Aus der „Chronik der Stadt Neustadt, F. J. Dochnahl“
Der krumme Joseppel

Die Abbildung zeigt das Stadtmauerhäuschen, wie es vormals ausgesehen haben mag.  Fotomontage: Waldemar Lyszio
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  • Die Abbildung zeigt das Stadtmauerhäuschen, wie es vormals ausgesehen haben mag. Fotomontage: Waldemar Lyszio
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Neustadt. Eine tragische Begebenheit, die sich vor etwa 250 Jahren in der Nähe des Stadtmauerhäuschen abgespielt hat. Sie gibt den Blick frei auf religiöse Unduldsamkeit und Denken der Menschen in jener Zeit.

1838 verstarb der Schneider Josef Seligmann. „Um 1772 wurde in der Nähe des Marktplatzes der 'krumme Joseppel' als Kind einer Judenfamilie geboren. Er wurde von der damaligen Briefträgerin, welche durch die Hintertür in das Haus kam und im Zimmer niemand fand als dieses Kind mit seinem bildschönen Gesichtchen, im Wahne, die arme Judenseele zu retten, schnell und unbemerkt getauft. Erst nach einigen Jahren, als diese Person auf dem Krankenlager einem Jesuiten beichtete, was sie gethan, wurde die Anzeig der weltlichen Behörde gemacht, welche die Eltern unverzüglich aufs Amt bescheiden und während dieser Zeit das Kind durch Amtsreiter wegnehmen und nach Mannheim in das dortige Jesuitencollegium zur Erziehung bringen ließ. Jammernd und flehend eilten die Eltern nach Mannheim, warfen sich vor dem schrecklichen Hause auf das Pflaster, ihr Kind, ihren einzigen Reichthum verlangend - sie wurden polizeilich fortgeschafft, um ihres Lebens Glück und Freud nicht mehr zu sehen. Später nach Neustadt zurückgekommen, war es (das Kind) ein total verkrüppelter Mensch, den die Juden, wie der Volksglaube sagte, krumm gebetet haben. Er lernte in Mannheim das Schneiderhandwerk und etwas Musik, geigte auf Hochzeiten und Kirchweihen und betrieb das Geschäft eines Flickschneiders, in den zwanziger Jahren schon im alten Spitale. Obgleich ein guter und sanfter Mensch, mit einem mildfreundlichen Gesichte, war er doch stets dem Spotte der Jugend ausgesetzt, die ihn mit seinem fast auf der Erde rutschenden Gange nachäffte. Er war stets hilfsbereit und freundlich, wurde aber so manches mal um seinen Lohn betrogen. Sein Tod in völliger Armut und Genügsamkeit beschämte die, die ohne Mitleid mit ihm Spott getrieben hatten.“

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Die Abbildung zeigt das Stadtmauerhäuschen, wie es vormals ausgesehen haben mag.  Fotomontage: Waldemar Lyszio
Das Stadtmauerhäuschen heute.
Autor:

Waldemar Lyszio aus Neustadt/Weinstraße

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