Interview: Regisseurin Hedda Brockmeyer vom Theater in der Kurve Hambach

Hedda Brockmeyer | Foto: Brockmeyer

Hambach. Aus dem Kulturleben der Stadt Neustadt und ihrer Weindörfer ist die Schauspielerin und Intendantin Hedda Brockmeyer nicht mehr wegzudenken. Mit der Eröffnung ihrer Spielstätte „Theater in der Kurve“ hat sie Hambach zu einem Mekka der Theaterkultur gemacht. Wir sprachen mit der charismatischen Künstlerin über ihre momentane Situation und ihre Vorlieben für Rilke, Molière und die Pfalz.

??? Liebe Hedda, wie läuft’s momentan im Theater in der Kurve?
Hedda: Traditionell ist bei uns ab Mai saisonal bedingt - unter anderem aufgrund der Weinfeste - etwas weniger los als in den Monaten davor. Im März hatten wir sehr viele Veranstaltungen, die teils ausverkauft waren, teils aber auch nicht so gut liefen. Viele Leute kommen eher spontan, nur manche buchen vorab – das ist für uns dann immer schwer kalkulierbar.

??? Wie hat euch Corona zugesetzt?
Hedda: 2019 haben wir gesagt: Oh, jetzt haben wir's nach zehn Jahren endlich geschafft. Es war unser erstes Jahr, in dem alle Vorführungen gut besucht bis ausverkauft waren. Im März 2020 gingen dann für uns die Lichter aus.

??? Wie und wann entstand die Idee zu einem eigenen Theater?
Hedda: 1997 erwarb ich mit meinem Mann und Mitstreiter Heinz Kindler das alte Winzeranwesen in der Weinstraße 279 in Hambach. Gemeinsam renovierten wir es zunächst für den privaten Gebrauch. „Dann mach halt“, ermunterte mich Heinz, nachdem ich ihm mit meiner Theater-Idee jahrelang in den Ohren lag. Ab 2005 haben wir dann das Untergeschoss für den Theaterbedarf umgebaut, unter anderem einen Publikumsraum mit fünfzig Sitzplätzen, eine kleine Bühne, Ausschank und Toiletten eingerichtet und es 2009 unter dem Namen „Theater in der Kurve“ eröffnet.

??? Von der Fotografie über das Theater zum Weinhandel wieder zurück zum Theater. Das klingt nach einer Achterbahnfahrt. Gibt es in deinem Werdegang eine Verknüpfung zwischen Wein und der Schauspielerei?
Hedda: Im Zuge meiner zehnjährigen Tätigkeit in der Weinbranche bin ich zuletzt im Weingut Schäffer in Hambach gelandet. Andreas Schäffer veranstaltete damals Kerwekonzerte in seinem Hof und hatte uns Eintrittskarten in den Briefkasten eingeworfen mit der Anmerkung: „Kommt rüber, es wird laut“. Das war an meinem Geburtstag - und ein tolles Fest. So entstand der Kontakt zum Familienbetrieb Schäffer, in dem ich später als Bürokraft eingestellt wurde. Ab 2010 fanden dann viele Kerwekonzerte bei uns im Theatergarten statt, unter anderem mit dem Jazzpianisten Frank Schäffer, dem Bruder von Andreas.

??? Im Zusammenhang mit dem Theater in der Kurve taucht immer wieder der Name Leni Bohrmann auf.
Hedda: Die Schauspielerin Leni Bohrmann war mit den Produktionen ihres Ensembles „Petunientopf“ sechs Jahre lang ein wichtiger Bestandteil unseres Theaterangebots. 2019 hatte ich sie gefragt, ob sie bereit wäre, die Vorstandschaft über unseren „Theater- und Kulturförderverein Hambach e.V.“ zu übernehmen. Wir sind beide Mitglied im Verband freier professioneller Theater Rheinland-Pfalz, Leni seit März als Solo-Künstlerin. Mit ihr habe ich aktuell das dritte ihrer Familien-Stücke „Copper, Flint und der Fabulator“ auf die Bühne gebracht: Sie spielt (mit Christian Birko-Flemming) und ich inszeniere. Außerdem gibt es auch nach Corona noch immer eine Jugendschauspielgruppe, die Leni leitet.

??? Apropos Jugendschauspielgruppe: Das Theater in der Kurve gilt als Talentschmiede für angehende Schauspieler. Ist nicht auch der bekannte Film- und Theaterschauspieler Simon Werdelis [Anmerk. d. Red.: u. a. Hauptdarsteller in der Fernsehserie WaPo Bodensee] durch eure Schule gegangen?
Hedda: Ja, richtig. Simon Werdelis wirkte lange Jahre in der Jugendgruppe im Theater in der Kurve mit.

??? Zurzeit nimmst du dich als Schauspielerin etwas zurück. Woran liegt das?
Hedda: Bedauerlicherweise leidet unser Verein unter personellen Probleme. Wir stellen einen allgemeinen Unterstützungsschwund fest. Für mich bedeutet das, mich verstärkt um organisatorische Dinge zu kümmern. Daher verzichte ich momentan weitgehend auf die Bühne, denn ich kann bei Veranstaltungen ja nicht gleichzeitig schauspielern und hinter dem Tresen stehen, Karten verkaufen und für saubere Toiletten sorgen. Dafür bereitet mir das Inszenieren nach wie vor eine große Freude. Das hatte mich auch über die schwere Coronazeit gerettet. Das Theater-Machen erlebe ich diesbezüglich als großen, von Publikumspräsenz unabhängigen Freiraum. Und wenn die Situation es erlaubt und mich die Bühne ruft, bin ich wieder dabei.

??? Zum Abschluss noch ein paar persönliche Fragen: Was ist dein liebstes Theaterstück, das du inszeniert hast?
Hedda: Da denke ich ganz spontan an „Rilke im Ring“, das ich zuletzt inszeniert und für das ich die Bühnen-Fassung geschrieben habe. Gemeinsam mit Regina Wilke (Cello) Markus Maier (Schauspiel) wollen wir im Herbst auf Tour gehen und das Schauspiel mit Musik u. a. in Stadtbüchereien präsentieren. Ich habe mich sehr intensiv mit diesem Rilke-Projekt, das den Untertitel „Melodram 2.0“ trägt, beschäftigt und bin begeistert von dem Ergebnis einer intensiven Entwicklungsarbeit mit den beiden Darstellern.

??? Und dein Lieblingsfilm?
Hedda: Das ist ganz klar der französisch-italienische Historienfilm „Molière“ der Theatermacherin Ariane Mnouchkine von 1978. Immer wenn ich für mich die Sinnhaftigkeit meines Theater-Lebens in Frage stelle, zum Beispiel während der Pandemie, ziehe ich mir die dreistündige Filmbiographie über Molière rein. Molière ist für mich eine absolute Identifikationsfigur. Es ist unter anderem die Bildhaftigkeit des Barocks und die mutig inszenierte, mit unglaublich authentischen Darstellern besetzte filmische Umsetzung, die mich begeistert.

??? Neben deiner Leidenschaft für das Theater gilt deine ganze Liebe der Pfalz. Was gefällt dir als gebürtige Münsteranerin an unserer Heimat.
Hedda: Einfach alles. Die Menschen, die Landschaft, die Mentalität. Als ich an einem tristen Novembertag von der anonymen Großstadt Berlin in die fröhliche Pfalz gekommen bin, ist für mich die Sonne aufgegangen. Es war grandios. Die Pfälzer tragen die Sonne im Herzen. Sie halten Verabredungen ein, interessieren sich für mich und meine Arbeit und stellen interessierte Fragen. Und das wirkt immer echt, niemals aufgesetzt.

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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