Liedertafel Neustadt
Furiose Homage an Giacomo Puccinis Frühwerk
Giacomo Puccini, der vor hundert Jahren starb, wäre sehr froh über diesen Abend gewesen. Der traditionsreiche Philharmonische Chor der Liedertafel Neustadt unter der Leitung von Jürgen Weisser hatte sich am Abend des 4. Advent 2024 dem Werk Puccinis jenseits der Opern wie La Bohème oder Tosca angenommen, um sich dessen musikalischen Wurzeln anzunähern.
Den Anfang machte das "Preludio sinfonico", das der junge Puccini 1882 zur Aufführung brachte. In einer Einführung vor dem Konzert wies Musikwissenschaftler Fabio R. Freund auf eine der Säulen zum Verstehen des Frühwerks hin, denn gerade bei den Streichern und Harfen entdeckt man Anklänge zu dessen Idol, Richard Wagner. Klänge wie in Wagners Lohengrin lassen in das symphonische Werk hineingleiten, doch hört man schnell die eigene Note Puccinis heraus. Bewegend vorgetragen wurde das Preludio von der Kurpfalzphilharmonie Heidelberg, das mit Jürgen Weisser eng verbunden ist.
Seinen ersten Auftritt hatte dann der Chor der Liedertafel hinter dem Vorhang, verstärkt durch den Universitätschor Mannheim, den Jürgen Weiser ebenfalls leitet. Runde fünf Minuten hörte man den Summchor aus Madama Butterfly. Mit lang anhaltendem Applaus wurden dann die rund 90 Sängerinnen und Sänger beim dritten Musikstück, dem "Mottetto per San Paolino", auf der Bühne begrüßt, ein Zeichen, wie sehr der Chor mit dem Publikum verbunden ist. Man hatte sich einem sehr frühen Werk Puccinis angenommen, das er bereits während seiner Schulzeit in Lucca verfasst hatte, wo es 1877 auch uraufgeführt wurde. Hier nun ist die zweite prägende musikalische Wurzel des Komponisten erkennbar: die Kirchenmusik. Das Mottetto ist zwar noch vom Stil der italienischen Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts geprägt, doch ist beim Bariton-Solo, hervorragend vorgetragen von Timothy Sharp, bereits das Genie des späteren Opernkomponisten herauszuhören.
Der zweite Teil des Abends war dem kirchenmusikalischen Glanzstück „Messa di Gloria“ oder „Messa a quattro voci“ von 1880 gewidmet, dessen Spannbreite von leisen Pianissimo- bis dramatischen Fortissimo-Elementen mitzureißen wusste. Dem getragenen Kyrie folgte das gewaltige Gloria, das emotional mit auf die intendierte musikalische Glaubensreise nahm. Der stimmgewaltige Tenor Jaesung Kim und ein furioses Zusammenspiel von Orchester, Chor und Solisten motivierte den Dirigenten sichtlich zu Freudensprüngen am Pult. Mit dem Credo, Sanctus e Benedictus spürte man dann wieder die Leichtigkeit, mit der sich Puccini schwergewichtigen Glaubensthemen anzunähern wusste. Mit einem wunderbaren Duett von Tenor und Bariton endete diese hervorragende Puccini-Homage, auf die sich wohl die meisten im Saal gerne noch viel länger hätte einlassen wollen.
Autor:Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße |
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