BriMel trifft
Notfallsanitäter mit sportlichem Einsatz für Kinder
Dudenhofen. Am 27. Oktober traf ich mich mit dem 42-jährigen Mario Hohenegger, der nicht nur als Notfallsanitäter im Rettungshubschrauber täglich Einsatz zeigt, sondern sich in seiner Freizeit auch sportlich betätigt, um krebskranken Kindern zu helfen. Er berichtete mir aus seinem Alltag, den wir von seiner beruflichen Seite eigentlich nur aus dem Fernsehen kennen, wie zum Beispiel „Medicopter 117“ oder „Retter im Einsatz“.
??? Sitzt du in der Leitstelle und wartest auf Einsatz? Oder wie muss man sich einen Arbeitstag bei Dir vorstellen?
Hohenegger: Der Hubschrauber steht auf einer Station - das ist so wie in einer Rettungswache in verschiedenen Orten - und da sind wir dann einsatzbereit von 7.00 Uhr bis Sonnenuntergang. Die Leitstelle ist ja eine zentrale Stelle in Ludwigshafen, die alle Notrufe annimmt, und die alarmiert dann entsprechend die Rettungsmittel in der Vorderpfalz. Und wenn es dann einen Einsatz für uns gibt, werden wir von ihnen alarmiert und rücken innerhalb von zwei Minuten aus.
??? Welche Reichweite habt ihr beim Fliegen? Habt ihr einen bestimmten Radius?
Hohenegger: Ja, so grob bis 75 km, aber teilweise auch noch weiter. Je nachdem was und wo Bedarf ist. Also wir werden auch von anderen Rettungsleitstellen angefordert.
??? Wo landet ihr, wenn etwas passiert ist? Zum Beispiel irgendwo mitten in der Stadt passiert ein Unfall, auf einem Dach? Auf dem Land denke ich ist es einfacher, irgendwo ein Stückchen Feld auszumachen.
Hohenegger: Also Landeplätze auf dem Dach funktionieren nicht. Auf dem Land sind es oft Wiesen, Felder und Sportplätze. In der Stadt muss man halt mehr suchen, da ist es schwierig und heißt so nah wie möglich, aber so sicher wie möglich. Wir gehen kein großes Risiko ein, aber wenn wir ein bissel weiter entfernt vom Patienten sind dann ist man erfinderisch. Entweder man rennt oder man fährt per Anhalter. Alles das kommt vor!
??? Wie viele Rettungshubschrauber gibt es an einer Leitstelle und kam es schon vor, dass alle im Einsatz waren? Und bist du nur fliegend unterwegs oder auch im Krankenwagen?
Hohenegger: Hier im Bereich der Leitstelle Ludwigshafen werden zwei Hubschrauber, im Moment Christoph 5 und Christoph 112, alarmiert. Der Christoph 112 ist extra im Rahmen der Coronakrise zusätzlich vorgehalten worden. Und dann gibt es noch in der Nachbarschaft in Mannheim, in Mainz und in der Westpfalz Rettungshubschrauber, die angefordert werden können. Vor allem im Sommer kommt es schon oft vor, dass alle Hubschrauber unterwegs sind. Das ist schon so. Wir haben einen Einsatzschnitt von fünf bis sechs Einsätzen am Tag mit dem Hubschrauber und bei den anderen sieht es ähnlich aus.
??? Warum gerade im Sommer? Wegen Badeunfällen?
Hohenegger: Nein, viele Verkehrsunfälle sind zum Beispiel Motorradunfälle. Die kommen dann noch mit dazu. Die meisten Einsätze, die wir haben, sind internistische nicht traumatologische Einsätze, also Herzinfarkte, Schlaganfälle, Kreislaufstillstand, Krampfanfälle, Atemnot und solche Einsätze.
??? Also Rettungswagen nicht, nur im Fliegereinsatz?
Hohenegger: Ja genau. Mein Hauptarbeitgeber ist die DRK Rettungsdienst Vorderpfalz GmbH. Die beiden Ludwigshafener Rettungshubschrauber sind von der ADAC Luftrettung. Die Notfallsanitäter/innen werden hier vom DRK gestellt. (Infos: www.christoph5.info ) Ich könnte natürlich auch Rettungswagen fahren, aber ich habe eine Zusatzausbildung und deshalb arbeite ich dort und noch in der integrierten Leitstelle in Ludwigshafen, also da, wo die Notrufe ankommen. Dort arbeite ich 50 % und sonst auf dem Hubschrauber die anderen 50 %.
??? Ich habe höchste Achtung vor Deinem Beruf, denn Du siehst Notfälle, die man sein Leben lang nicht vergisst. Wie gehst du psychisch damit um? Hilft Dir der tägliche Sport dabei abzuschalten?
Hohenegger: Es ist in der Tat so, dass man teilweise Sachen sieht, die von außen betrachtet schier unaushaltbar sind, also tote Kinder oder so. Bei den allermeisten Einsätzen ist das schon so, dass es Routine ist, aber es gibt natürlich auch Extremfälle. Ja, was hilft dagegen? Wir sind ein sehr gutes Team, machen oft Nachbesprechungen, vor allem bei solchen Einsätzen. Ansonsten hilft der Sport auf jeden Fall. Da bekommt man den Kopf frei.
??? Joggen, Wandern und Radfahren! Du machst da bei einem Programm mit, das sich strava.com nennt und alle Deine sportlichen Aktivitäten aufzeichnet. Du bist ja immens viel unterwegs und das bei jedem Wetter; gibt es bei dem Programm auch eine Auszeichnung?
Hohenegger: Eine Auszeichnung nicht wirklich. Also Strava ist eine Plattform, wo diese ganzen GPS-Daten und Kilometerdaten gespeichert sind. Das ist im Prinzip Statistik, aber über diese Plattform bin ich an diese „Kilometer für Kinder“ gekommen, weil das ein anderer Teilnehmer ins Leben gerufen hat. Anhand der Daten, die dann dort gespeichert sind, berechnet sich am Ende dann die Spende. Das ist sozusagen „Facebook für Sportler“. Die mit der Sportuhr aufgezeichneten Daten werden synchronisiert und hinterlegt.
??? Du radelst also für das Projekt „Kilometer für Kinder“, dieser privaten Initiative zur Unterstützung der Deutschen Kinderkrebsstiftung mit dem Zweck, deren Arbeit zu unterstützen. Wie sieht das in der Praxis aus?
Hohenegger: Es ist ziemlich einfach. Prinzipiell gibt es einen Cent pro Kilometer. Ursprünglich war es für Radfahren gedacht, es machen aber auch viele Läufer mit. Ich verwende beides und am Ende des Jahres sehe ich dann wie viele Kilometer ich habe und entsprechend spende ich dann an die Kinderkrebsstiftung. Es machen relativ viele mit für diese gute Sache.
??? Wie viele Kilometer hast du in welchem Zeitraum bereits hinter dir gelassen?
Hohenegger: Dieses Jahr hab ich auf dem Fahrrad ungefähr 1450 km zurückgelegt und bin bisher 850 km gelaufen.
??? Du bist zudem auch noch Dozent im Diakonissenkrankenhaus in Speyer. Über was referierst du?
Hohenegger: Da ist nicht ganz richtig. Ich hab AUCH in Speyer unterrichtet. Ich bin nebenberuflich für die Firma MegaMed tätig; das ist ein in Maikammer ansässiges Unternehmen, das notfallmedizinische Fortbildung anbietet, also in Krankenhäusern, bei den Rettungsdiensten und auf Kongressen usw. Und speziell in Speyer halte ich dort immer Fortbildungen über Neugeborenen-Reanimation und Kindernotfälle.
??? Möchtest du den Lesern noch etwas zu Corona mit auf den Weg geben? Du bist ja sehr nah am Geschehen, falls jemand mit Atemnot dringend Hilfe braucht.
Hohenegger: Also prinzipiell wäre es mir wichtig, dass man nicht auf Corona-Leugner und solche Menschen hört, weil ich weiß es aus der Praxis: „Corona existiert, Corona existiert definitiv!“ Wenn man einmal so etwas wie im Frühjahr gesehen hat, wo wir viele Patienten verlegen mussten und zum Beispiel in Frankfurt die Intensivstationen voll waren mit Covid-Patienten, dann ist das quasi wie ein Schlag ins Gesicht, wenn man dann von Corona-Leugnern hört, das sei alles Quatsch. Also Corona gibt’s! Wichtig ist, sich und andere zu schützen: Maske auf (Nase rein), Abstand halten und Händehygiene! Das ist unverzichtbar im Moment und dann werden wir diese Krise auch überstehen, aber nur dann!
??? Vielen Dank für das aufschlussreiche interessante Gespräch und weiter so „Super Mario““, Daumen hoch! (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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