Spektakuläre Luftmanöver: NATO-Übung über Ramstein
Kaiserslautern. Lautes Donnern war am Donnerstag, 6. Juni, den ganzen Tag über am Himmel in der kompletten Region rund um Ramstein zu hören. Grund dafür war eine Luftwaffenübung der NATO auf der Air Base der US Air Force in Ramstein. Dabei haben sich Piloten aus neun NATO-Staaten in freundschaftlichen Zweikämpfen gemessen. Bei dem Training sollten die grundlegenden Manöverfertigkeiten und Taktiken der Piloten im Kampfflug getestet werden. Dabei wurde der Ernstfall simuliert.
Von Cynthia Schröer
Um 11 Uhr morgens ist auf dem Parkplatz des Denkmals in Ramstein ein leises Dröhnen aus der Ferne zu hören. In Bruchteilen von Sekunden wird es lauter, schwillt plötzlich zu einem ohrenbetäubenden Donnern an, das die Luft zerschneidet. Wer in den Himmel sieht, erkennt sofort den Ursprung des Lärms: Ein Kampfjet zieht über den Köpfen der Menschen vorüber und ist nach wenigen Sekunden auch schon wieder über der dichten Wolkendecke verschwunden. Auch der Lärm ist fast vollständig abgeklungen. Das war der erste von zwei Kampfjets, die von der Air Base der US Air Force aufgestiegen sind, um sich in einem Eins-gegen-Eins-Wettkampf (die Air Force spricht von einer "1-v-1 exercise") mit einem Gegner in Kampfflugmanövern zu messen. Dieser folgt ihm kurze Zeit später hinauf in den Himmel.
Getose in der gesamten Region hörbar
Von den Manövern selbst ist nicht viel zu sehen, denn sie finden in einer Höhe von 16.000 Fuß, das entspricht rund 4,880 Kilometern, meistens über den Wolken statt. An die Lautstärke der Starts und Landungen kommen die Kämpfe in der Luft für die Menschen am Boden nicht ran. Dennoch: In einem breiten Umkreis bis in die Städte Kaiserslautern und Landstuhl, bis in die Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau war das Getose am Himmel von 11 bis 18 Uhr deutlich zu hören. Mancherorts wurden auch die Kampfjets gesichtet.
"Hundekämpfe" wie bei der Marine
"Dogfighting" (Deutsch: "Hundekampf"), werden diese Kämpfe in Insiderkreisen genannt. Das Prinzip dieser Trainingseinheit ähnelt den Eins-gegen-Eins-Übungen der "Navy's fighter weapon school", der Jagwaffenschule der Marine. Neun NATO-Staaten – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Polen, Finnland und die USA – haben mit 37 ihrer besten Kampfflieger an der Luftwaffenübung teilgenommen.
Ernstfall wird simuliert
Die Piloten üben den Ernstfall im Krieg: Ihnen werden vor dem Start nur die Koordinaten des Luftraums mitgeteilt, zu denen sie zu einem festgelegten Zeitpunkt mit ihrem Kampfjet fliegen müssen. Erst kurz bevor die beiden Piloten in der Luft aufeinandertreffen, wissen sie, gegen welchen Kampfflieger sie antreten. So wird der Moment simuliert, in dem sich zwei feindliche Kampfjets begegnen. Im Abstand von etwa 30 bis 40 Minuten starten jeweils zwei Piloten nacheinander zu ihrem Zweikampf von Gate 2 auf der Air Base. Parallel dazu landen am gleichen Gate ihre Vorgänger, lassen ihre Maschinen auf der langen Start- und Landebahn ausrollen und fahren dann geordnet in Reih und Glied auf dem sogenannten Taxi-Way zur Wartung wieder zum Stellplatz.
Dort warten die übrigen Kampflieger auf ihren Einsatz.
Zu Sicherheitszwecken steht am Rollfeld immer mindestens ein Feuerwehrfahrzeug bereit.
Ziele der Übung
Die Übung verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die grundlegenden Fähigkeiten der Piloten verbessert werden. Dabei werden die Reaktionszeit, die körperliche Ausdauer und das Situationsbewusstsein der Piloten auf die Probe gestellt, sagte Oberstleutnant Kyle Rutherford von der US Air Force. Diese Grundfertigkeiten werden unter dem Begriff "Basic Fighter Maneuvering", kurz BFM zusammengefasst. "Eine zeitlose Fähigkeit, die auf die ersten Kampfpiloten im Ersten Weltkrieg zurückgeht", ergänzt Rutherford. Es gebe keinen besseren Weg, Vertrauen in das Flugzeug oder die Fähigkeiten eines Piloten aufzubauen, als einen 1-v-1- BFM-Kampf zu bestreiten.
Zum Zweiten soll die NATO-Luftwaffenübung die Zusammenarbeit der NATO-Staaten und die Kameradschaft der Streitkräfte untereinander fördern. "Die Teilnehmer sind nicht nur NATO-Verbündete, sondern eine Gemeinschaft, die durch echte Freundschaft und Respekt verbunden ist", betont Rutherford. Das sei entscheidend, da militärische Operationen eine außergewöhnliche Teamarbeit erfordern, die oft überlebenswichtig sei. Ein Pilot müsse sich auf seine Kameraden verlassen können.
Auch die Zusammenarbeit der Crew im Hintergrund wurde bei der Übung trainiert. So wurden die Jets der einzelnen NATO-Staaten von Wartungspersonal aus anderen Ländern überprüft. Ein Beispiel dafür ist eine norwegische F-35, die nur teilnehmen konnte, weil amerikanische F-35-Instandhalter angeboten haben, bei ihrer Wartung zu helfen.
Piloten haben Spaß an der Übung
Manche mag das Szenario in Ramstein an den Film "Top Gun" aus dem Jahr 1986 erinnern, in dem Tom Cruise als Kampfpilot der US Navy in waghalsigen Flugmanövern den Spaß am Fliegen eines Kampfjets zum Ausdruck bringt. Hatten die Piloten in Ramstein Spaß an der Übung oder ging es dabei wirklich nur um eisenhartes Training für den Ernstfall? "Das schließt sich nicht gegenseitig aus. Die besten Flüge, die ich je hatte, waren sowohl sehr lustig als auch eine sehr große Lernerfahrung", erzählt Rutherford. "Wir lernen eine Menge darüber, wie man dienstübergreifend fliegt und sich in einem neuen Luftraum mit Leuten aufhält, die man noch nie zuvor getroffen hat. Aber ich würde behaupten, dass jeder einzelne dieser Piloten während der ganzen Sache eine Menge Spaß hatte, auch wenn sie gegeneinander kämpften."
Beste Voraussetzungen in Ramstein
Warum wurde Ramstein als Ort für die Übung gewählt? Die Ramstein Air Base ist das Hauptquartier der United States Air Forces in Europe-Air Forces Africa und das Hauptquartier des Allied Air Command Ramstein, einer NATO-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften. Laut Oberstleutnant Rutherford ist die Air Base in Ramstein der "logische Ort für eine solche Übung". In Ramstein sei es am einfachsten, alle Beteiligten zur gleichen Zeit an einem Ort zu versammeln. Auch sei die Unterstützung der einzelnen Stabsbereiche gegeben, zu denen sofort Kontakte geknüpft werden konnten, um die Übung aufzubauen.
Warum nach der Übung ein Soldat auf einem brennenden Klavier gespielt hat, lesen Sie hier.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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