150 Jahre Spargelanbau in Dudenhofen
Spargel einst und jetzt - vom Hausgarten hinaus in alle Welt

Gestochen - gewogen - verpackt - verschickt und frisch auf den Tisch.  Herkunftslabel mit dem Spargelkörbe vor dem Abtransport „versiegelt“ wurden (ca. vor 1970) | Foto: Repro cke /  A. Holdermann
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  • Gestochen - gewogen - verpackt - verschickt und frisch auf den Tisch. Herkunftslabel mit dem Spargelkörbe vor dem Abtransport „versiegelt“ wurden (ca. vor 1970)
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„Es gibt nicht viele Orte in Deutschland, wo die edelste und königlichste aller Gemüsearten, der Spargel, so gut gedeiht wie in Dudenhofen, gelegen im Rhein-Pfalz-Kreis, dem Gemüsegarten Deutschlands, dort wo die Vorderpfalz sprießt“.
 
So oder so ähnlich hätten wohl schon vor tausenden Jahren chinesische Dichter, ägyptische Pharaonen oder römische Kochbuchschreiber, Feinschmecker und Spargelesser die Vorzüge des für Spargelpflanzungen besonders guten, leichten, von einzigartigen Sandflächen geprägten Kulturbodens und Landschaftsbildes der vorderpfälzischen Gemeinde entsprechend gepriesen und gehuldigt.
  
Dass die Gemüsegattung als zarter, delikater und pikanter Gaumenschmaus auch bei den in der Pfalz lebenden Römern einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, bezeugen neben dem Kochbuch- und Spargelrezeptautor Marcus Gavius Apicius auch archäologische Artefakte, die 1989 im naheliegenden Rheinzabern (in Bronze gegossene Spargelstange) oder 1994 in Trier (Asparagus-Preisschild aus Bleiblech mit Graffito-Schrift) aufgefunden wurden.
 
Nachdem der Spargel im Umbruch der Spätantike „in Vergessenheit“ geraten ist, gelangte er im 16. Jahrhundert dann wieder zurück in unsere Region. Zunächst ins Schwäbische, wo 1565 der Spargelanbau in Deutschland dann auch erstmals urkundlich verzeichnet ist. Das Luxusgemüse wurde gepflegt, wurde heimisch und feierte an Festtafeln der Fürsten wahre Triumpfe. Mit zunehmendem Wohlstand beginnt die Massenproduktion und der Weiß- (oder Bleich-) Spargel setzt sich gegenüber dem Grünspargel zunehmend durch und der Siegeszug hinaus in alle Welt scheint unaufhaltsam.
 
Dudenhofens Weg zur Spargelmetropole
Ein Blick in die Dudenhofener Ortsgeschichte zeigt auf, dass man in Dudenhofen im Jahre 1873 den ersten Spargelsamen ausgelegt hat. Von den beiden, bei einer Speyerer Brauerei beschäftigten Gärtnern Franz Bredel I. und Johannes Gail I., wurde er seinerzeit nach Dudenhofen gebracht und zunächst in Hausgärten angepflanzt. Die erste größere Anlage hat dann etwas später der Landwirt Johann Adam Ofer in der Gemarkung „Eichgarten" angelegt. Bredel und Gail waren es schließlich, die im Jahre 1875 mit den Landwirten Georg Schmitt und Anton Wesel am Hanhofer Weg die ersten größeren Spargelfelder haben erstehen lassen. In den Anfangsjahren wurde der Dudenhofener Gemüsespargel (Asparagus officinalis) schon als Delikatesse in die Speyerer Hotels geliefert oder auf dem dortigen Wochenmarkt als „begehrtes Gemüse besserer Kreise“ abgesetzt. Als dann im Jahre 1895 anlässlich einer Gartenbauausstellung in Schwetzingen die Spargelerzeugnisse aus Dudenhofen mit besonderen Prämien ausgestattet wurden, setzte sich sodann im Ort nach dem Wein (um 1530), dem Tabak (um 1713) und dem Hopfen (um 1850), das Interesse für die Spargelkultur im Allgemeinen durch, wurde im größeren Umfang feldbaumäßig betrieben und gelangte so im Laufe der Jahrzehnte zu der besonderen Bedeutung, die ihm in Dudenhofen dann sukzessive zugekommen ist.
 
1925 vertraten bereits 40 Spargelproduzenten die Gemeinde bei der Süddeutschen Gartenbauausstellung in Ludwigshafen und erzielten gleich mehrere Preise. Nachdem 1930 Mitglieder des Obstbau-Vereins Dudenhofen dem Reichspräsidenten von Hindenburg und Kronprinz Rupprecht von Bayern je eine Auslese ihres besten Spargels verehrt hatten, fand der Dudenhofener Spargel schließlich spätestens in den 1960er Jahren auch überregional an Beachtung: Alfons Holdermann (Landprodukt-Großhändler) erreichte 1961 auf der Bundesgartenausstellung (BUGA) in Stuttgart eine Silbermedaille; 1963 holte er sogar die Goldmedaille auf der Internationalen Gartenausstellung (IGA) in Hamburg. Der Höhenflug des Dudenhofener Spargels schien zu jener Zeit nahezu ungebremst und so dokumentieren 1965 die Annalen des Ortskartells den Stolz der damaligen Berichterstatter auf ihre Heimatgemeinde wie folgt: „Dudenhofen, Spargeldorf, o! wie bist du reich, wohl kein Ort im Speyergau, dir mag kommen gleich“
   
In Dudenhofen begann die Spargelernte früher gewöhnlich im April und endete offiziell dann, wenn die Kirschen reif zum Pflücken sind. Und das ist in der Regel um den 24. Juni (Johannistag) der Fall. Als krönender Abschluss der Saison gilt traditionell ein zünftiges Spargelfest, welches erstmals am 28.06.1925 und in den Folgejahren teils auch mit recht üppigen Festumzügen durch das ganze Dorf veranstaltet wurde. Gefeiert wurde entweder im Innenraum der Radrennbahn, in der Turnhalle, im Zelt am Festplatz, in gemütlichen Hofschänken rund ums „Kersche-Eck“, die „Spahiti-Bar“ oder das „Adlernest“ mitten im Ortskern zwischen Kirche, Pfarrhaus, Firma Walter und der sog. „Drehscheibe“. Seit 2011 dann etwas außerhalb in Kombination mit „kulinarischen Spargelwanderungen“ zwischen Wingartsmühle, Falkenhof, Wasserwerk, Festplatz und Sportplatz.

Die Kunst des Spargelanbaus: Gestern und Heute
Bis weit in die 1990er Jahre wurde der Spargelanbau in Dudenhofen im Familienbetrieb durchgeführt; mittlerweile finden sich fast ausschließlich Erntehelfer aus Osteuropa auf den Äckern, die -mit Spargelmesser und Kelle ausgestattet- in Großgruppen frühmorgens, am späten Nachmittag oder am Abend mit dem Spargelstechen beschäftigt sind.
 
Früher haben die heimischen Spargelbauern durch jahrelange Übung ein besonders trainiertes Auge entwickelt und erkannten sofort, wenn sich die Erde auf dem Spargelhügel ein klein wenig wölbte, leichte Risse an der Erdoberfläche anzeigten, dass hier bald der weiße Spargel das Sonnenlicht erspähen will und sich ein solcher „Durchbruch“ anbahnt. Schnell, aber mit äußerster Behutsamkeit wurde die Erde lose mit der Hand beiseite gegraben und das Spargelmesser tief unten an der Spargelstange zum Schnitt angesetzt. Nachdem der Spargel zwischenzeitlich großteils „unter Folie“ kultiviert wird, sind jedoch auch diese ausgeprägten „Spargelstecher-Gene“ nicht mehr unbedingt erforderlich, denn die Folien erwärmen den Boden besser, der Spargel wächst früher, schneller und die vor dem Spargelstechen hinweggerollte Folie verhindert, dass das edle, weiße Gemüse überhaupt „Rot- Violett- oder Blauköpfe" entwickeln kann. Insofern haben sich die örtlichen Spargelanbaubetriebe mittlerweile auch auf die Gegebenheiten des (globalen) Marktes eingestellt: Bedingt durch die klimatischen Veränderungen und die erweiterten technischen Anbaumöglichkeiten hat sich im Laufe der Jahre die Erntezeit des Spargels verlängert und jeder Spargelbauer baut oftmals mehrere Sorten an. Mitunter führt das auch dazu, dass Traditions- und Heimatsorten, wie zum Beispiel der „Schwetzinger Meisterschuss“, seltener geworden sind und vermehrt durch hybride Spargelsorten verdrängt oder die Angebotspalette zumindest durch widerstandsfähigere Sorten erweitert wird.
 
Der gestochene Spargel wird heutzutage meist maschinell mit speziellen fließbandähnlichen Spargelsäuberungs- /Schnittanlagen in einer bestimmten Länge und in vorgeschriebenen Güteklassen sortiert und - sofern der Verkauf nicht vor Ort an der Straße oder im Hofladen erfolgt - zentral zum regionalen Pfalzmarkt in Mutterstadt verbracht. In früherer Zeit lieferten die Spargelbauern ihre Erzeugnisse noch körbeweise auf dem Fahrrad, im Handkarren oder per Hako-Motorpflug gezogenem Anhänger an einzelnen Sammelstellen in der Ortsmitte ab, wo die Ernte kontrolliert, nach Güteklasse abgewogen und die individuelle Menge auf kleine Zettelchen notiert wurde. Später am Abend warteten vor den Anlieferungsstellen dann die Lastwagen der Händler, um den Weitertransport des frischen Spargels - Mitte der 1960er Jahre waren das in der Hochsaison tagtäglich weit über 100 Zentner - zu gewährleisten.
   
600.000 kg Spargel - Vom Hausgarten hinaus in alle Welt
Es verwundert insoweit auch nicht, dass sich Dudenhofen im Laufe der Jahrzehnte zu einem Dorf der „Feierabendbauern“ entwickelte: Bereits 1926 bewirtschafteten immerhin rund 320 Spargelpflanzer im Ort eine Gesamtanbaufläche von 15 Hektar. 1938 hat sich die Fläche bereits auf 38,37 Hektar erweitert und 1962 betrug die Spargelanbaufläche dann schon 51,39 Hektar. Heute, 60 Jahre später, prägen nicht mehr kleinparzellige Felder und Stückländereien in Form von kreisrund und in „Kuchen oder Tellerform" angelegte kleine Hügel das Landschaftsbild, sondern zumeist schnurgerade Dämme die in fußballfeldgroße Spargelplantagen ausarten. Verblieben sind noch knapp eine Hand voll landwirtschaftlicher Großbetriebe mit ihren Hofläden, die nun aber insgesamt um die 100 Hektar bewirtschaften, was der Gesamtfläche der diesjährigen Bundesgartenschau in Mannheim, bzw. der Größe von ca. 140 Fußballfeldern und einem durchschnittlichen Gesamtertrag von 600.000 kg Spargel entspricht, der so pro Saison auf den Speisetischen der Verbraucherinnen und Verbraucher zum Verzehr kommt.

Hymne der Sandhasen und päpstlicher Segen
Der Spargelanbau hat den Namen von Dudenhofen als eines der ältesten Spargeldörfer der Pfalz bekannt gemacht, was in den letzten Jahren auch Dank interessanter regionaler und überregionaler Marketingaktivitäten und des großen Engagements der verbliebenen heimischen Spargelbauern und Hofläden weiter forciert werden konnte.

2023 können die Spargeldörfler, die im Umland scherzhaft auch oft mit ihrem Spitznamen „die Sandhasen“ geneckt werden, nun auf 150 Jahre Spargelanbau in ihrer Gemeinde zurückblicken. Schon vor einigen Jahren haben sie sich mit kleinen Bronze-Hasen auf dem Rathausplatz, vier symbolstiftenden steinernen Spargel-Hügeln am Friedhofseingang, einem beschaulich/bescheidenem Spargelweg, einer lebensgroßen, in Stein gehauenen, „Spargelfrau“ am südlichen Ortseingang und einer eigenen „Spargelhymne“ selbst schon kleine Denkmäler gesetzt. Ihre Stellung als Teil der Spargelmetropolen Deutschlands konnte sich die Gemeinde Dudenhofen über all die Jahre sichtlich bewahren. Bleibt insofern die Hoffnung, dass dem Dudenhofener Spargel auch in den nächsten Jahren „jener Platz unter den Gemüsen eingeräumt bleibt, der ihm auf Grund seiner hervorstechenden Güte und seines Wohlgeschmacks zukommt“. Dass er gar „himmlische Qualitäten“ besitzt, ist spätestens seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II am 4. Mai 1987 in Speyer bekannt: Zum Mittagessen wurde ihm mitunter eine Spargelcremesuppe und Dudenhofener Stangenspargel kredenzt. Welch höhere Auszeichnung und Ehre wünscht man sich da noch mehr?
       
    
Der Autor des v.g. Beitrags hat auf Grundlage eines im Jahr 1962 vom ehemaligen Bürgermeister Karl Bettag verfassten Berichtes die Erfolgsgeschichte des Dudenhofener Spargels fortgeschrieben. In dem aktualisierten Beitrag werden mitunter Wandel und Veränderungen im örtlichen Spargelanbau aufgezeigt, wie sie sich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte bis ins Jahr 2023 weiterentwickelt haben. Eine etwas ausführlichere Fassung nebst eines Sonderbeitrags zum „Spargellied“ ist auf der Homepage des Heimatvereins www.vhgd.de unter der Rubrik „Chronik/Zeittafel/Beiträge“ nachzulesen.

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Gestochen - gewogen - verpackt - verschickt und frisch auf den Tisch.  Herkunftslabel mit dem Spargelkörbe vor dem Abtransport „versiegelt“ wurden (ca. vor 1970) | Foto: Repro cke /  A. Holdermann
Seit 150 Jahren: Spargelanbau und Spargelernte in Dudenhofen | Foto: Repro/Collage cke
Autor:

Clemens Keller aus Römerberg-Dudenhofen

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