Senstationsentdeckung in Neustadt
Denzinger-Haus eines der ältesten in der Pfalz
Wer durch die Neustadter Hauptstraße schlendert, der erfreut sich bereits lange schon am Denzinger-Haus. Statt Ein-Euro-Ware entdeckt man im Schaufenster hochwertige Teppiche und Möbel, alte Stiche aus der Region sowie ab und an auch Gemälde oder Grafiken regionaler Künstler. Auch von außen war das Haus immer schon eine Augenweide. Fachwerk vom Feinsten, das mit der Signatur 1574 eindeutig in die Zeit Kurfürst Friedrich III. verortbar schien, also kurz bevor Neustadt unter seinem Sohn Johann Casimir eine europäische Metropole reformierter Lehre wurde. Der skurrile Kopf, der den Passanten die Zunge herausstreckt, stammt von einem anderen Haus aus der Barockzeit, einer Apotheke. Aber er passte einfach zu gut zu dieser Ecke, sodass die Familie Denzinger ihn hier montierte - ein schelmischer Gruß an die Neustadter, der immer wieder ein Schmunzeln in die Gesichter treibt.
Vor genau 90 Jahren eröffneten Herbert und Elisabeth Denzinger hier eine Kunsthandlung. Die führt heute der Enkel Martin, unterstützt durch seinen Vater Klaus, mit Herzblut und dem Angebot für Restaurierungen in der ebenfalls hier befindlichen Werkstatt weiter. Und eben jener Martin Denzinger hatte es schon lange geahnt. Sein Haus ist älter - viel älter sogar. Nach Auskunft des Neustadter Denkmalpflegers Dr. Stefan Ulrich stammen die verbauten Stämme des Eichenholzes aus dem Winter 1383/84. Wenig später muss dann das Haus errichtet worden sein - also in einer Zeit, als die Stiftskirche noch nicht vollendet war.
Damit ist die Sensation perfekt! Nur wenige Fachwerkhäuser in der gesamten Pfalz können auf diese Zeit datiert werden. Gründe sind die Kriege, vor allem die Zerstörung vieler Städte und Dörfer durch die französischen Truppen im Pfälzischen Erbfolgekrieg. Neustadt blieb glücklicherweise verschont, ob durch die zauberhafte Kunigunde Kirchner, die gleich um die Ecke der Denzingers zu finden ist, sei dahingestellt. Jedenfalls stehen die beiden ältesten noch existierenden Häuser der Pfalz in dieser Stadt. Kurz nach dem Erbfolgekrieg wurde um das Jahr 1704 das Haus im hinteren Teil umgebaut, eine Zwischendecke neu eingezogen und eine Außenwand renoviert. Doch die alten Balken blieben und schlummerten im Untergrund weiter, sodass heute durch die Analyse des Holzes, die Dendrochronologie, nun eindeutig feststeht: das Denzinger-Haus gehört zu den sechs ältesten der Pfalz! Damit dürften Stadtführungen in Zukunft auch dieses Gebäude in der Hauptstraße 63 fest auf ihrer Route einplanen können. Und die Stadt kann stolz sein, wieder einmal den Nachweis erbracht zu haben, dass ihre historische Altstadt in der Region einmalig ist.
Autor:Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße |
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