Als der Krieg nach Ubstadt kam
Im Sommer 1849 kämpften mitten in Ubstadt badische Revolutionstruppen verzweifelt eine ihrer letzten großen Schlachten
Wo man auch hinsieht - überall weht gerade die deutsche Fahne, in ihren prägnanten Farben Schwarz, Rot und Gold. Ein Stück Nationalstolz, das wir uns meist nur während der Fußballeuropameisterschaft oder eben der Weltmeisterschaft erlauben. Jedes Mal entbrennt dann wieder die Diskussion, ob diese Form des zur Schau gestellten Patriotismus statthaft ist, oder eben nicht. Dabei stehen die Farben Schwarz, Rot und Gold nicht für stumpfen Nationalismus, sondern sind ein Symbol des unbändigen Willens nach Freiheit.
Mit diesem Gedanken eröffnete der Bruchsaler Historiker Dr. Jürgen Dick am Montagabend seinen Vortrag, der sich thematisch um die badische Revolution von 1848/49 drehte, dabei insbesondere die Ereignisse um die Schlacht in Waghäusel und ihrem Nachklang im Herzen von Ubstadt, nur einen Steinwurf vom Ort der Veranstaltung im Rathaus entfernt, ereignete. Der Vortrag umrahmte dabei auch den Beginn einer neuen Ausstellung, die sich mit eben jenen Ereignissen in Ubstadt vor recht genau 175 Jahren befasst. Sorgfältig zusammengetragen und ausgearbeitet durch den Heimatverein Ubstadt-Weiher, können ab sofort im Ratssaal die geschichtsträchtigen Tage des Sommers 1849 neu erlebt und erfahren werden - mit zahlreichen Dokumenten, Schriftstücken und Exponaten.
Es dürfte viele Menschen geben, die sich dem außergewöhnlichen historischen Umbruch, der sich unter uns - hier direkt in unserer Heimat - ereignete, nicht bewusst sind. Dabei waren es die damaligen Ereignisse, die letztlich den Weg bereiteten zu unserer heutigen demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft. Symbol für diese sind auch die eingangs bezeichneten Farben Schwarz-Rot-Gold.
Ihren Ursprung fanden sie in einer Zeit, in der Europa die französische Herrschaft nach den umfangreichen napoleonischen Eroberungszügen abzuschütteln begann. Das tiefe Bedürfnis nach Wiederherstellung nationaler Souveränität und der Wunsch nach Freiheit und Veränderung führten ab etwa 1813 zu den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Die regulären preußischen Einheiten wurden dabei auch von sogenannten Freikorps unterstützt, freiwilligen militärischen Einheiten, die nur vom Wunsch nach Freiheit angetrieben in die Schlacht zogen. Darunter war auch das Lützowsche Freikorps, dessen Soldaten schwarze Uniformen mit roten Kragen Aufschlägen und vergoldeten Knöpfen trugen, eben jene Farben die in der Folge zu einem Symbol für den Freiheitskampf und für den Widerstand gegen die Unterdrücker wurde.
Der Befreiungsschlag gelang, Napoleon wurde besiegt, Europa im Zuge des Wiener Kongress neu geordnet. Doch mit der Freiheit war es in diesem neuen Europa nicht weit her, es gelang dem Adel, erneut seine Macht zu etablieren, oft auf dem Rücken des kleinen Mannes. So nahmen in den darauffolgenden Jahrzehnten die sozialen Spannungen und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung weiter, erreichten in der Zeit des Vormärz ihre tragischen Höhepunkte in Form von Hungersnöten sowie immer aggressiveren Repressionen und entluden sich schließlich 1848 und 1849 in der deutschen Revolution.
Ein Teil dieser revolutionären Entwicklung spielte sich im Großherzogtum Baden, also direkt vor unserer eigenen Haustür ab. Die Ouvertüre bildete dabei im April 1848 der sogenannte Heckeraufstand: Friedrich Hecker und Gustav Struve führten diesen an, scheiterten jedoch gegen die Regierungstruppen. Auch ein zweiter Putsch scheiterte, erst im Mai 1848 riefen die Revolutionäre in Offenburg die Republik aus, zwangen zudem den badischen Großherzog Leopold zur Flucht.
Die zur selben Zeit in der Frankfurter Paulskirche erarbeiteten Entwürfe einer deutschen Verfassung gingen den Anführern der badischen Revolution, Friedrich Hecker und Gustav Struve nicht weit genug. Ihre Vision war ein republikanisches Modell - ähnlich dem der Vereinigten Staaten - im ganzen deutschen Reich. Der preußischen Führung ging der badische Freiheitsdrang zu weit und so trafen in der Folge die badischen Freiheitstruppen auf preußische Soldaten. Nach anfänglichen Erfolgen in der Verteidigung der Badener kippte das militärische Gleichgewicht jedoch zu Gunsten Preußens.
Eines der bedeutendsten Gefechte in unserer Region, ereigneten sich vor fast auf den Tag genau 175 Jahren in Waghäusel und später auch in Ubstadt. Die Freiheitskämpfer aus Baden trafen bei der Zuckerfabrik in Waghäusel auf die preußischen Truppen. Anfangs gelang es den Badenern, die Preußen in Richtung Rhein zurückzudrängen, doch sie versäumten es, entschlossen nachzusetzen. Dieser taktische Fehler führte dazu, dass sich das Blatt wendete und die Revolutionäre unter chaotischen Umständen fliehen mussten. Diese Schlacht markierte den Beginn des Endes für den badischen Freiheitskampf.
Die Revolutionskämpfer formierten sich in Ubstadt neu und bereiteten sich auf die unvermeidliche Konfrontation mit den nachrückenden Preußen vor. Am 23. Juni 1849 kam es vor der Ubstadter Barockkirche zu erbitterten Kämpfen. Die preußische Artillerie hatte sich zwischen Stettfeld und Ubstadt positioniert, während die badischen Kämpfer hinter Barrikaden in Ubstadt Schutz suchten. Ein heftiges Infanteriegefecht entbrannte zwischen den beiden Ortsteilen, wobei auf beiden Seiten auch Geschütze zum Einsatz kamen. Die Revolutionäre waren jedoch von Anfang an im Nachteil, da ihnen nicht genug Geschütze zur Verfügung standen.
Trotz einiger erbeuteter Waffen in Rastatt konnten die badischen Kämpfer den gut ausgerüsteten preußischen Invasionstruppen nicht lange standhalten. Schließlich stürmten die Preußen Ubstadt, und es kam zu erbitterten Straßen- und Häuserkämpfen. Letztlich vergebens, Ubstadt fiel, das Dorf wurde erobert. Trotz der Niederlage gelang es den Badenern, den Vormarsch der preußischen Truppen so lange aufzuhalten, dass sich die Überreste des Revolutionsheeres nach Karlsruhe und weiter nach Rastatt zurückziehen konnten. Heute erinnern Gedenksteine an das blutige Scharmützel in Ubstadt.
Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 5. Juli zu den Öffnungszeiten im Sitzungssaal im Rathaus zu sehen.
Autor:Alina Siegler aus Bruchsal |
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