Pirmasens ist mitten in der Corona-Krise angekommen
OB in Quarantäne Polizei hält Wache
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Am Morgen schien die Welt noch in Ordnung. Vor der Schlossgalerie saßen gut gelaunte Menschen in gemütlicher Runde bei Cappuccino und Kuchen zusammen und genossen die herrliche Frühlingssonne. Wenige Stunden später meldet sich OB Markus Zwick per Facebook mit einer persönlichen Botschaft zu Wort: „Erster Corona-Fall in Pirmasens – Stadtspitze betroffen und vorsorglich in Homeoffice“. In der Fußgängerzone ist Ruhe eingekehrt. Ein Polizeiauto fährt durch, zwei Beamte von der Bereitschaftspolizei in Enkenbach schauen nach dem Rechten. Ihre Beobachtung: „Leider gibt es noch immer Bürger, die sich nicht an die Spielregeln halten“.
Schon vor Tagen hatte die Stadtverwaltung im Zuge der staatlichen Vorgaben eine Allgemeinverfügung erlassen, die wichtige Anordnungen enthält. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Abend in ihrer Ansprache ans Volk eindringlich darlegte, kann der Kampf gegen die weltweit wütende Viruserkrankung Covid-19 nur gewonnen werden, wenn sich alle daran beteiligen. Denn die Lage sei ernst, das Robert-Koch-Institut warnt vor einem Anstieg der Erkrankten auf bis zu 10 Millionen. Deshalb muss das öffentliche Leben so weit wie möglich heruntergefahren werden, haben Geschäfte und Freizeitstätten geschlossen, sind Restaurants nur noch begrenzt geöffnet, finden keine Veranstaltungen mehr statt und sind Zusammenkünfte verboten. Zwar verkündete Angela Merkel im Gegensatz zu ihren Kollegen in anderen Ländern keine generelle Ausgangssperre, aber die Menschen sollen zuhause bleiben.
Trotz dieser eindringlichen Botschaft gibt es Zeitgenossen, die sich nichts verbieten lassen wollen. So wurden gestern Abend vor einem Imbiss in der Fußgängerzone Gäste, die sich in froher Runde auf den Sitzgelegenheiten im Freien niedergelassen hatten, bis spät in die Nacht bedient.
Dies war der Stadtverwaltung zu Ohren gekommen. Eine Überprüfung war gefolgt. Heute Morgen, so schreibt es OB Zwick, sei er mit Dezernent Denis Clauer und Beamten des Ordnungsamtes in der Fußgängerzone (ein Bild auf Facebook zeigt ihn in der Nähe des Imbiss) unterwegs gewesen, „um die Einhaltung unserer Allgemeinverfügung zu überprüfen“. Plötzlich dann die Hiobsbotschaft, dass eine Person aus dem Rathaus, mit der auch die Stadtspitze Kontakt hatte, positiv getestet worden sei. Obwohl alle drei Herrn gesund und munter seien, werden sie die nächsten 14 Tage in häuslicher Quarantäne verbringen, schreibt Zwick. In einer offiziellen Mitteilung des städtischen Presseamtes heißt es, der Stadtvorstand sei uneingeschränkt handlungsfähig: „Abstimmungen und Entscheidungen erfolgen per Videokonferenz“. Bereits am Dienstag war ein Mitarbeiter aus dem Rathaus, der im Landkreis wohnt, positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Am Nachmittag liegt eine gedämpfte Stimmung über der City. Es sind kaum noch Menschen unterwegs. Stühle und Tische vor Eiscafés und Bäckereifilialen sind verschwunden. Cappuccino und Speiseeis werden nur noch über die Straße verkauft. Die wenigen Passanten, die unterwegs sind, erledigen rasch ihre Einkäufe. Die Einschränkungen auch bei der Sortimentswahl sind überall sichtbar, so kündet ein Schild in einem großen Drogeriemarkt in der Fußgängerzone, dass die Abteilungen Handarbeit, Spielwaren und Multimedia bis auf weiteres geschlossen sind. Eine Japanerin, die einen bunten Schal schützend vor den Mund hält, will wissen, warum die Geschäfte geschlossen sind und ob sie morgen wird geöffnet haben. Von den offiziellen Anordnungen hat sie noch nichts gehört.
Am Schlossplatz, der sonst von Müttern mit Kleinkindern, älteren Menschen und sonnenhungrigen Passanten regelrecht belagert ist, sitzen einzelne Personen weit entfernt voneinander auf den Bänken. Ein Polizeiwagen fährt langsam durch die Fußgängerzone. Zwei junge Beamten von der Bereitschaftspolizei in Enkenbach sind zur Unterstützung der Kollegen herangezogen worden, denn es muss öfter Streife gefahren werden. Das bedeutet Sonderschichten für die Polizisten. Sonst oft im Einsatz bei „heißen Fußballspielen“ überprüfen die Beamten nun, ob die verordneten Maßnahmen von der Bevölkerung eingehalten werden. Doch scheint vielen die Lage noch nicht klar zu sein: „Es gibt immer noch uneinsichtige Menschen“, haben die Polizisten beobachtet.
Auch das Ordnungsamt ist unterwegs, um zu kontrollieren. Ihr Blick gilt unter anderem den Spielplätzen, die mit rot-weißen Bändern abgesperrt sind. Die Benutzung ist ebenfalls verboten.
Es sind „einschneidende Maßnahmen“, die manchem auch „weh tun“, wie es die Bundeskanzlerin formuliert hat. Aber sie sind notwendig im Kampf gegen das Coronavirus. Deshalb wendet sich OB Zwick in seinem Facebook-Beitrag nochmals an die Pirmasenser mit der Bitte, „sich an die Regeln der Hygiene zu halten, enge soziale Kontakte auf das Unvermeidliche zu beschränken und sich streng an unsere Anordnungen zu halten“. ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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