Interview der Woche
Mirjam Alberti von der Klimaaktion Neustadt

Mirjam Alberti. | Foto: Pacher

Von Markus Pacher

Neustadt.Eine starke Lobby für Umweltschutz und Gemeinwohl aufbauen - darum geht es der Klimaaktion Neustadt. Obgleich es sie erst seit ein paar Monaten gibt, hat sie doch schon Erstaunliches bewirkt. Themen wie Mobilitäts- und Ernährungswende, Klimawandel und lokaler Umweltschutz stehen im Fokus der Initiative, die immer wieder im Sinne des Gemeinwohls das Gespräch mit den Verantwortlichen im Rathaus sucht und unter anderem durch Demos auf sich aufmerksam macht. Markus Pacher sprach mit Mirjam Alberti, der Hauptinitiatorin der Bewegung.

??? Frau Alberti, was war die Initialzündung für die Gründung der Klimaaktion Neustadt, seit wann existiert die Bewegung?
Mirjam Alberti: Gemeinsam mit einem Bekannten habe ich vor einem Jahr die Klimaaktion Neustadt gegründet. Inspiriert von der „Fridays for Future“-Bewegung haben wir uns gedacht, dass wir auch etwas für die Erwachsenen machen möchten. Unser Hauptfokus galt zunächst dem Internationalen Protesttag am 20. September. Da gleich zu Beginn relativ viele Leute an unserer Initiative Interesse zeigten und mitmachen wollten, konnten wir schnell eine feste Struktur aufbauen. Mittlerweile verfügen wir über etwa vierzig Aktive. Unseren Newsletter verschicken wir an 200 Leute, die regelmäßig über unsere Aktivitäten informiert werden möchten.

??? Die Organisation und Durchführung von Demos sind ja ein wichtiger Bestandteil ihrer Aktivitäten. Wie funktioniert das in Zeiten von Corona?
Mirjam Alberti: Es geht. Denn alle gehen sehr verantwortungsvoll damit um. Die Leute halten Abstand und tragen Mundschutz. Die Verwaltung genehmigt es. Aber klar: Es gab schon eine Delle in den letzten Wochen. Aber dafür ist die Entschlossenheit jetzt noch größer geworden. Letzte Woche haben wir unsere Fahrraddemo „Critical Mass“ durchgeführt. Es herrschte eine Superstimmung. Im Zuge von Corona ist zum Beispiel die Kritik an der Profitorientierung im Gesundheitswesen noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Wir müssen solche Themen verstärkt auf die Tagesordnung setzen, ganz im Sinne des Gemeinwohls und des Einklangs von Mensch und Natur.

??? Zu Ihren thematischen Schwerpunkten zählt die „Mobilitätswende“. Welche Ziele verfolgen Sie?
Mirjam Alberti: Wir wollen in der Innenstadt mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer schaffen. Das geht natürlich nur, wenn wir Alternativen anbieten können. Wir wollen ja das Auto nicht verbieten. Zum Beispiel können Menschen, die in Schichtbetrieben arbeiten, nicht mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Die Voraussetzungen für den öffentlichen Verkehr müssen also verbessert werden. Um autofreie Zonen in der Innenstadt einzurichten, müssen vernünftige Shuttle-Service-Konzepte entwickelt werden. Im Gespräch mit der Stadtverwaltung bringen wir immer wieder unsere Vorstellungen aufs Tapet, zum Beispiel unsere Idee von einer ringförmigen Einbahnstraßenregelung, wo genug Platz für Autos und Fahrräder ist.

??? Inwieweit und in welcher Form mischen Sie sich in die Lokalpolitik ein?
Mirjam Alberti: Wir führen regelmäßig sehr gute Gespräche mit Verwaltungsmenschen und Politikern, versuchen das Thema „Nachhaltigkeit“ stärker ins Gespräch zu bringen, möchten bei den Stadtratsmitglieder die Sensibilität für Umweltfragen erhöhen. Die Stadt Neustadt verfügt ja über ein sehr gutes Klimaschutzkonzept, das in gemeinsamer Arbeit mit den Bürger*innen entstanden ist. Bedauerlicherweise erfolgt die Umsetzung des Konzepts sehr langsam, da die Verwaltung oftmals zuerst Aspekte der Wirtschaftsentwicklung bei ihren Überlegungen in den Vordergrund stellt. Immerhin beschäftigt die Stadt zwei Klimaschutzmanager, die allerdings über kein eigenständiges Ressort verfügen.

??? Stichwort „Mainzer Appell“. Warum geht es da genau?
Mirjam Alberti: Hauptinitiator des „Mainzer Appell“ ist der BUND Rheinland-Pfalz. Wir zählen zu den Mitbegründern der Initiative. Die beteiligten Verbände haben sich weitgehend auf bestimmte Forderungen geeinigt und wollen diese in die Öffentlichkeit tragen. Für uns bedeutete die konkrete Ausformulierung der Ziele und Ideen eine gute Arbeitsgrundlage für künftige Kampagnen.
Zum Beispiel geht es um die Frage der Fleischindustrie. Wie kann man schadstofffrei produzieren? Wie können wir in dieser Branche für faire Arbeitsbedingungen sorgen? Wir kämpfen dafür, dass die Massentierhaltung auf eine nachhaltige Produktion umgestellt wird und wollen den Menschen klar machen, dass starker Fleischkonsum den Klimawandel beschleunigt und der Umwelt schadet. Wir wollen die Ernährungswende.

??? Wie schätzen Sie die positiven Auswirkungen der Corona-Krise auf die Klimawandel-Problematik ein?
Mirjam Alberti: Wenn alles vorbei ist, werden wir eine Delle in der Statistik sehen. Aber es wird eben nur eine kleine Delle sein. Aber sie wird uns zumindest zeigen, dass die Natur sehr stark ist und dass sie sich, wenn wir sie nicht ständig unter Dauerbeschuss stellen, rasch erholen kann. pac

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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