Zwei Tiere in 24 Stunden tot - Betroffene Schäferei berichtet über Blauzungenkrankheit
Südwestpfalz. Die Blauzungenkrankheit hat die Westpfalz erreicht. Auch die Schäferei Mosis ist mit einer Herde in Nünchweiler betroffen. Für viele Schäfereien bedeutet das den finanziellen Ruin, ihre Existenz ist vernichtet, sagt Schäfer Manuel Mosis. Die Ungewissheit sei groß. Im Gespräch mit Redakteurin Cynthia Schröer erzählt Mosis, was die Krankheit für seinen Betrieb bedeutet und wie er mit der Tierseuche umgeht. Ihn belastet in diesem Zusammenhang nicht nur der wirtschaftliche Schaden.
Anfang des Monats wurde die Blauzungenkrankheit bei einem Rinder-Betrieb in der Westpfalz nachgewiesen. Neben der Schafherde von Mosis ist noch eine andere Schäferei mit einer Herde in der Verbandsgemeinde Thaleischweiler-Walhalben betroffen.
Eine Infektion sei schon seit ein paar Tagen erkennbar gewesen, bevor er am Dienstag das offizielle Untersuchungsergebnis erhalten hat, berichtet Mosis. Glücklicherweise sei nur eine seiner Herden betroffen, sagt er erleichtert.
"Wir beweiden überwiegend Photovoltaik-Anlagen. Bei einer davon in der Gemarkung Nünschweiler befindet sich die betroffene 40-köpfige Herde." Bei der Blauzungenkrankheit zeigen Schafe teils schwere Symptome wie Fieber, Teilnahmslosigkeit, ein Anschwellen der Schleimhäute und Zunge und schmerzhafte Entzündungen an den Klauen. In seiner betroffenen Herde seien vier Schafe schwerer erkrankt, zehn hätten leichtere Symptome, informiert Mosis. Zwei Tiere seien gestorben – innerhalb von 24 Stunden nach dem Auftauchen der ersten Symptome. "Das ging rasend schnell. Man merkt auch der gesamten Herde an, dass sie schlapp und nicht so fit ist wie üblich." Mosis nummeriert die Schafe, die sich mit der Blauzungenkrankheit infiziert haben. So dokumentiert er, ab wann die Symptome begonnen haben und wie sich der weitere Verlauf entwickelt.
Da es sich um eine meldepflichtige Seuche handelt, dürfen die betroffenen Tiere nicht in andere Regionen gebracht werden. Die Herde bleibt also in Nünchweiler. Stark erkrankte Tiere sind in einem separierten Bereich untergebracht, in dem sie durch einen einfacheren Zugang täglich besser kontrolliert werden können.
Tiere nur begrenzt einsatzfähig – Verträge können nicht erfüllt werden
Was bedeutet der Ausbruch der Tierseuche wirtschaftlich für die Schäferei? "Diese Herde ist nur begrenzt einsatzfähig", sagt Mosis. Die Tiere seien "einfach nicht fit, schlapp, antriebslos". Sie lägen viel und hätten auch nur eingeschränkten Appetit. "Das bedeutet, dass wir unsere Verträge in der Grünland- oder Landschaftspflege nicht ausreichend erfüllen können.
Teilweise müssen Grünflächen maschinell von uns gepflegt werden, da sonst gerade im Solarpark der Aufwuchs überhandnimmt", berichtet der Schäfer. "Da wir sehr benachteiligte Flächen haben – daher werden diese ja beweidet – ist auch kein fahrbarer Maschineneinsatz möglich. Also muss viel Handarbeit geleistet werden." Das bedeute für den Betrieb enorme zusätzliche Kosten, die die Schäferei selbst tragen müsse. "Auch der zeitliche Faktor ist verdammt schwierig, denn ich betreibe die Schäferei und die Grundlandpflege nur im Nebenerwerb. Momentan ist es aber ein absoluter Vollzeitjob."
Die Blauzungenkrankheit wirkt sich auch auf den Fortbestand der Herde aus: Bald beginne die Decksaison, damit es im Frühjahr Lämmer gibt. "Die kranken Tiere müssen erst mal wieder zu einhundert Prozent auf die Beine kommen. Die können nicht eingesetzt werden. Man möchte ja nur gesunde und vitale Tiere in der Zucht und über den Winter haben." Eine Trächtigkeit sei eine zusätzliche Belastung, die er den infizierten Schafen nicht zumuten möchte. Folglich falle "ein großer Brocken" an Mutterschafen weg.
Genesung ist nicht sicher
Ob seine kranken Schafe überhaupt jemals wieder gesund werden, weiß Mosis nicht. "Es ist leider völlig unbekannt, ob sich die Tiere vollkommen von der Infektion erholen. Dazu gibt es noch keine Erfahrungswerte. Die BTV-3 ist in dieser Art komplett neu über uns gekommen." Anmerkung der Redaktion: BTV-3 meint die Blauzungenkrankheit mit Serotyp 3. Serotyp bezeichnet die Unterart der auslösenden Bakterien. Hinzukomme, dass sich die Tiere auch mehrmals mit der Krankheit infizieren könnten.
Wie lange schafhaltende Betriebe noch mit der Tierseuche zu kämpfen haben, kann Mosis ebenfalls nicht absehen, denn Gnitzen – die Mücken, die die Seuche übertragen – sind bei dem aktuellen feuchtwarmen Wetter sehr aktiv. "Ein plötzlicher Wintereinbruch und tagelanger Frost würde sehr helfen und die Mücken töten." Aber dann sei immer noch ungewiss, ob die Tierseuche im kommenden Jahr nicht wieder auftritt. "Es macht einen teilweise machtlos", sagt Mosis. Er ist auch als Schafscherer und Klauenpfleger unterwegs und betreut auch einige andere Schäfereien. Er hat beobachtet, dass viele die Haltung bereits aufgegeben hätten. "Das schlägt ein riesiges Loch in die Haushaltskasse." Bei einigen Betrieben sei durch die Blauzungenkrankheit die komplette Existenz vernichtet worden. Auch die Ungewissheit sei ein großer Faktor. Bei Mosis selbst kommt eine zusätzliche Belastung hinzu: "Das Leid der Tiere kann und will man nicht mitansehen, tagtäglich oder Jahr für Jahr." cyn
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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