmfestivals stehen drei deutsche Filmklassiker von 1948.
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Neustadt. Nach dem Motto „Filmkunst ist Erzählkunst“ präsentiert das Filmgugger FilmFanFestival der Pfalz im Roxy-Kino Neustadt vom 1. bis 3. November deutsche Filmklassiker aus der Nachkriegszeit und spannende Kurzfilme von jungen Filmemachern aus Neustadt und der Region.

Für die Programmauswahl des Premiere feiernden Kinoevents zeichnet Festivalleiterin Bettina Höchel verantwortlich. „Man kann sich auf wunderbare Filme der Filmerzählkunst von Kurzfilmen bis zum Klassiker freuen, die wir auf der Leinwand erstrahlen lassen. Unser Ziel ist es, die Wahrnehmung für den jungen künstlerischen Film als Kulturträger zu sensibilisieren und die gesellschaftliche Akzeptanz der Jugendkultur zu fördern“, erläutert die bekannte Neustadter Regisseurin und Filmemacherin.
Besonderer Anlass des Festivals sind 75 Jahre Filmkultur in Neustadt an der Weinstraße, denn 1948 fanden die internationalen Filmfesttage in Neustadt an der Haardt mit internationalen Filmklassikern und Stars wie Jean Cocteau, Jean Marais, Carl Raddatz, Hildegard Knef, Gisela Uhlen u.v.a. statt. Aus dieser Zeit werden drei ausgesuchte Meisterwerke dieser frühen Filmgeschichte der internationalen Filmfestspiele, die vor 75 Jahren in Neustadt präsentiert wurden.

Drei Nachkriegs-Klassiker von 1948

Am Mittwoch, 1. November, steht mit „Film Ohne Titel“ von Rudolf Jugert (Regie Helmut Käutner) aus dem Jahr 1948 einen der klügsten deutschen Nachkriegs-Filme auf dem Programm. Er demonstriert in authentischer Weise die Misere des Krieges und das abenteuerliche Überleben nach der Befreiung. Ein „geschickter früher Käutner“ wie es heißt: Amüsant und visionär nimmt er Kinoklischees aufs Korn, die wenig später Deutschlands Leinwände beherrschen sollten.
Am Donnerstag, 2. November, wird der Nachkriegsfilm „1-2-3 Corona“ von Hans Müller aus dem Jahr 1948 gezeigt. Dabei handelt es sich um den ersten Film, der nach dem 2. Weltkrieg das Leben junger elternloser Menschen ohne Perspektive darstellt, ein zeittypisches Problem des Nachkriegs-Berlin.
Am Freitag, 3. November, kommen die Fans von Heinz Rühmann auf ihre Kosten. „Der Herr vom anderen Stern“ von 1948 ist eine interessante kabarettistisch anmutende Nachkriegssatire nach einer Kurzgeschichte von Werner Illing, gefilmt in expressionistischer Weise mit frechem Sarkasmus und Ironie und einer Hitler-Persiflage. Ein verrückter Film, der irgendwie wieder gut in unsere heutige Zeit passt. Hauptdarsteller Rühmann, der Herr von einem anderen Stern, hat die Fähigkeit, durch Konzentration das Weltall zu bereisen. Doch seine Konzentration wird gestört und er verirrt sich auf die Erde, wo er in ein autoritär-bürokratisches System gerät.

Kurzfilme junger Nachwuchsregisseure aus Neustadt und Region

Vor den drei Filmklassikern werden jeweils einige Kurzfilme Neustadter und Deidesheimer Nachwuchsregisseure vorgestellt. Dazu zählt der 19-jährige Filmemacher Sammy M’Barek, der in der Neustadter Altstadt oder der Villa Böhm seine beiden ersten Filme gedreht hat sowie die bereits sehr anerkannten Filme des Neustadter Filmemachers Michael Ester, dessen Berlinale-Kurzfilm „Karlchens Parade“ heute immer noch sehr relevant und sehenswert sind und mit einem lachenden Auge das traurige Schicksal eines „kleinen Menschen“ (Dirk Bach) zeigt, der gegen alle Umstände an seinem Lebenstraum festhält. Auffallend ernst sind die Filme der jüngsten Filmemacher, die die Themen der Angst, des Allein-Seins, Ausgegrenzt-Seins und psychischer Probleme beleuchten, so z. B „Lucid Saviour und The Cynic The Quiet“ von Amy Höfs, die noch Schülerin ist, oder einiger sehr kurzer Filme aus der Lockdown Zeit von Roger Kleiber: „Home Alone“.
Lukas Runge (25 Jahre) aus Ludwigshafen hat einen Krimi beigesteuert, in dem ein alter Kassettenrekorder die Hauptrolle spielt.
Natürlich gibt es auch was für die Lachmuskeln mit einigen Komödien in unserem Programm: Vom Neustadter Karikaturisten Steffen Boiselle zeigen wir kleine lustige Clips und zwei Beiträge mit waschechten Pfälzern. Auch eine sehr witzige Doku über das diesjährige Klappradrennen auf die Kalmit, dem „Klapprad Cup“ von Thomas Hoffmann wird vorgestellt.
Und natürlich dürfen die sehr unterhaltsamen und regionaltypischen Filme der Filmproduktion Brosiuskrusche mit Gringo Meyer nicht fehlen, die das harte Leben der kleinen Menschen und die Liebe zum Fußball (Brudal, Uff de Ersatzbonk, Jeddi Nacht) eines typischen Ludwigshafener zeigen.
Vom Festivalteam sind auch Filme dabei: von Bettina Höchel „Der Traum der Kunigunde“, einen Film über die Heldin und Stadtretterin Kunigunde Kirchner, „Distance or Die“ der an Sergio Leone erinnert und „Zaster Eaten und Miss Gunst“ , einen ironischen Film in Stummfilmmanier über die Abhängigkeit der Künstlern und Filmemachern von Kulturförderungen, sowie einen gemeinsamen Film als Intro von Bettina Höchel und von Bernd Stoll „Show me the way to the next cinema, eine Liebeserklärung an das Kino mit Karl-Heinz Nied als Darsteller und „No Escape“ von Bernd Stoll.
Präsentiert werden auch Filme von inzwischen in aller Welt lebenden Ex-Pfälzer wie des bekannten Künsterls, Malers und YouTubers Paul Beel „Hans auf der Straße“, einen sozialkritischen Beitrag, und von nach Berlin ausgewanderten Pfälzer Filmemachern wie Alexander Ratter aus Deidesheim, dessen Beiträge sehr stilistisch hervorragend und sehr intensive Filme sind, z. B „Flight into Darkness“, nach einer Novelle von Arthur Schnitzler oder „t2 ny1“, der anschaulich das Thema des privaten Waffenbesitzes in den USA zeigt und „Escaping the Past“ über Machtmissbrauch an Schauspielrinnen im Theater.
Der Neustadter Nachwuchsregisseur Johannes Sauerhöfer, der inzwischen in Köln lebt, ist mit seinem Film „XO oder Deliver Candiate 01“ ganz nah am Thema unserer Zeit mit seinem Kurzfilm, nämlich der ewigen Selbstdarstellung mit den Selfies.
Die Pfalz war immer kosmopolitisch und deswegen sind auch internationale Filme dabei: „Core of Nature - Grund einer Natur“, ein hoch philosophischer getanzter Film von Felix Nguyen, der extra aus dem Schwarzwald anreist. Vier wunderbare Kurzfilme des Berliners Dave Lojek, die einen deutlichen Hauch der beiden finnischen Regie-Genies, den Karismäki Brüdern, atmen. Lojek verzichtet komplett auf Sprache oder sie wird Teil seiner Kunst, so in „The Keeper - die Hüterin“ und „Das sprichwörtliche Glück“ oder auch „Begebenheiten fragwürdiger Signifikanz.
Ein Film der bekannten englischen Theaterregisseurs Anthony Straeger „Umbra of Deceit - Schatten der Täuschung“, ein wunderbarer Film über die Situation von Schauspielern beim Casting.
Alle Filme sind auf ihre Weise politisch und beleuchten die Themen einer gespaltenen und brutaler gewordenen und überforderteren Gesellschaft, so z. B. zum Umgang mit Tieren, der Umwelt, die Coronapolitik, Europa und Krieg. Viele Titel sprechen bereits für sich: „Zurück zu Europa“ von David Huth, einer Komödie über die Sinn einer europäischen Gemeinschaft und „Walking with Avraham“ von Brian Michaels, ein leider gerade wieder sehr aktuelles Thema zum jüdischen Holocaust oder der Experimentalfilm „ByeBye 2022“ von Roger Kleiber, der bereits 2022 die Kriegskatastrophe durch Putin vorhergesehen hat.
Ganz im Sinne von Bayern und Pfalz, Gott erhalts, gibt es auch Filme aus dem Frankenland (aus Würzburg zwei sehr poetische Filme von Benjamin Geyer/Studio Liebe) und aus Bayern: „Drei Knödel für Kneissl“ von Daniel Zinner. In diesem bezaubernden Animationsfilm philosophieren 3 Knödel, die als Henkersmahlzeit für den Räuber Kneissl dienen, über die Sinn des Lebens und Gefressen-Werdens.

Live-Musik, Wein und Kulinarik

Die drei Kinoabende beginnen jeweils um 18 Uhr. Zu Beginn und in den Pausen unterhalten lokale Musiker wie „Paulj“ live und freitags „The Tex Martiniz featuring the Men in Black“ und das Ensemble „Mélange à Deux“ von der Leinwand aus zu „Weck un Woi“ und exzellenten Haardtweinen vom Weingut Müller-Catoir. Zwischen den Filmen besteht Gelegenheit zu Gesprächen mit den Filmemachern und Künstlern. Filmstart der Kurzfilme mit Filmeinführung ist um 18.30 Uhr. Nach der Pause gegen 20.30 Uhr werden die Filmklassiker gezeigt. Die Kinoabende enden gegen 23 Uhr.

Tickets

Tagesticket 12 Euro, Jugend 8 Euro; Festivalpass nur im Roxykino (3 Tage) für 28 Euro, Jugend 16 Euromp

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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