Sportkegler Jochen Härtel im Portrait
"Nach der Pandemie an meine letzten Erfolge und Leistungen anknüpfen"

Jochen Härtel, KSV Kuhardt | Foto: KSV Kuhardt

Kuhardt. Auch die Kegler in Kuhardt leiden unter der Corona-Krise. Um während des Lockdown nicht ganz untätig zu sein, haben sie eine Portraitreihe ins Leben gerufen und stellen die KSV-Kegler einmal ganz persönlich vor. Diese Woche ist Jochen Härtel an der Reihe.

???: Wie bist du zum Kegelsport gekommen?
Jochen Härtel: „Diese Frage muss ich zweimal beantworten, da ich mit 14 Jahren eine zehn-jährige Pause eingelegt habe. Begonnen hat alles als ich etwa acht oder neun Jahre alt war. Meine Großeltern trafen sich, als ich Kind war, jeden Dienstagabend zum Hobbykegeln im Pfarrzentrum in Schifferstadt. Da wollte ich immer mit, weil mir das so Spaß gemacht hat, also entschied sich meine Mutter dafür, mich zum Jugendtraining beim KV Schifferstadt zu bringen. Andreas Wendel und Rainer Perner haben mir damals das Kegeln beigebracht. Zu der Zeit konnte ich auch viele Schulfreunde dafür begeistern.
Im Alter von 14 Jahren verlor ich leider den Bezug zum Sport, auch weil viele andere in meinem Alter damals aufgehört haben.
Als ich dann mit 24 Jahren noch einmal ein Studium begann, merkte ich, dass mir der gewisse Ausgleich fehlt. So kam ich dann erneut zum Sport zurück, wo ich für den KV Schifferstadt im DCU-Gründungsjahr 2012 zur Kugel griff. Leider habe ich nur wenig Erinnerungen an meine Jugendzeit im Kegeln. Außerdem bereue ich sehr, dass ich die Zeit verpasst habe, in der man als Kegler die größte Entwicklung durchlebt.“

???: Was hat dich bewegt zum KSV zu gehen?

Jochen Härtel: „Tatsächlich war es damals Mark Nickel, der mich als erster überhaupt gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, woanders zu spielen als in Schifferstadt. Das war 2013/14 als wir Zuhause gegen Kuhardt gespielt haben und ich kaum jemand in Kegeldeutschland kannte. Der eigentliche Wechsel kam dann aber erst zur Saison 2016/17, als in Schifferstadt langsam die Lichter ausgingen. Dennoch bedeutet mir der Erhalt der 8-Bahn-Anlage dort sehr viel, es sind die letzten von ursprünglich über 20 spielbaren Kegelbahnen in ganz Schifferstadt.“

???: Was ist für dich das wichtigste in deinem Leben?
Jochen Härtel: „Ganz klar, dass es meinem Sohn Julian immer gut geht. Außerdem ist mir Familie sehr wichtig und vor allem die Freunde, die ich beim KSV und generell im Kegelsport kennengelernt habe. Grüße gehen hierbei raus an Sascha Wetzel, Tim Ebersold, Lukas Lamnek, Jonas Hudel, Michelle Hecht und Lisa Stumpf.“

???: Siehst du die Zukunft eher bei 120 oder bei 200 Wurf?
Jochen Härtel: „Ich persönlich liebe das 200-Wurf-Spiel. Aber ich kenne es auch nicht anders. Seit ich kegle, habe ich vielleicht fünfmal die 120 gespielt und einfach nicht genug Routine, um einen klaren Vergleich schaffen zu können. Ein richtiges Gefühl für Ergebnisse und Zahlen, die für mich verwertbar sind, habe ich beim 120-Wurf-Spiel aufgrund fehlender Praxis noch nicht gefunden. Ich bin aber auch realistisch und sage, solange dieser Sport noch ausgeübt werden kann, freunde ich mich mit dem System an, dass uns zur Verfügung gestellt wird.
Auf internationaler Ebene fehlt dem 200-Wurf-System ganz klar die Wettbewerbsfähigkeit. Anstrengend finde ich jedoch beides, wobei ich denke, dass die Konzentration und das Mann-gegen-Mann-Duell im 120er System noch mehr gefordert wird.
Ich würde mich freuen, wenn es einen gemeinsamen Verband gäbe, der Vereinen anbietet, eine 200-Wurf Liga quasi „außer Konkurrenz“ laufen zu lassen. Somit wären alle zufrieden und vielleicht gibt es noch die ein oder andere Kegelnation, die dabei mitzieht, um auch 200-Wurf international interessant zu machen. Man sieht in Deutschland wieviel Vereine freiwillig beide Systeme spielen. Aber das wird wohl ein Wunschdenken bleiben.“

???: Was sind deine Lieblingsbahnen und warum?
Jochen Härtel: „Hauptsache Kunststoff und keine Platten! Spaß beiseite, ich spiele wirklich am liebsten in Kuhardt. Mit meinem Heimschnitt von 970 Kegel in den letzten zwei Jahren habe ich Zuhause ein sehr sicheres Gefühl bekommen, womit ich mir auch für jedes Auswärtsspiel das nötige Selbstvertrauen abhole. Ich habe außerdem vor dem Umbau sehr gern in Gerolsheim gespielt, der Holzfall ist erste Sahne dort. Aber auch Bahnen wie Bornheim, deren Lauf und auch Holzfall sehr schwer sind, nutze ich gern, um mich weiterzuentwickeln. Der absolute Wahnsinn für mich als Kegler ist es allerdings, freitags abends für die 1. Mannschaft gegen den VKC Eppelheim auflaufen zu dürfen. Nicht nur wegen den Bahnen, aber die Atmosphäre und vor allem das Gefühl, einen Hauch von Professionalität in den Breitensport Kegeln zu kriegen ist einfach klasse!
Außerdem finde ich es berauschend, dass wir so viel Support aus der Pfalz bekommen, wenn unsere Mannschaft dort spielt. Teilweise habe ich schon Pirmasenser oder Zweibrücker Kegler gesehen, die den weiten Weg auf sich nehmen, obwohl sie am Tag drauf selbst fit sein müssen. Das schätze ich sehr und es zeigt, dass wir alle eine große Kegelfamilie sind.“

???: Was sind deine Bestleistungen im Kegeln?
Jochen Härtel: „Also die 1000er Marke konnte ich erst dreimal knacken, aber ich habe ein gutes Gefühl für die Zukunft. Meine Bestleistung auf 200 Wurf sind 1020 Kegel in Gerolsheim, wo mich unser „Montisaurus“ Mark Mayer unterstützt hat und 1019 Kegel Zuhause, wobei ich mit Patrick Jochem zusammen ein grandioses Mittelpaar von insgesamt 2100 Kegel gebildet habe. Das war gegen Haibach, in dem Spiel hat mich Christopher Pfadt zur Bestleistung gepusht.
Auf 120 Wurf habe ich im Vorbereitungsspiel letztes Jahr Jürgen Cartharius mal 637 Kegel um die Ohren gewaschen, dafür dass er mir freitags abends in Eppelheim schon zweimal mit über 100 Kegel auf den Hut gegeben hat. Ich denke, wenn es um zwei Punkte in der Tabelle gegangen wäre, hätte er mir allerdings keine Chance gelassen. Gleichzeitig war das mit 177 Kegel sogar der Bahnrekord auf 30 Wurf auf Bahn 3 in Kuhardt. Aber ob ich das nochmal wiederholen kann, weiß ich nicht. Da war ich so im Tunnel drin, das war fast schon beängstigend.
Noch vor zwei Jahren war ich über jeden 900er froh, heute ärgere ich mich über 950 Zuhause, das zeigt mir, dass einfach noch Luft nach oben ist und man mit Ehrgeiz und Wille und Rückendeckung der Mannschaft einiges erreichen kann. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an meine Rheinberger Jungs aus welcher Mannschaft auch immer.“

???: Hast du ein Vorbild in deinem Leben?
Jochen Härtel: „Fernab vom Kegelsport hat mich als FCK-Fan schon immer die Loyalität und Mentalität von Fritz Walter beeindruckt. Ebenso liebe ich authentische Typen, wie den Trainer des SC Freiburg, Christian Streich. Das sind Personalitäten, die jeder Fan, jeder Sportler sehen will.
Bezüglich des Kegelsports schließe ich mich vielen meiner Vereinsmitglieder an, da ist Markus Wingerter sowohl leistungstechnisch als auch menschlich ein absoluter Klassement-Sportler. Ich werde niemals den Freitagabend in Eppelheim vergessen, als Markus mit 1138 Kegel fast den Bahnrekord eingestellt hätte. In der Kabine habe ich mich mit ihm nach dem Spiel unterhalten und er sagte mir, dass er selbst nicht fassen kann, was er da grad gespielt hat. Wie versteinert hat er da ein riesiges Loch in die Wand gestarrt, vor lauter Überwältigung. Das zeigt mir, dass er eben auch nur ein Mensch ist, obwohl er kegelt wie eine Maschine. Da ich seit zwei bis drei Jahren auf dem aktuellen Niveau spiele, habe ich aber auch schon weitere Kegler kennengelernt, denen ich wirklich gerne beim Sport zuschaue. Darunter zählen Tobias Woll von GH/GW Sandhausen, Christoph Zöller von BF Damm Aschaffenburg und Christian Cunow von RW Sandhausen.
Aus familiärer und sehr persönlicher Sicht wird mein Opa ein Leben lang mein größtes Vorbild bleiben. Er hatte eine gewisse Vaterrolle in meinem Leben und mir sehr viel beigebracht.“

???: Was sind deine Ziele beim KSV?
Jochen Härtel: „Ich hoffe, dass ich nach der Pandemie an meine letzten Erfolge und Leistungen anknüpfen kann, da ich ja seit der Saison 2018/19 so etwas wie ein Leistungshoch erfahre. Es fühlt sich super an, mit Leuten auf der Bahn stehen zu dürfen, zu denen man vor ein paar Jahren noch hinaufgeschaut hat und sich gewünscht hat, da mitmischen zu können. Ich habe nach meiner gerissenen Achillessehne meinen Anlauf auf fünf Schritte umgestellt, um das Tempo aus meinem hektischen Anlauf zu nehmen, seitdem treffe ich komischerweise echt gut.
Langfristig in der 1. Mannschaft spielen zu dürfen und sich selbst noch von Jahr zu Jahr ein wenig steigern wäre ein persönliches Ziel für mich. Das ist jetzt sehr weit hergeholt, aber vielleicht schaffe ich es ja mal tatsächlich auf eine deutsche Meisterschaft. Dafür fehlt mir allerdings die Konstanz, vor allem Auswärts. Auch, wenn ich dann dort Letzter werden sollte, ich könnte jederzeit behaupten, mal um die deutsche Meisterschaft gespielt zu haben.
Ich bin mir aber für nichts zu schade und würde auch jederzeit in der 2. Mannschaft aushelfen, wenn ich gebraucht werde. Man soll schließlich nie vergessen wo man ursprünglich herkommt.“

???: Was machst du als erstes, wenn die Pandemie vorbei ist?
Jochen Härtel: „Ich mach mir erstmal ein paar gemütliche Tage Zuhause. Natürlich nicht! Ich werde auf jeden Fall Kegeln gehen, mit den Jungs nach dem Training anstoßen und dummes Zeug schwätzen, wie früher eben. Außerdem werde ich meiner Stammkneipe, der „Kwetsch“ in Schifferstadt, mal ein Besuch abstatten, ich denke Tom vermisst mich schon. Eine Grillparty wäre auch was Großartiges. Bis nachts mit Freunden zusammensitzen, Karten- oder Würfelspiele spielen und dabei ein, zwei Bierchen trinken.“

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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