Fliegende Baumstämme über dem Wald in der Nähe von Karlsruhe
Helikopter bei Baumfällarbeiten eingesetzt
Fliegende Baumstämme über dem Enztal: Die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und das Forstamt des Enzkreises haben gestern und heute bei Neuenbürg einen Spezialhubschrauber für den Abtransport von gefällten Bäumen eingesetzt. Die Holzeinschlag in dem Waldstück oberhalb des denkmalgeschützen Bahnhofes war erforderlich, um die Verkehrssicherheit entlang der Bahnstrecke, der Bahnhofstraße und der Kreisstraße K 4541 zwischen Neuenbürg und Birkenfeld weiterhin zu gewährleisten. Gleichzeitig diente der Holzeinschlag der Waldverjüngung und sorgt für einen stabilen und artenreichen Baumbestand.
Da die Enztalbahn zwischen Pforzheim und Bad Wildbad aktuell wegen Instandsetzungsarbeiten noch bis Anfang September gesperrt ist, nutzten die AVG und das Forstamt dieses Zeitfenster für eine aufwändige Verkehrssicherungsmaßnahme auf Waldflächen, die sich im Besitz des kommunalen Verkehrsunternehmens sowie der Gemeinde Birkenfeld befinden. „Traditionell findet der Holzeinschlag in der Forstwirtschaft eher in den Wintermonaten statt. Aber dann hätten wir die Stadtbahnstrecke und die beiden Straßen nochmals sperren müssen. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Forstamt entschieden, diese Arbeiten schon jetzt durchzuführen“, erklärt Frank Weißmann von der AVG-Bahnmeisterei Forbach, der die Gesamtverantwortung für die Instandsetzungsarbeiten entlang der Enztalbahn trägt.
Besondere Herausforderung
Eine besondere Herausforderung bei den Baumfällarbeiten oberhalb des Neuenbürger Bahnhofes war die extreme Steilheit des Geländes. „In diesem schwer zugänglichen Waldstück, das nicht nur sehr steil sondern auch unzureichend mit Fahrwegen erschlossen ist, können wir nur begrenzt konventionelles Rückegerät und sogenannte Seilbagger einsetzen. Eine andernorts in Steillagen häufig verwendete Seilkrananlage kann hier nicht zum Einsatz kommen, weil es im Unterhang keine Möglichkeit gibt, ein Seil abzuspannen“, sagt Andreas Roth, der stellvertretende Forstamtsleiter des Enzkreises. Das Bergen der Baumstämme aus der Luft sei die einzige Möglichkeit, das Holz aus der Fläche zu entnehmen und damit zu verhindern, dass die zahlreichen beschädigten und kranken Bäume früher oder später auf die Bahnstrecke, die Bahnhofstraße oder die naheliegenden Gebäude stürzen. „Deshalb hatten wir ein Unternehmen beauftragt, das auf die Holzernte in solch extremen Steillagen spezialisiert ist. Die Firma Hochleitner ist seit Jahrzehnten Marktführer in diesem Segment.“
Im Alpenraum hat sich der Einsatz eines Helikopters in Hang- und Berglagen bereits über viele Jahre bewährt. Der Transporthubschrauber, der von der schweizerischen Rotex Helicopter AG für das so genannte Heli-Logging bei Neuenbürg eingesetzt wurde, stellt oft die einzige Lösung dar, wenn konventionelle Seilkrananlagen nicht zum Zuge kommen können. „Der Einsatz des Helikopters kann punktgenau erfolgen. Außerdem können wir so bis zu 500 Kubikmeter Holz pro Tag aus dem Wald abtransportieren. Dadurch können Straßensperrungen und damit die Beeinträchtigungen für die Anwohner auf das Nötigste begrenzt werden“, verdeutlicht Weißmann.
Der Helikopter vom Typ Kaman K-Max K-1200 wurde ausschließlich für Lastentransporte konzipiert. Der Einplätzer hat ein Eigengewicht von 2300 Kilogramm und ist mit einer Nutzlast von 2722 Kilogramm einer der wenigen Helikoptertypen, dessen Zuladung grösser ist als sein Eigengewicht. Dank neuester Technologie ist er verhältnismäßig leise und erzeugt wenig Abwind.
Vorbereitung
Zur Vorbereitung für das Heli-Logging in Neuenbürg wurden die Bäume zunächst mit einem Stahlseil an einem auf der Kreisstraße stehenden Seilbagger befestigt. Dieser zog die Bäume dann quer zum Hang in eine vorher exakt festgelegte Fallrichtung. „So wird sichergestellt, dass der Baum bei der Fällung nicht unkontrolliert den Hang hinunter rutscht. Die am Hangfuß quer gelegten Bäume bieten somit eine Barriere und Schutz gegen das Abrutschen weiter oben bearbeiteter Bäume“, beschreibt Max Rapp die Vorzüge dieses Verfahrens. Bei dem jungen Leiter des Forstreviers Birkenfeld liefen die Fäden dieser Maßnahme zusammen. Nachdem die liegenden Bäume so eingeteilt waren, dass die maximale Hebelast des Helikopters nicht überschritten wurde, hängten die Forstwirte diese an den Helikopter an, damit er sie zu einer Sammel-Abladestelle fliegen konnte. „Da bei den untersten Bäumen, die direkt am Bahngleis oder an der Straße und damit in den steilsten Partien des Enzhangs standen, die Gefährdung am größten war, mussten dort auch die meisten Bäume entfernt werden“, ergänzt Rapp.
Gegen zwölf Uhr hatte der Rotex-Helikopter heute Mittag dann seine finale Runde über dem Steilhang absolviert und die letzten Stämme aus dem Waldstück abtransportiert, das vom Forstamt Birkenfeld betreut wird. „Baumpflege ist nicht immer so spektakulär wie hier, doch zeigt dieser Fall, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Forstamt und Forstrevier funktionieren kann“, sagt Ascan Egerer, technischer Geschäftsführer der AVG.
Das Thema Vegetationsrückschnitt bzw. Baumpflege ist nicht nur für die AVG, sondern für die Bahnbranche bundesweit von Bedeutung, nachdem es in jüngster Vergangenheit mehrfach zu erheblichen Beeinträchtigungen im Bahnverkehr nach Sturmschäden gekommen ist. Die AVG beteiligt sich in einer Arbeitsgruppe der „Allianz pro Schiene“, in der sowohl Bahnunternehmen als auch Umwelt-und Naturschutzverbände gemeinsam nach geeigneten Handlungsleitfäden suchen, um sowohl dem Bahnbetrieb als auch den Anforderungen des Naturschutzes zu genügen. Für ihr unternehmenseigenes Vegetationsmanagement beschäftigt die AVG selbst eigene Forstwirte mit der Zusatzausbildung zum Baumkletterer. Diese kommen bei der Baumpflege entlang von Bahntrassen überall dort zum Einsatz, wo etwa Leitern oder Arbeitsbühnen nicht verwendet werden können.
Autor:Jo Wagner |
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