Einzigartige Anhäufung wichtiger NS-Behörden als Herausforderung der Erinnerungs- und Gedenkkultur
Frühe KZ`s: Bundesweite Konferenz tagt in Neustadt
Vom 2. bis 4. März trafen sich die Mitglieder der AG „Gedenkstätten an Orten früher Lager“ in Neustadt an der Weinstraße zu ihrem Jahrestreffen. Insgesamt durfte die Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt Vertreter*innen von elf Gedenkstätten aus dem gesamten Bundesgebiet bei sich begrüßen. Die Teilnehmer*innen der Tagung beschäftigten sich auch inhaltlich mit dem Ort ihres Treffens. So erfuhren sie während ihres Aufenthalts nicht nur vieles über das ehemalige frühe Konzentrationslager in Neustadt, sondern Eberhard Dittus führte sie auch im Rahmen eines Stadtrundgangs an Orte der Demokratie- und Diktaturgeschichte in Neustadt. Besucht wurden auch die Arrestzellen der ehemaligen Gestapo-Zentrale in der Konrad-Adenauer-Straße 10. Hier plant die Gedenkstätte in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz sowie der Stadt Neustadt einen außerschulischen Lernort zu etablieren. Dieser Lernort soll in Ergänzung zu den bereits eingerichteten Erinnerungsorten wie der Gedenkstätte im Quartier Hornbach oder aber auch der Villa Böhm als ehemaliger Sitz der Gauleitung dazu beitragen, die überregionale Bedeutung Neustadts während der Zeit des Nationalsozialismus zu betonen. Dieses Vorhaben erhielt von den Mitgliedern der AG großen Zuspruch und auch ihnen ist die Wichtigkeit dieses Projekts bewusst. Dr. Thomas Lutz von der Topografie des Terrors in Berlin stellte insbesondere heraus, dass diese Anhäufung wichtiger NS-Behörden am Standort Neustadt einzigartig sei. Lutz ist als Mitglied der AG unter anderem auch für die Koordinierung der Treffen der Mitglieder zuständig.
Neben der Auseinandersetzung mit dem historischen Ort besprachen die Mitglieder auch die Weiterentwicklung inhaltlicher Projekte der AG. So gab es auch intensiven Arbeitsphasen während der Tagung in denen die Teilnehmer*innen in Arbeitsgruppen auf Inhalte einer für 2023 geplanten Wanderausstellung, die dann in den jeweiligen Einrichtungen für Besucher*innen gezeigt werden soll. Zusätzlich wurden auch weitere Themenbereiche der pädagogischen Arbeit vorbereitet.
Neben diesen Programmpunkten veranstaltete die Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt in Kooperation mit dem Roxy Kino am Abend des 3.3.20 eine öffentliche Filmvorführung. Gezeigt wurde die Dokumentation zur Wiederaufführung des Theaterstücks „Die Blutnacht auf dem Schreckenstein“ welches 2012 im „Theater in der Papierfabrik“ gespielt wurde. Uraufgeführt wurde das Stück, welches aus der Feder Rudolf Kalmars stammt, 1943 auf dem „kleinen Appellplatz“ des KZ Dachau von KZ-Häftlingen für Mitglieder der SS-Wachmannschaften und auch für die Häftlinge. Insgesamt wurde das Stück siebenmal im Lager gespielt und obwohl es eine Persiflage auf Hitler-Deutschland ist, welche mit vielen Spitzen und Ironie einzelne bekannte Akteure aufs Korn nimmt, fühlten sich die damaligen Wachmannschaften und besonders die Häftlinge bestens unterhalten. „Die Blutnacht auf den Schreckenstein“ ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie es Menschen gelingt auch in größter Not weder Hoffnung noch Überlebenswillen zu verlieren.
Autor:Alice Fuß aus Neustadt/Weinstraße |
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