Wie kommt denn das? Und was bringt es?
#Bernie auf der Kalmit im Pfälzerwald
Schief sitzende Maske, dicke Strickfäustlinge, praktische Funktionsjacke. Mit abwesendem Blick und verschränkten Armen sitzt Bernie Sanders, amerikanischer Senator, auf einem schnöden Klappstuhl beim Kalmithaus. Und längst nicht nur dort. Wie kommt’s?
Eingefangen wurde das Bernie-Sanders-Motiv bei Joe Bidens Amtseinführung am 20. Januar, beim Kapitol der Vereinigten Staaten in Washington, D.C. Noch während der Inauguration, live im Fernsehen übertragen, griffen Reporter aus aller Welt Sanders‘ lässigen Kleidungsstil auf. Parallel dazu explodierten die Kommentare in den sozialen Medien. Vor allem Twitter-Nutzer waren es, die damit begannen, Bernie und seinem "grumpy chic" eine Ehre zu erweisen, indem sie ihn in diverse Szenerien (Fotos, Plakate, Gemälde, Skizzen, Filmschnipsel) einbauten. Die mehr oder minder gelungenen und originellen Ergebnisse wurden zigfach in sozialen Netzwerken kommuniziert und hinterlassen.
Und dann kam Nick Sawhney und entwickelte ein Tool namens "Put Bernie Anywhere". Mit Hilfe von bernie-sits.herokuapp.com war es fortan üblich, Bernie per Mausklick via Google Maps an verschiedenste Plätze in der ganzen Welt setzen, auf Street-View-Bilder, zur Nürnberger Burg etwa, oder an den Rand eines kanarischen Vulkankraters. Unfassbare 9.849.938 mal wurde das gemacht, ein Meme geboren. Bevor Nick, von dem Hype ziemlich überrascht, seinen Generator aufgrund der hohen API*-Kosten stilllegen musste. Nach wie vor möglich ist es jedoch, die berühmte png-Datei** herunterzuladen und Bernie per Bildbearbeitungssoftware selbst in ein eigenes Foto nach Wahl einzubauen.
Nick ist ein 22-jähriger Softwareentwickler aus Manhattan, und hier kann man ihm zum Dank einen Kaffee spendieren (was tatsächlich schon mehrere Tausend Menschen getan haben). Auch Bernie Sanders selbst nutzte das Motiv und konnte durch den Verkauf entsprechend bedruckter Shirts innerhalb weniger Tage rund 1,5 Mio EUR für wohltätige Zwecke sammeln. Nicht zuletzt stieg, ebenfalls völlig unbeabsichtigt, die Popularität einer Lehrerin aus Vermont. Jen Ellis nämlich war es, die als Teilzeitnäherin die Handschuhe fertigte - mit Wolle aus alten Pullovern und Fleece aus recycelten Plastikflaschen (#berniesmittens). Restlos ausverkauft sind sie, und prompt gibt es im Internet Werbung für 70-Euro-Fäustlinge nach dem berühmt gewordenen Strickmuster - allerdings nicht von der humorvollen Jen Ellis selbst.
Eine witzige Geschichte mit hoher Eigendynamik, alles in allem. Und auf der Pfälzer Kalmit kommen wir ja auch mit günstigeren Handschuh-Modellen gut zurecht.
*Programmierschnittstelle für Google Maps.
**portable network graphics.
Autor:Barbara Späth aus Edenkoben | |
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