Kindheitserinnerungen aus Eichelberg
Weihnachten 1942: Trotz Krieg und eisiger Kälte, etwas zum Lachen

Foto: pixabay/sipa

Es war Kriegszeit und Weihnachten 1942. Das ist zwar schon lehr lang her, jedoch geschah folgende wahre Geschichte in dieser kleinen Eichelberger Dorfkirche St. Jakobus.
Der Winter war bissig kalt und die Wasserleitungen froren reihenweise ein. Tagsüber war die Küche der einzig beheizte Raum mit einem kleinen Herdfeuer. Winterkleidung, wie man sie heute kennt – ja das war damals unbekannt.
Wir Buben trugen kurze Hosen. Die Beine waren mit langen Wollstrümpfen bedeckt und in schlechten Schuhen mit Nagelsohlen ging man in die Schule und auch zum Gottesdienst.
Der Besuch des Gottesdienstes gehörte genauso wie der Schulbesuch zur täglichen Pflicht. In der Kirche herrschten oft Minusgrade, so dass das Weihwasser einfror. Es war kalt, das Frieren gehörte einfach zum Leben dazu. Es war schließlich Winter!
Mit viel Mühe und Fantasie hatten die beiden Ordensschwestern von Eichelberg die Weihnachtskrippe aufgebaut. Die Umgebung des Stalls war mit Moos bedeckt. Ein mit Sand bestreuter Weg führte zum Stall. In der Nähe des Stalles befand sich ein Flecken aus Stanniolpapier, das einen kleinen Teich symbolisierte. Ein Strohdach schützte symbolisch den Stall vor der Kälte.
So weit so gut und zur Weihnacht gehört natürlich auch ein rechter Schnee. Dazu diente Weißmehl, das über die Tannen und Tannenzapfen gestreut war, und das Geschehen in eine Winterpracht verzauberte.

Plötzlich war Leben bei der Krippe

Wir Kinder saßen fromm ergriffen vor der Krippe und schauten in die Kerzen. Doch was bewegte sich da plötzlich im Stall, zwischen Ochs und Esel?
Das kann doch nicht sein, denn alles, was da mit viel Bedacht aufgebaut wurde, steht doch als eine starre Gruppe in der eisigen Kälte auf dem Seitenaltar? Also, da gibt’s nichts, was sich bewegen könnte!
In dem diffusen Kerzenlicht, kaum wahrzunehmen, doch an verschiedenen Stellen jetzt ganz deutlich zu sehen — es ist Bewegung, wenn auch kaum wahrnehmbar!
Plötzlich war es deutlich zu sehen: Eine kleine Maus tippelt durch den Stall über das Moos, dann entlang der Straße zum See und schließlich zu den Tannenbäumchen und Zapfen. Eine kleine Maus!

Unterdrücktes Gekicher, dann lauten Lachen

Wo kommt jetzt die kleine Kirchenmaus her?

Was will und sucht sie hier in der eiskalten Kirche?

Wo es nichts zu futtern gibt?

Ja, nicht nur ein kleines Mäuschen, sondern es gesellten sich nun noch zwei weitere dazu. Das Trio knabberte — wohl vom Hunger getrieben — unbekümmert an den kleinen Ästen, die reichlich mit Mehl bestäubt waren. Es war die einzige Nahrung und damit die Überlebensmöglichkeit. Sie ließen sich den Schnee-Ersatz sichtlich schmecken.
Leben und eifriges Wuseln in dem sonst so feierlichen Stall.
Das war richtig lustig anzuschauen: Frömmigkeit und Kälte waren für uns Kinder schnell vergessen und auch die Predigt vom Herrn Pfarrer Jonitz störte uns überhaupt nicht mehr.
Wir Kinder brachen in ein lautes Lachen aus. Erst das Gekicher und dann Lachen, das war einfach nicht mehr aufzuhalten und wir ließen dem Geschehen und unserem Lachen schließlich freien Lauf. Der Pfarrer Jonitz unterbrach die Predigt und drohte uns eine saftige Strafarbeit an.

So war’s damals während des Gottesdienstes: Lachen streng verboten!

Die wahre Geschichte ist nichts Besonderes, jedoch die lustige Begebenheit in der schrecklichen Kriegszeit, wo es sonst wenig zum Lachen gab. Auch bei uns Kindern, lagen das Lachen und das Weinen sehr nahe beieinander.
Erlebt und aufgezeichnet von Kurt Emmerich

Autor:

Kurt Emmerich aus Östringen

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