Im Zirkus Pepperoni lernen Kinder Akrobatik, Jonglieren und wichtige Dinge fürs Leben
Rockenhausen. Sie jonglieren, vollführen anspruchsvolle Akrobatik und scheinen bei den Figuren an Bändern oder Trapez in der Luft zu schweben. Die jungen Artisten vom Zirkus Pepperoni beeindrucken ihre Zuschauer immer wieder. Der gemeinnützige Verein ist für Kinder und Jugendliche weit mehr als nur körperliches Training. Mit viel Herzblut und Schweiß hat er ein eigenes Zirkushaus für sich und ein vielfältig genutztes Zentrum für die Gemeinde geschaffen. Doch trotz riesiger Nachfrage nach Zirkuskursen ist der Verein verschuldet und die Trainer bangen um ihre Zukunft.
Von Cynthia Schröer
Kinder und Jugendliche von sechs bis 20 Jahren tummeln sich in den zahlreichen Kursen. Die einen jonglieren mit verschiedenen Requisiten, Bällen oder Keulen oder auch Diabolos - zwei Holz- oder Alustangen, die mit einer Schnur verbunden sind. "Anfänger üben Jonglieren erst mit Tüchern, weil die langsamer fliegen", informiert Projektleiter und Zirkuspädagoge Dieter Krücken.
Andere Teilnehmer drehen Teller auf Stäben. Wieder andere schweben in den Kursen zur Luftartistik am Trapez oder an hängenden Tüchern durch den Raum. Auch Balance steht auf dem Programm, zum Beispiel auf einer Kugel laufen oder sogar darauf über ein Seil hüpfen, Einradfahren oder eine Pyramide aus Menschen bauen.
Das klingt alles sehr anspruchsvoll, aber: "Das Angebot ist sehr vielfältig. Man muss nicht körperlich fit sein zum Tellerdrehen oder bei Clownsnummern", erklärt Krücken. Die Zirkuskurse seien für alle Kinder geeignet. "Man kann jedes Kind dabei fördern und fordern. Ohne Leistungsdruck, mit Spiel und Spaß kann man aus jedem Kind herauskitzeln, was in ihm steckt." Dadurch gewinnen die kleinen Zirkusartisten Selbstvertrauen. Vor allem, wenn sie auf der Bühne stehen. "Sie haben ganz individuelle Erfolgserlebnisse, weil sie etwas Außergewöhnliches können." Im Zirkus Pepperoni werden noch ganz andere Fähigkeiten gefördert: "Bei Einzelnummern wie Jonglage werden Motorik, Koordination und Geschicklichkeit verlangt. Gruppenchoreografien stärken die soziale Kompetenz und den Sinn für Gemeinschaft", zählt der Zirkuspädagoge die Vorteile auf.
Deshalb ist wohl auch die Nachfrage im Zirkus Pepperoni so riesig. "Im vergangenen Sommer hatten wir 70 Kinder auf der Warteliste, dann haben wir mehr Kurse angeboten. Jetzt umfasst die Warteliste durch neue Anfragen aber schon wieder 50 Kinder." Derzeit bieten vier Trainer Kurse an. Jeder hat allerdings nur eine halbe Erzieherstelle inne. Mehr kann sich der Verein nicht leisten. Die Folge: "Die können das nur nebenbei machen. Dazu müssen sie sich um das Haus kümmern und das Programm konzipieren. Hinzu kommt Vereinsarbeit wie Organisation von Ferienaktionen, Fortbildungen für Erzieher, Ausrichten von Kindergeburtstagen und Mitmachaktionen bei Festen, Förderanträge schreiben und Steuern machen. Eigentlich füllt die Arbeit eine Vollzeitstelle aus", klagt Krücken.
Deshalb ist der größte Wunsch des Vereins eine dauerhafte institutionelle Förderung für das Haus oder für das Personal. Denn derzeit muss er immer wieder kurzzeitig angelegte Förderungen beantragen, um überleben zu können. Eine mühselige Aufgabe ohne feste Zukunftsaussicht.
Das hat er auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer gesagt, als sie die Einrichtung im April besucht hat. Diese war zwar von dem Zirkusprojekt schwer beeindruckt, aber eine Förderzusage gab sie nicht. "Es gibt das Programm ,Zukunft durch Kultur', aber das ist für dieses Jahr schon belegt", machte die Landeschefin keine falschen Hoffnungen. Sie könne sich aber vorstellen, dass aus diesem Topf im kommenden Jahr eventuell Aussicht auf Förderung bestehe, blieb sie mit ihren Worten sehr vage.
Den Zirkus Pepperoni gibt seit 1988. Er ist damit eines der ältesten Zirkusprojekte Deutschlands. Seinen Sitz hat er schon immer in der Verbandsgemeinde Rockenhausen, doch keine geeigneten Räumlichkeiten. So wanderten die Artisten und ihre Trainer immer von Turnhalle zu Turnhalle in Rockenhausen, Winnweiler und Kirchheimbolanden. "Das war sehr zeitaufwendig, die Teilnehmer mussten mit einem Bus hinfahren und so waren weniger Kurse möglich. Außerdem boten die Turnhallen nicht immer optimale Bedingungen und waren oft belegt", schildert Krücken die Schwierigkeiten. Eine eigene Stätte musste her.
Altes Kino wiederbelebt
Die ehemalige Drahtfabrik in der Schlossstraße schien ideal. Sie wurde bis 1976 als Kino, dann als Supermarkt ("Hit") und zuletzt als Geschenkartikelladen "Dommes & Wenz" genutzt. 2015 kaufte der Verein das Gebäude, das seit sieben Jahren leer gestanden hatte. Die 200.000 Euro dafür erhielt er von der Kinderhilfsaktion "Herzenssache" vom SWR, SR und der Sparda-Bank. Das Gebäude musste entkernt, umgebaut und saniert werden. Dafür wurden Gelder der Leader-Förderung und der Städtebauförderung genutzt, genauso wie weitere Spenden von Stiftungen und auch vielen Privatmenschen. Rund 40 Helfer waren fünf Jahre lang im Einsatz. Etwa 4.000 Arbeitsstunden haben sie in dem Gebäude geleistet. "Alles in allem hat das Projekt rund eine Million Euro gekostet", überschlägt Krücken. Dafür reichten die Fördergelder nicht aus. Der Verein hat aktuell noch 175.000 Euro Schulden.
Mittlerweile dienen die Räumlichkeiten auch anderen Vereinen und Organisationen. Privatpersonen mieten die Räume für Reha-Sport- und Yoga-Kurse. Auch Theaterkurse, Hiphop-Workshops für Jugendliche sowie Musikveranstaltungen wie etwa die Konzertreihe "ROKMusic" finden im Zirkushaus statt. Etwa sechsmal im Jahr organisiert der Zirkusverein auch Theaterveranstaltungen.
Sitz der "Omas gegen Rechts"
Die Ortsgruppe Rockenhausen der Bürgerinitiative "Omas gegen Rechts" hält dort regelmäßig ihre Treffen ab. Die Organisation "Team 4" hat sogar das Kino wieder aufleben lassen. "Das nächste richtige Kino ist schließlich erst im Raum Kaiserslautern oder Bad Kreuznach", merkt Krücken an. Jetzt findet einmal im Monat ein Kinowochenende statt. Freitags wird ein Film für Erwachsene gezeigt, sonntags ein Kinderfilm. Institutionen mieten die Räume auch für Vorträge und Informationsveranstaltungen.
Zentrum aller Zirkusprojekte im Land
Natürlich wird das Gebäude auch für die Vorführungen des Zirkus Pepperoni genutzt, aber auch andere Zirkusgruppen sind dort zu Gast. Schließlich ist das Zirkushaus die Vereinsadresse der Landesarbeitsgemeinschaft Zirkuspädagogik Rheinland-Pfalz. Zu dieser haben sich alle Zirkusprojekte im Land, also in Koblenz, Speyer, Mainz und Lambsheim bei Frankenthal, zusammengeschlossen und organisieren zusammen Projekte wie das Landesjugendzirkustreffen mit Workshops und Übernachtung.
Wer sich für den Beruf eines Zirkuspädagogen interessiert: Zirkuspädagogen haben einen Bundesverband, die Bundesarbeitsgemeinschaft Zirkuspädagogik. Dieser legt die Richtlinien für die Ausbildung fest. Voraussetzung ist eine Ausbildung als Erzieher oder Pädagoge.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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