Neustadter Klärwerk ist Corona-Frühwarnsystem
EU-Forschungsprojekt
Neustadt. In Neustadt an der Weinstraße wird das Abwasser im Rahmen eines Forschungsprojekts der Europäischen Union künftig systematisch auf Corona-Viren kontrolliert. Die Stadt wurde als einer von deutschlandweit 20 Standorten für die Studie ausgewählt. In Rheinland-Pfalz ist Neustadt der einzige Standort. Mit dem Abwasser-Monitoring von SARS-CoV-2 sollen Corona-Entwicklungen frühzeitig erkannt werden.
Nachdem Neustadt an der Weinstraße bereits erste eigene positive Erfahrungen mit Abwasser-Tests gemacht hat, hatte sich der Eigenbetrieb Stadtentsorgung (ESN) für das EU-Projekt „ESI-CorA“ zur systematischen Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser beworben. „ESI-CorA“ wird von der Europäischen Kommission im Rahmen des Soforthilfeinstruments (Emergency Support Instrument - ESI) gefördert.
Federführend für das Projekt sind die drei Bundesministerien für Gesundheit, für Bildung und Forschung sowie für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Projektpartner sind das Robert Koch-Institut, das Umweltbundesamt und die Technische Universität Darmstadt. Die Koordination übernimmt der Projektträger Karlsruhe (PTKA) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Bürgermeister Stefan Ulrich begrüßt die erfolgreiche Bewerbung Neustadts: „Wir sind schon stolz, dass wir für dieses EU-Projekt ausgewählt wurden. Neustadt an der Weinstraße kann so einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leisten.“
In den vergangenen Monaten hatte Neustadt in seinem Klärwerk bereits eigene Testreihen durchgeführt, um erste Erfahrungen mit dem Abwasser-Monitoring zu sammeln. Dabei konnte beispielsweise früh erkannt werden, dass die Virusvariante Omikron in Neustadt angekommen ist. Für genauere Auswertungen der gesammelten Daten ist jedoch eine intensive wissenschaftliche Begleitung erforderlich, die mit dem EU-Projekt nun gegeben wird.
Die 53.000-Einwohner-Kommune Neustadt an der Weinstraße verfügt als kreisfreie Stadt über ein einzelnes, zentrales Klärwerk, dessen Einzugsgebiet gleichzeitig auch ein abgrenzbarer Bereich des zuständigen Gesundheitsamts ist. Somit ist eine gute Vergleichbarkeit der Corona-Daten möglich. Außerdem ist das Kanalnetzt gut dokumentiert und es gibt wenige Zuleitungen aus Industriebetrieben. Der Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt (ESN) betreibt im Ortsbezirk Lachen-Speyerdorf ein zentrales Klärwerk auf hohem technischem Stand, an das die Kernstadt sowie alle Ortsbezirke angeschlossen sind.
Nun soll im Rahmen des EU-Projekts ein Jahr lang zwei Mal wöchentlich das Abwasser auf SARS-CoV-2 untersucht werden. Anhand des Pilotbetriebs an den 20 deutschen Standorten soll die praktische Umsetzung des Abwasser-Monitorings erprobt werden. Damit will die Bundesregierung in einem ersten Schritt einer Empfehlung der EU-Kommission nachkommen, mit diesem System das Infektionsgeschehen künftig vorhersehbar zu machen.
Klar ist, dass Menschen über den Stuhl bereits Viren ausscheiden, bevor die eigentlichen Tests anschlagen oder sie sich krank fühlen. Die Ausscheidungen landen im Klärwerk, weshalb es sich hierbei um ein wichtiges Frühwarnsystem handeln kann. Das haben Studien in verschiedenen europäischen Ländern bereits belegt. Bisher vergehen zwischen dem tatsächlichen Infektionsgeschehen und der Veränderung der offiziellen Meldezahlen, die zudem dunkelzifferbehaftet sind, oft etliche Tage. ps
Autor:Christiane Diehl aus Neustadt/Weinstraße |
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