Ausstellung über Emmy Hennings-Ball in der „Alten Post“
Die Frau im „Schatten“ posiert jetzt im Licht

Emmy Hennings-Ball: Animiermädchen, Schauspielerin, Ehefrau, Mutter, Schriftstellerin, Gefangene, Witwe und Puppenspielerin. Der „Jahrhundertfrau der Avantgarde“ ist eine Ausstellung in der „Alten Post“ gewidmet.  Foto: Kling-Kimmle
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  • Emmy Hennings-Ball: Animiermädchen, Schauspielerin, Ehefrau, Mutter, Schriftstellerin, Gefangene, Witwe und Puppenspielerin. Der „Jahrhundertfrau der Avantgarde“ ist eine Ausstellung in der „Alten Post“ gewidmet. Foto: Kling-Kimmle
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von andrea katharina kling-kimmle

Pirmasens. Sie setzte die „Waffen der Frau“ ein, um zu überleben. Doch Emmy Hennings-Ball verließ sich nicht nur auf ihr hübsches Gesicht und ihren weiblichen Körper, sie hatte auch literarische Ambitionen, die ihr in späteren Jahr ein Auskommen bescherten. Der „Jahrhundertfrau der Avantgarde“ ist eine eindrucksvolle Ausstellung bis 26. April im Kulturforum „Alte Post“ gewidmet, konzipiert von Koordinatorin Charlotte Veith und Ball-Kenner Dr. Eckhard Faul.

Kind, Mutter, Schauspielerin, Gefangene, Ehefrau, Witwe, Schwester und Schriftstellerin. Um die vielen Facetten der Gattin des gebürtigen Pirmasensers und Dada-Mitbegründers Hugo Ball darzustellen, sie aus ihrem „Schattendasein“ zu führen, haben Charlotte Veit und Eckhard Faul unzählige Bilder und Dokumente aus dem großen Fundus der Ball-Sammlung in der Stadtbücherei sowie dem schweizerischen Literaturarchiv gesichtet. Die zweigeteilte Ausstellung in den beiden Präsentationsräumen der Alten Post ist der Lohn einer sechsmonatigen intensiven Arbeit. Gerade vor Ort in Pirmasens habe man so reichlich Material vorgefunden, „dass wir noch viel mehr hätten zeigen können“, so Dr. Faul und seine Mitstreiterin spricht bei der Ball-Sammlung gar von einem „Glücksfall“. Der Pirmasenser, der sich schon lange mit Hugo Ball und seinem Werk beschäftigt und jedes Jahr den Almanach herausgibt, freut sich über das erwachende Interesse an Emmy Henning, „einer Frau in einer Männergesellschaft“, deren literarisches Talent eher unbemerkt blieb – im Gegensatz zur heutigen Zeit. Im Rahmen einer Medienpartnerschaft sind im Museumsshop das brandneue Hörbuch „Gefängnis“ (1919 war der Roman erschienen) sowie die Graphic Novel „Alles ist Dada“ von Fernando Gonzáles Vinas und José Lázaro (eine Übersetzung aus dem Spanischen) erhältlich. Einen eigenen Katalog, so Charlotte Veit, wird es nicht geben.
Emmy Hennings-Ball (1885 – 1948) schlüpfte mit Vorliebe in verschiedene Rollen, posierte gerne und war eine gute Selbstdarstellerin. Eigentlich, so Eckhard Faul, seien Literaturausstellungen, die von Texten leben, „sehr spröde“. Doch dank der „Schwächen“ dieser Frau peppen viele (große) Bilder die Präsentation auf, fesseln die Blicke des Betrachters und machen neugierig auf die Person hinter der Person. Schon zu Lebzeiten hat Emmy Hennings Männer fasziniert. Sie hatte viele Liebhaber, darunter Erich Mühsam und Johannes R. Becher, und stand auch als Model für Maler wie Reinhold Rudolf Junghanns zur Verfügung. Wie Faul mit einem Schmunzeln erklärt, hatte Charlotte Veit so ihre Probleme mit den zahlreichen Herren. Einen besonderen Akzent erhält die Ausstellung durch ein „Schmankerl“ aus dem Ball-Archiv: Aus einer Mappe mit elf Zeichnungen Junghanns’ von Emmy in Lichtdruck aus dem Jahr 1913, die den Titel „Variationen über ein weibliches Thema“ trägt, stammen teils groteske Abbildungen, die eine Wand zieren. Daneben gibt es schwarze Tafeln mit Texten der Künstlerin wie ihr Gedicht „Der blonde Fetzen“ oder Passagen aus ihren Büchern „Gefängnis“ und „Das Brandmal“. Eigene Erfahrungen, wie die Inhaftierung in München oder die Arbeit als Prostituierte zur Finanzierung ihrer Morphiumsucht, sind darin eingeflossen.
Emmy Hennings, die 1920 Hugo Ball heiratete und den Gatten einige Mal in seine Heimatstadt begleitete, wurde in Pirmasens aufgrund ihres anrüchigen Lebenswandels schief angesehen. Auch sei man nicht begeistert gewesen, so Dr. Faul, dass sie Hugo Ball zum Katholizismus bekehrte. Trotzdem hielt sie nach den Worten von Dr. Faul weiterhin Kontakt zur Heimat ihres Mannes. Briefe an ihre Schwägerin, der sie 1947 auch ein „Fettpaket“ schickte, unterschrieb sie mit „deine Schwester“.
In der Alten Post sind auch Aufnahmen mit ihrer Tochter Annemarie aus der kurzen Ehe mit dem Schriftsetzer Joseph Paul Hennings zu sehen, die zunächst bei der Großmutter später beim Ehepaar Ball lebte.
Eine Fotografie, die Emmy Hennings-Ball mit einer ihrer Handpuppen beim Auftritt im Cabaret Voltaire zeigen, stammt aus einem Programmheft von 1916, dem „teuersten Exponat“ der Ball-Sammlung. Das hat die museumspädagogische Mitarbeiterin der Alten Post, Denise Kamm, zu einem Workshop-Angebot sowohl für Kinder als auch Erwachsene zur Fertigung von Handpuppen nach dadaistischem Vorbild animiert. Um sich dem Ausstellungsthema zu nähern und bei Menschen aller Generationen Neugierde auf die Veranstaltung zu wecken, picke sie sich manchmal ein Detail heraus und gestalte so ein Highlight für das Rahmenprogramm, erklärt Denise Kamm im Gespräch mit dem Wochenblatt.
Emmy Hennings-Ball bietet ohnehin ein großes Potenzial an kulturellen Möglichkeiten, hat Charlotte Veit festgestellt. So ist die Ausstellung verbunden mit der Verleihung des Hugo-Ball-Preises am 23. Februar an den Schriftsteller und Kabarettisten Bov Bjerg. Den Förderpreis nimmt an diesem Tag die Künstlerin Kinga Tóth entgegen. Am 25. April wird das Theaterstück „Emmy Hennings – Ein poetisches Verhör“ aufgeführt. Außerdem gibt es verschiedene Führungen. Die Ausstellung endet am 26. April mit der Finissage ab 14 Uhr. ak

Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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