Ein besonderes Highlight zum Zweiten Staatsexamen
Künftige Förderschullehrerinnen besuchen Ausstellung in Ramstein
Ramstein-Miesenbach. Zu einem Museumsbesuch der besonderen Art trafen sich am Dienstagnachmittag vergangener Woche zwölf Absolventinnen des Staatlichen Studienseminars für das Lehramt an Förderschulen Kaiserslautern und ihre Ausbilderinnen im Museum im Westrich in Ramstein. Prof. Dr. Andreas Fröhlich, der Initiator der aktuell im Museum zu sehenden Sonderausstellung „In Ramstein fing es an – 45 Jahre Arbeit mit schwer beeinträchtigten Kindern“, hatte die jungen Lehrkräfte zum Fachgespräch ins Museum eingeladen.
Dass Lehramtsausbildung in Pandemiezeiten besondere Herausforderungen mit sich bringt, leuchtet ein. Doch was bedeutet es gerade auch in der Förderung schwerbehinderter Kinder und Jugendlicher, wenn junge Lehrkräfte die ersten Schritte ins Berufsleben mit nur wenig direktem Schülerkontakt und unter besonderen Corona-Bedingungen unternehmen müssen? Die frisch gebackenen Förderschullehrerinnen aus dem Staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Förderschulen Kaiserslautern wussten davon zu berichten. „Gerade vor dem Hintergrund sehr eingeschränkter Erfahrungsmöglichkeiten im zurückliegenden Jahr, aber auch generell, war der geführte Museumsrundgang ein absolutes Highlight für uns“, so eine der Absolventinnen. Was den Nachmittag zum Highlight machte, war der Austausch mit Prof. Dr. Andreas Fröhlich, der nicht nur deutschlandweit sondern auch international als einer der führenden Vertreter der Schwerbehindertenpädagogik gilt.
Unter seiner Federführung und der wissenschaftlichen Begleitung von Prof. Dr. Ursula Haupt begann vor über vierzig Jahren in Ramstein ein erster Schulversuch, der nach Wegen suchen sollte, Kinder mit sehr schweren und mehrfachen Behinderungen, die damals noch als „bildungsunfähig“ galten, pädagogisch zu fördern. Erst dank dieses Schulversuchs kam es 1980 zu einer Änderung des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes, infolge dessen nun auch Kinder mit komplexen Behinderungen in Schulen aufgenommen wurden. Von da ausgehend folgten auch Gesetzesänderungen in den anderen Bundesländern, so dass das Recht auf Schule für alle Kinder, auch für die mit schwersten Beeinträchtigungen, anerkannt wurde. „Das war ein bedeutsamer Schritt in der Geschichte des Schulwesens überhaupt“, so Andreas Fröhlich, dessen pädagogisches Konzept „Basale Stimulation“, neben dem Kontext Schule vor allem auch die Weiterentwicklung der Krankenpflege stark beeinflusste. Heute ist diese „Erfindung“ aus dem Landkreis Kaiserslautern aus der schulischen Pädagogik bei schwerer Behinderung sowie aus den Lehrplänen der Alten- und Krankenpflege nicht mehr wegzudenken.
Auch wenn die jungen Lehrkräfte die Schriften und Konzepte von Prof. Dr. Fröhlich aus dem Studium bereits kannten, so war die persönliche Begegnung mit dem „Erfinder“ doch ein beeindruckender Moment am Ende der Ausbildung, die jüngst mit dem Zweiten Staatsexamen endete. Arrangiert wurde die Begegnung von Simone Götzinger, die bei Fröhlich als Professor für Allgemeine Sonderpädagogik an der Universität Landau studiert hat und heute selbst Förderschullehrkräfte ausbildet. „Es ist eben doch etwas anderes, mit dem Menschen persönlich zu sprechen, der all die mittlerweile in der Sonderpädagogik etablierten Vorgehensweisen und Materialien entwickelt hat“, so Götzinger.
Viele der damals entstandenen Ideen würden heute von den jungen Lehrkräften als selbstverständlich wahrgenommen werden. Doch musste das Bildungsrecht für wirklich alle Kinder einst mühsam und mit allerlei Kreativität errungen werden. Das Eintreten für die besonderen Belange von Menschen mit einer schweren Behinderung sei auch heute noch für junge Lehrkräfte überaus wichtig. „Und genau für dieses Eintreten steht Andreas Fröhlich“, so Simone Götzinger.
„Wir hoffen, dass unser Nachwuchs an Lehrkräften die Inspiration, die im Gespräch mit Herrn Prof. Dr. Fröhlich immer wieder zu spüren ist, mit ins nun beginnende Berufsleben nimmt,“ ergänzte Götzingers Kollegin Nora Nax. Die beiden Fachleiterinnen am Studienseminar Kaiserslautern hatten das Thema „Schwere Behinderung im Kontext von Corona“ explizit im Ausbildungshandeln thematisiert. In Kooperation mit Angela Simon und Dr. Annette Damag von der Universität Landau entstand in diesem Zusammenhang 2020 die Website www.schwerebehinderung.com, zu der auch die jungen Lehrkräfte im Rahmen ihrer Ausbildung Ideen und Beiträge entwickelten. Der Museumsbesuch samt Fachgespräch stellte nun einen besonderen Abschluss in einem besonderen Ausbildungsdurchgang dar.
Autor:Stefan Layes aus Ramstein-Miesenbach |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.