Originelle Geburtstagsfeier für Stadtgründer auf dem Schlossplatz
Landgraf bemüht „Ghostwriter“ für Rede an seine Untertanen
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Vor 300 Jahren kam Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt zur Welt, der große Gönner von Pirmasens. Er machte 1763 das Walddorf zur Stadt. An seinem Geburtstag am 15. Dezember wurde der adlige „Poltergeist“ von der Bevölkerung gefeiert – mit Trommelwirbel und Geburtstagskuchen auf dem Schlossplatz.
Ein „dreifach kräftiges Hurra“ gab es von seinen Grenadieren zum Auftakt der Party auf der Bühne des „Belznickelmarktes“ gegenüber dem Alten Rathaus, wo sich die Ahnengalerie des Landgrafen befindet. Hier zu sehen auch ein Bild von Opa Johann Reinhard III. von Hanau, der 1720 in Pirmasens ein Jagdschloss erbaut hatte. Der Großvater setzte seinen Enkel als Erben ein und schuf so die Voraussetzung, dass sich das kleine Walddorf einmal zu einer lebendigen Stadt entwickeln würde. Das unterstrich auch Oberbürgermeister Markus Zwick, für den Ludwig „eine der schillerndsten Persönlichkeiten seiner Zeit“ war. Mit seinem Faible für das Soldatenleben brachte er Grenadiere von stattlicher Gestalt nach Pirmasens. Unter seiner Regentschaft wuchs die Bevölkerung von Anfangs 250 Bürgern auf die stolze Zahl von 9.000 Einwohnern. Der OB lobte den Stadtgründer als einen „gütigen Fürsten“, der nicht nur den Galgen abschaffte, sondern Pirmasens mit einer Garnisonsschule, dem Exerzierplatz, dem Alten Rathaus sowie der Johannes- und Lutherkirche beglückte. Wenig erfolgreich war Ludwig mit seinem Eifer Goldmünzen zu prägen. Deshalb begnüge sich die Stadtverwaltung heute „nur Schokoladentaler“ unters Volk zu bringen.
Zur Geburtstagsfeier hatten sich zahlreiche Menschen auf dem Schlossplatz versammelt, die staunend der Nachricht des Oberbürgermeisters lauschten, dass sich Ludwig, der 1790 gestorben war und dessen sterbliche Überreste in der Lutherkirche ruhen, mit einer „Eildepesche“ vom 12. Dezember 2019 an seine „Untertanen“ wendete. Als Poltergeist im Jenseits hat der Landgraf seine Stadt und den „langen Kerl“ OB Zwick stets im Auge. Dabei mokierte er sich, dass dieser lieber auf Bällen und beim Partnerschaftstreffen tanze, statt zu den Klängen der selbst komponierten Märsche exerzieren lasse. Sehr zufrieden ist er dagegen mit der Stadtentwicklung – abgesehen von der miserablen Haushaltssituation. Lob gab es für die engagierten Frauen, die einst aus den Uniformen der Grenadiere Schlabben gemacht, diese über Land verkauft haben und so zum Unterhalt der Familien beitrugen. Trotz widriger Umstände hätten die Bürger ihre Herkunft nie verleugnet und auch harte Zeiten tapfer gemeistert. Dieses „Wunder von Pirmasens“ nötigte dem hohen Herrn auch im Jenseits großen Respekt ab.
Mit einem Trommelwirbel wurden diese Worte bedacht, bevor die Nachfahren des Stadtgründers den großen Geburtstagskuchen anschnitten. Am Rande der Veranstaltung wurde bekannt, dass OB Zwick für den adligen Poltergeist den „Ghostwriter“ gespielt hatte.ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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