Interview der Woche
Theologe, Moderator, Performer, Schriftsteller und Dozent Michael Landgraf
Neustadt.In Neustadt muss man Michael Landgraf nicht eigens vorstellen, zählt er doch als Dozent, Schriftsteller, Performer, Moderator und Kulturakteur zu den Protagonisten der hiesigen Kulturszene. Rund 100 Publikationen und Übersetzungen in 26 Sprachen liegen mittlerweile von ihm vor. Ausgezeichnet mit dem internationalen Comenius Award und dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst trägt er den Namen unserer Stadt weit über ihre Grenzen hinaus. Der Stadtanzeiger sprach mit ihm über sein Selbstverständnis als Mensch und Theologe.
??? Herr Landgraf, wer und was hat ihr starkes Interesse an Geschichte und Theologie geweckt?
Michael Landgraf: Schon in meiner Jugend hatte ich gerne mit Bücher zu tun und viel gelesen, insbesondere historische Romane. Sehr geprägt hat mich das Buch „Sinuhe der Ägypter“. Ich fand es einfach faszinierend, wie man aus der Ich-Perspektive mitgenommen wird auf eine Reise in den Alten Orient. Zur Theologie bin ich in der Oberstufe gestoßen. Damals hatte ich einen Reli-Lehrer, der gerne mit mir diskutiert hat. Um fachlich mithalten zu können, musste ich mich in meiner Freizeit mit religiösen Schriften befassen.
??? Neben ihrem historischen und wissenschaftlichen Interesse spielt die pädagogische Arbeit eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Wie kam es dazu?
Michael Landgraf: Man hat so seine verschiedenen Lebensphasen und in den letzten Jahren hat sich meine Haupttätigkeit mehr von der Jugendpolitik in Richtung Kulturpolitik verlagert. 25 Jahre lang wirkte ich mit meiner Kinder- und Jugendarbeit an der Front, angefangen mit einem Jugendleiter-Lehrgang bei der Arbeiterwohlfahrt, den ich mit 15 Jahren absolvierte. Zehn Jahre war ich Gymnasiallehrer in Germersheim und habe während dieser Zeit sehr viel Jugendfreizeiten organisiert. Kulturpolitisch war ich in der Landesjugendkammer tätig, habe große Jugendkulturforen als Moderator gehalten etc. Der Bruch kam mit der Geburt meines Sohnes. Danach rückte ich immer mehr auf die Ebene des Dozenten. 1999 zog ich mit meiner Familie in die freigewordene Geschäftsführerwohnung ins Bibelmuseum ein, das zehn Jahre zuvor gegründet wurde.
??? Was hat sich im Bibelmuseum unter ihrer Leitung verändert?
Michael Landgraf: Ich habe von Anfang an das Museum als Chance gesehen, das Thema „Bibel“ gleichzeitig didaktisch und historisch anzugehen und mich bemüht, daraus ein nachhaltiges Museum für Neustadt zu machen. Hinzu kommt, dass mich das Thema „Archäologie“ von Kindheit an faszinierte und es uns gelungen ist, das Museum mit zahlreichen antiken Büchern und archäologischen Exponaten auszustatten und gleichzeitig einen Raum zu schaffen, um mit Jugendlichen arbeiten zu können. Mit unserem didaktischen Konzept wurden wir 2005 in den Museumsverband aufgenommen. Gewürdigt wurde vor allem unser didaktischer Blick.
??? Wie reagieren Kinder auf das Angebot im Bibelmuseum?
Michael Landgraf: Sie sind völlig begeistert, da im Neustadter Bibelmuseum alle Sinne angesprochen werden. Sie dürfen aktiv sein, können drucken oder sich eine Mönchskutte anlegen. Oder sich mit dem Koffer „So riecht die Bibel“ beschäftigen.
??? Themenwechsel. Michael Landgraf als Palatinologe, Stichwort „Bibel auf Pälzisch“: Was ist das Besondere am Pfälzer Dialekt?
Michael Landgraf: Das Pfälzische zählt zu den frühesten Sprachen, die als deutsche Sprache bezeichnet wurde. Ich spüre ganz deutlich, dass im Pfälzischen manche Dinge sehr viel klarer als auf der hochdeutschen Kunstebene ausgesprochen werden können. In meinen Pälzischen Bibelsprüchen oder in den „Weisheiten uff Pälzisch“ geht es mir weniger um Weck, Worscht und Woi, sondern ich versuche damit vor allem das historische Interesse für unser Dialekt zu wecken.
??? Das Thema „Geschichtsvermittlung“ scheint sich wie ein roter Faden durch ihr Leben zu ziehen und ihre Verdienste diesbezüglich wurden kürzlich mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst gewürdigt. Verraten sie uns zum Abschluss ihr Erfolgsrezept?
Michael Landgraf: Die Österreicher lobten meine Fähigkeit, komplexe Fakten zu elementarisieren und in Kinderbüchern, Romanen, Ausstellungen etc. auf den Punkt zu bringen. In der Tat versuche ich immer wieder, historische Sachverhalte so zu vermitteln, dass sie auch von Menschen mit einem einfachen Bildungsgrad und nicht nur von der Elite verstanden werden. Dieses Konzept habe ich auch meine beiden Romane „Felix zieht in der Krieg“ und „Der Protestant“ zugrunde gelegt. pac
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.