Eiskalte Winter 1947 und 1948: Neustadter Dirigent Hartmut Hetterich erinnert sich

Der bekannte Neustadter Dirigent Hartmut Hetterich feierte im März diesen Jahres seinen 80. Geburtstag. Foto: Markus Pacher
  • Der bekannte Neustadter Dirigent Hartmut Hetterich feierte im März diesen Jahres seinen 80. Geburtstag. Foto: Markus Pacher
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Von Hartmut Hetterich

Neustadt. Alle, die mindestens so alt sind wie ich, erinnern sich sicher noch an die Winterjahre 1947 und 1948. Obwohl damals die Winter allesamt wesentlich länger und eisiger waren, die mit Kitt eingefassten Einscheibenfenster erst durch das Eis richtig dicht wurden, der einzige geheizte Raum die Küche und auch dort der Ofen manchmal nur noch lau warm war, weil man Brennstoff sparen musste, im sogenannten „Schiff“ auf dem Herd nahe des Ofenrohrs gerade mal maximal 20 Liter lauwarmen Wassers, nicht pro Familienmitglied, nein, für die ganze Familie, die Schlafzimmer reinste Eiskammern.

Wer Glück hatte, konnte eine metallene Bettflasche, gefüllt mit mehr oder weniger warmem Wasser, in sein Bett unter die Decken und Deckbetten legen, die so schwer waren, dass man oft Angst hatte, erdrückt zu werden oder zu ersticken. Wer keine Bettflasche hatte, legte rechtzeitig einen Backstein in den Backofen und wickelte den dann in Zeitungspapier ein, um zu verhindern, dass er all zu schnell abkühlte. Dann nämlich, wenn die Füße begannen vor lauter Kälte zu schmerzen, dann war plötzlich die ganze Familie unterwegs. Wohin???


Schlange vor der Toilette

Zur meist einzigen noch funktionierenden Toilette im Haus. Dort stand man Schlange, bis man endlich an die Reihe kam, und von wegen Wasserspülung. Der gusseiserne Kasten, oben unter der Decke, aus dem sonst das Wasser herunter rauschte, wenn man an der langen Schnur mit dem Holz- oder Porzellangriff zog, war schon längst eingefroren. Da tat sich nichts mehr. An seine Stelle traten Zinkblech-Gießkannen oder andere Gefäße, welche regelmäßig in der Küche aufzufüllen waren, und man dachte an die sonst so verschmähten Plumpsklosetts bei den Verwandten auf dem Dorf. Die rochen jetzt auch nicht schlimmer, froren jedoch nicht ein.
Und dann ging es wieder schnurstracks ins Bett, das noch etwas Körperwärme gespeichert hatte, meistens jedenfalls.

Einmannschlafanzüge

Wir Kinder waren froh, wenn wir sogenannte „Einmannschlafanzüge“ hatten. Sie umhüllten ebenso Kopf und Füße, und wenn man auch sonst den Kleidungsstücken, die aus selbst gesponnener Schafwolle gestrickt worden waren, weit aus dem Wege ging, weil diese so fürchterliche kratzten, jetzt war man nicht mehr wählerisch.

Filgrane Kunstwerke an den Fenstern

Wenn man morgens aufwachte und die Sonne anfing, durch die Fenster zu blinzeln, dann schimmerten dort die Eisblumen, entstanden aus der gefrorenen Atemluft. Das waren filigrane Kunstwerke, welche die Fantasie in uns Kindern in Schwung brachte. Schnell waren wir in der Küche, und vor lauter freudiger Aufregung vergaßen wir kurz die erbarmungslose Kälte, das „Konzert“ des wie üblich knurrenden Magens und die triefende Nase und erzählten, was wir alles an den Fenstern entdeckt hatten.

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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