Erste Sonderausstellung nach der Renovierung des Nordpfälzer Heimatmuseums
Rockenhausen. Am Samstag, 27. Januar, um 18.15 Uhr, lädt der Nordpfälzer Geschichtsverein sowie der Museumskreis des Heimatmuseums zur Eröffnung der Sonderausstellung „Jüdische Friedhöfe in der Verbandsgemeinde Nordpfälzer Land“ alle Geschichtsinteressierte ganz herzlich ein. In zwölf Gemeinden der Verbandsgemeinde Nordpfälzer Land existieren heute noch jüdische Friedhöfe. In Rockenhausen und in Dielkirchen lassen sich sogar noch zwei nachweisen. Ihr Erhaltungszustand ist unterschiedlich, was zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, dass sie oft an hängigen Plätzen mitten im Wald liegen. Die Ausstellung ist bis Juni 2024 jeweils donnerstags und sonntags von 14.30 bis 17.30 zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Die Fotos in der Ausstellung stammen von Frau Sandra Hölker, Dörnbach, die sich die Mühe gemacht hat, die Friedhöfe aufzusuchen und die Bildtafeln zusammen zu stellen. Dr. Thomas Rusch und Jochen Schott vom Museumskreis betreuen die Ausstellung
Der Friedhof, im Hebräischen als „Haus des Lebens“ oder „Haus der Ewigkeit“ bezeichnet, hat für die Juden einen überaus hohen Stellenwert. Er sollte immer außerhalb der Ortschaft liegen und eingefriedet sein. Das Grab gilt als Eigentum des Toten bis zum Ende der Zeiten und kann daher weder aufgelassen noch neu belegt werden. Jede Nutzung des Friedhofgeländes, etwa durch den Genuss von dort wachsenden Früchten, vom Gras oder Holz, ist untersagt.
Auch Grabbepflanzung war lange umstritten, da sie als Störung der Totenruhe galt. Besuchte man das Grab, legte man einen kleinen, unterwegs gefundenen Stein auf den Grabstein- ein Brauch, der wohl an die Zeit erinnert, als die Juden ihre Toten in der Wüste beerdigten und das Grab durch Abdecken mit Steinen vor wilden Tieren schützten. Kam eine jüdische Gemeinde in finanzielle Not, durfte sie Kultgeräte verkaufen, sogar auch die Synagoge, aber niemals ihren Friedhof.
Einen Judenfriedhof gibt es in Alsenz seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Er liegt am Goldgraben. Der älteste Grabstein dort stammt aus dem Jahre 1710. 1868 bat der Synagogenausschuss die politische Gemeinde, den Friedhof zu erweitern, was nach längeren Streitigkeiten dann auch geschah. Auf dem alten Teil des Friedhofs befinden sich noch 67 Grabsteine und zwei Kindergräber. Die Steine stammen aus den Alsenzer Sandsteinbrüchen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof von der politischen Gemeinde in einen ordentlichen Zustand versetzt. Das letzte Begräbnis fand dort 1963 statt. In Dielkirchen gibt es einen älteren Friedhof, der seit 1850 am Ende der Bergstraße auf der linken Seite im Kirchberg existiert. Da er sehr bergig und außerdem mit Tannen bewachsen ist, lässt sich seine ursprüngliche Form und Größe nicht mehr erkennen. Insgesamt 27 Grabsteine sind noch vorhanden, zum Teil sind sie umgestürzt und verwittert, manche auch teilweise im Boden versunken. Der neue jüdische Friedhof liegt vor dem Ort, circa 200 Meter von dem christlichen entfernt, auf der rechten Seite oberhalb der von Rockenhausen kommenden Straße. Er umfasst circa 250 Quadratmeter und zwei Grabsteine stehen dort. Seit 1921 wurde er genutzt. Der 1410 Quadratmeter große jüdische Friedhof in Gaugrehweiler liegt westlich vom Dorf an der Straße nach Oberndorf auf der linken Seite an einem steilen Hang. Er ist von Büschen und Bäumen bedeckt und nicht eingezäunt. Dort befindet sich ein Treppenaufgang mit Tor und einem Schild mit der Aufschrift ab 1817. Die 30 Grabsteine sind zum Teil umgestürzt und beschädigt. Die älteren Steine mit hebräischer Inschrift zeigen Spuren von Verwitterung. Auf einem Stein lassen sich segnende Priesterhände erkennen.
Der jüdische Friedhof von Marienthal befindet sich circa ein Kilometer westlich vom Dorf an der Straße nach Falkenstein, an der Abzweigung ins Wochenendgebiet Falkenstein. Er besteht seit 1850 und umfasst 650 Quadratmeter. Hohe Bäume und Büsche sind dort zu finden. Die 38 Grabsteine sind zum Teil stark verwittert und die Beschriftung unlesbar. Der Friedhof ist heute Eigentum der Gemeinde Falkenstein. Der 1150 Quadratmeter große jüdische Friedhof von Münsterappel liegt westlich vom Dorf am „Fürsthang“, von der Straße nach Kalkofen ein Stück weit entfernt an einem steilen Abhang. Er besteht seit 1825 und befindet sich in gepflegtem Zustand. Er ist von einem Drahtzaun und von Büschen umgeben. Die vorhandenen 25 Grabsteine sind alle sehr stark verwittert, sodass die hebräische Schrift nur sehr schwer zu entziffern ist. Der jüdische Friedhof von Obermoschel umfasst 1190 Quadratmeter und liegt am Ortsrand südwestlich von der Kirche, 100 Meter von der Feldstraße entfernt. Er ist von einer Mauer umgeben, liegt an einem Berghang und hat die Form eines gleichseitigen Dreiecks von 40 bis 50 Meter Seitenlänge. Sieben Grabsteine befinden sich im oberen Teil. Viele Steine sind verwittert, manche umgestürzt, andere im Boden versunken. Insgesamt 70 Steine lassen sich dort feststellen. Der Friedhof existiert seit 1819. Ungefähr 350 Meter vom Ortsausgang von Rathskirchen entfernt, an der Straße nach Dörrmoschel, befindet sich auf der linken Seite der Gröbelsberg. Circa 200 Meter von der Straße aus, diesen Berg hinauf sieht man Mauerreste eines circa 20 mal 40 Meter großen Grundstücks. Dort soll nach Aussagen älterer Bewohner in sehr frühen Zeiten ein jüdischer Friedhof gewesen sein. An drei Seiten ist die Mauer noch gut sichtbar. Grabsteine sind keine mehr vorhanden. Oberhalb dieses Friedhofs beginnt der sog. „Totenweg“, auf dem in späterer Zeit die verstorbenen Juden zur Beerdigung nach Teschenmoschel gebracht wurden. Der älteste jüdische Friedhof in Rockenhausen befand sich an der oberen Ringstraße und der ehemaligen Stadtmauer. Dort wurden auch die Dörnbacher Juden gegen eine Gebühr begraben. Heute ist er an der Grasfläche und den alten Kastanienbäumen noch erkennbar. Grabsteine finden sich dort keine mehr. Der neue Friedhof wurde im Jahr 1912 im „Bangert“ beim Schulzentrum angelegt und mit einer Mauer umgeben. Dort finden sich noch 24 Grabsteine. Hier haben 1938 die letzten jüdischen Einwohner ihre Ruhestätte erhalten. Er umfasst eine Fläche von 560 Quadratmeter und ist mit hohen Kastanienbäumen bestanden. Der jüdische Friedhof von Teschenmoschel liegt außerhalb des Dorfes, gegenüber dem christlichen Friedhof, circa 80 Meter links von der Straße nach Bisterschied. Er umfasst 1500 Quadratmeter und ist zum Teil mit einer niedrigen Mauer eingefasst. Er wird bereits 1665 erwähnt. Dort finden sich sehr viele alte, stark verwitterte Grabsteine, die teilweise in der Erde versunken sind. Insgesamt existieren noch 87 Steine. Hier wurden auch Juden aus Rathskirchen und aus Dörrmoschel beerdigt. In St. Alban gab es einen jüdischen Friedhof, der aber fast vollständig verschwunden ist. Auch die Gerbacher Juden wurden dort beerdigt. Am Ende der „Langgasse“, rechts den Berg hoch, circa 200 Meter auf der linken Seite sieht man neben einer Sitzbank noch den Rest eines Grabsteins. Die Gewanne trägt den Namen „Am Judenfriedhof“. Laut Landesarchiv Speyer (Bestand H 37, S Nr. 420) existierte der Friedhof noch im Jahre 1820. Das Grundstück war Eigentum eines Privatmannes, dem die Juden jährlich zehn Gulden Zins gaben. Circa ein Kilometer von Waldgrehweiler entfernt, am asphaltierten Feldweg nach Bisterschied bis auf die Höhe, dann nach rechts über die Wiese, 500 Meter weit bis zum Wald liegt der jüdische Friedhof. Er besteht seit 1890. 13 Grabsteine mit zum Teil sehr schlecht zu lesenden Inschriften befinden sich im vorderen Teil des 15 mal 15 Meter großen Grundstücks, das von einem Holzzaun umgeben ist. Im hinteren Teil befindet sich Dornengestrüpp. Am Ausgang von Würzweiler in östlicher Richtung circa 200 Meter entfernt am Weg nach Ruppertsecken befand sich einst ein jüdischer Friedhof. Die einzige schriftliche Überlieferung zu diesem Friedhof stammt aus dem Jahre 1821. In der Auflistung des Landkommissariats Kirchheimbolanden, heißt es: „Die Juden von Würzweiler begraben ihre Toten in dem Kerperschen Wald und zahlen den Verwaltern der Kerperschen Gefälle nach Maßgabe des Lebensalters 30 Kreuzer bis ein Gulden 30 Kreuzer für die Grabstätte eines Leichnams.“ Dieser Friedhof wurde bis 1925 benutzt. Er ist heute völlig verschwunden. Ein Grabstein ist noch gut erhalten. Er ist unterhalb des Weges nach Ruppertsecken unter Bäumen und Büschen zu sehen und stammt aus dem Jahre 1735. Die Angaben zu den Friedhöfen wurden dem vom Nordpfälzer Geschichtsverein herausgegebenen Buch „Jüdisches Leben in der Nordpfalz“ entnommen.
Am Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr, hält Bernhard Gerlach, Kaiserslautern, im Nordpfälzer Heimatmuseum einen Vortrag zum Thema „Jüdische Bestattungskulturen und alte jüdische Friedhöfe in Rockenhausen und der Nordpfalz.“ Auch dazu ergeht herzliche Einladung. Der Eintritt ist frei.red
Autor:Karin Hoffmann aus Ludwigshafen |
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