Doppelausstellung „Überbrücken – Überbürkel“ in Pirmasens und Zweibrücken
Ein „Wagnis“ wird zum überwältigenden Event

Den Bergsteiger, der vom Gipfel in die Tiefe schaut, schuf Mark Blunk.  Foto: Kling-Kimmle
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  • Den Bergsteiger, der vom Gipfel in die Tiefe schaut, schuf Mark Blunk. Foto: Kling-Kimmle
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Horebstadt.Verneigung vor Heinrich Bürkel: Die Künstlergruppe „neuN+“ hat sich dem Werk des Biedermeier-Malers mit Pirmasenser Wurzeln auf vielfältige Weise genähert und ihn somit für einige Wochen aus seinem Kabinett „befreit“. Unter dem Titel „Überbrücken-Überbürkel“ zeigt das Forum Alte Post bis 29. August Arbeiten der zehn Akteure.

von Andrea Katharina Kling-Kimmle

In Kooperation mit dem Stadtmuseum Zweibrücken kam eine Doppelausstellung der Künstlergruppe zustanden, bei der das Thema „Brücken“ in der Nachbarstadt und Heinrich Bürkel in Pirmasens aufgegriffen wurde. Wie Charlotte Veit, Koordinatorin der Alten Post, im Gespräch mit Wochenblatt-Redakteurin Andrea Kling-Kimmle erklärte, sei der Vorschlag von Dr. Charlotte Glück vom Stadtmuseum Zweibrücken gekommen. Damit habe man eine „künstlerische und museale Brücke über Stadtgrenzen hinweg“ errichtet.
Eine Schar regionaler Künstler und zwei ortsspezifische Themen sind die Quintessenz einer Vernetzung von Alter Post Pirmasens und Stadtmuseum Zweibrücken. Wie sich die Teilnehmer mit den Werken von Heinrich Bürkel auseinandersetzten und welche Gedankengänge der Einzelne zu seinen Arbeiten verfolgte ist für Charlotte Veit eine faszinierende Erfahrung. Sie war im Vorfeld der Ausstellung bei jedem Künstler im Atelier und war „überwältigt von der Vielfältigkeit, wie jeder sich mit dem Thema auseinander gesetzt hat“. Eindrucksvoll fand sie den Zusammenhalt unter den Akteuren: „Da gibt es kein Konkurrenzdenken. Man hat immer zu einem Konsens gefunden“.
Schwieriger war es, so die Koordinatorin, angesichts schwankender Inzidenzzahlen einen Termin für die Eröffnung zu finden. Auch diese Hürde hat man genommen und so sind die Werke seit Anfang Juli noch bis einschließlich 29. August zu sehen. Eine große Zeitspanne, die Charlotte Veit auch für zukünftige Veranstaltungen plant: „In den Vorbereitungen stecken viel Arbeit und viel Engagement.“ Das müsse mit einer längeren Ausstellungsdauer gewürdigt werden. Etwas enttäuscht ist sie von der zögerlichen Resonanz. „Offenbar fehlt den Leuten angesichts des ausgedehnten Lockdowns noch die Motivation“, so ihre Vermutung.
Es ist ein weites Feld der Kunst, von Skulpturen über Zeichnungen und Malerei bis hin zu Projektionen, das in der Alten Post zu entdecken ist. Da sind beispielsweise die Papiercollagen mit Fundstücken aus der Natur von Uta Arnhardt, die an die akribische Darstellung von Pflanzen in den Werken Bürkels erinnern. Zeichnungen in Schwarz-Weiß-Variationen von Matthias Strugalla zeigen Variationen von Motiven des Biedermeier-Malers wobei die „sehr präzisen Studien und Skizzen“ für ihn eine große Rolle spielten. Die dominante Darstellung des Himmels hat Irmgard Weber beeindruckt und sie zu ihren großformatigen Gemälden inspiriert. Es sei die Naturbeobachtung, die Bürkel in den „Dienst seiner Bilderzählung stellt“, die sie mit ihm verbinde.
Ganz andere Wege geht Wolfgang Fritz, der sich dem Thema „Bildprojektion“ widmet. Das führte ihn von der „handwerklich-traditionellen Art des Biedermeier“ zur heutigen Digitalisierung. So zeigt der gebürtige Pirmasenser beispielsweise den „Heuwagen“ in total verpixelter Form. Hedda Wilms hat unter anderem das Werkverzeichnis von Bürkel abgeschrieben, die Texte in Streifen geschnitten und arrangiert, um sie zu verbinden.
Eine Brücke von der „heilen“ Tierwelt des Malers bis zu den heutigen Missständen wie Tiertransporte und Massenviehhaltung schlägt Gudrun Klein, die als Künstlerin „gegen die Marktgesetze“ arbeitet. Aber sie schafft auch eine versöhnliche Parallele vom Stier Bürkels mit der Schuhgeschichte und dem Symbol der Stadt Pirmasens. Die Kopie der eigenen Werke, die der Biedermeier-Maler emsig betrieb, inspirierte Peter Padubrin-Thomas unter anderem zu seinem Doppelbildnis. Ein bunter Blickfang der Ausstellung.
Von der Landschaftsmalerei Bürkels beeindruckt, gestaltete Wolfgang Beck seine abstrakten Ölgemälde. Doch statt auf der Leinwand auf Details einzugehen, stellt der freischaffende Künstler Merkmale und Staffagen als Skulpturen in den Raum, wie beim „Blick aus einer Höhle aufs Meer“ mit Objekten aus Eichenholz und transparentem Epoxidharz. Das gestattet dem Betrachter eine räumliche Wahrnehmung. Eine doppelte Vorgehensweise bei der Beschäftigung mit dem Thema hat auch Stephan Müller aus Rodalben gewählt. So erinnern seine Holzfiguren an den Rückzug des Bürgertums angesichts politischer Unruhen in der Biedermeierzeit in das gemütliche Wohnzimmer an die isolierten Menschen während der Corona-Hochphasen, als es nur noch den Blick in den Monitor gab. In seinen pastellfarben gehaltenen Bildern dominieren die Personen vor der Natur als Kulisse, die noch zu Zeiten von Heinrich Bürkel als göttliche Schöpfung galt. Von Mark Blunck sind sowohl Gemälde, als auch Skulpturen zu sehen, die er unter den Leitgedanken „Auf der Suche nach der Idylle – die Sehnsucht nach einer ursprünglichen Harmonie“ stellte. So bilden beide Bereiche eine Einheit, schön zu erkennen in der Figur des Bergsteigers, der völlig entkräftet auf dem Gipfel steht und mit dem Bild als „Partner“ im Hintergrund den Blick nach unten richtet.
Für Charlotte Veit war das Projekt anfangs „ein Wagnis“, das sich zu einer „überwältigenden Ausstellung“ entwickelt habe.
Durch die Präsentation, die mittwochs, donnerstags und samstags von 14 bis 17 sowie freitags und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet ist, führt jeden Sonntag um 11 Uhr einer der teilnehmenden Künstler. Am 15. August steht Wolfgang Beck zur Verfügung, eine Woche später ist Irmgard Weber Ansprechpartnerin und den letzten Termin am 29. August hat Stephan Müller übernommen. ak
Info:

„Überbrücken – Überbürkel“, Forum Alte Post, Telefon: 06331 2392716; www.forumaltepost.de; altepost@pirmasens.de

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Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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